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Ralph Elli­son › Die Bio­gra­phie (4)

Trotz des unge­heu­ren kri­ti­schen Erfolgs (ein Rekord selbst für Ran­dom House) und zahl­rei­cher Glück­wün­sche ande­rer Schrift­stel­ler hat­te das Buch eher beschei­de­nen Erfolg in der Buch­handlung. Die fest­li­che Klei­dung der Elli­sons für die zahl­rei­chen Anläs­se jeden­falls ver­schlang mehr, als an Tan­tie­men her­ein­kam, und das inklu­si­ve eines ers­ten Taschen­buch­de­als. Es war der unge­mein groß­zü­gi­ge Scheck einer ihnen kaum bekann­ten Bewun­de­rin, der ihnen gewis­se An­nehmlichkeiten ermög­lich­te. Aber nach­dem der Wir­bel abge­ebbt war, konn­te Elli­son sich im­merhin zu den Gro­ßen von New Yorks Lite­ra­tur­sze­ne zählen.
Im Janu­ar 1953 dann schlug die Bom­be ein: Invi­si­ble Man bekam den Natio­nal Book Award, der damals in Ame­ri­ka was Pres­ti­ge anging, gleich nach dem Nobel­preis ran­gier­te. Und er be­kam ihn in Kon­kur­renz zu Stein­becks Jen­seits von Eden und Heming­ways Der alte Mann und das Meer. »Ich dach­te, das kann doch nicht stim­men«, mein­te Elli­son spä­ter, »Heming­way, Stein­beck — das waren rich­ti­ge Schrift­stel­ler. Ich war nur ein Par­ve­nü.« Nicht die Ver­öf­fent­li­chung von Invi­si­ble Man ver­än­der­te Elli­sons Leben für immer, son­dern dass er den Natio­nal Book Award gewann. Erst in die­sem »Annus mira­bi­lis« began­nen sich Türen zu öff­nen, »schwe­re Türen«, wie Ram­pers­ad so wun­der­bar schreibt. Elli­son wur­de dem wei­ßen Ame­ri­ka zur Auto­ri­tät, zur Stim­me der Schwar­zen mit einem Gewicht, das ande­re Autoren, die sich weit bes­ser ver­kauf­ten, nie gehabt hatten.
Als Autor von Rang, als Schwar­zer, der dem Mit­ein­an­der von Schwarz und Weiß das Wort rede­te und der rund um sich Hin­wei­se auf eine Bes­se­rung der Situa­ti­on ame­ri­ka­ni­scher Schwar­zer zu sehen mein­te, schien Elli­son dem wei­ßen Ame­ri­ka offen­sicht­lich der idea­le Kan­di­dat für eine »Rol­le von beträcht­li­cher poli­tisch-kul­tu­rel­ler Bedeu­tung«, wie sie der Lite­ra­tur­theo­re­ti­ker und Phi­lo­soph Ken­neth Bur­ke sofort nach der Preis­ver­lei­hung pro­phe­zeit hat­te. Ver­ges­sen wir nicht sei­nes Sta­tus als refor­mier­ter Radi­ka­ler und über­zeug­ter Anti­kom­mu­nist. Das schwar­ze Ame­ri­ka frei­lich woll­te davon nichts hören. Was, wie man nach der Lek­tü­re der Bio­gra­phie sagen möch­te, auf Gegen­sei­tig­keit beruh­te. Pri­vat ver­kehr­ten die Elli­sons zuneh­mend nur noch mit Wei­ßen, vor allem sol­chen, die dem Paar beim wei­te­ren Auf­stieg dien­lich sein konn­ten. Öffent­lich sprach Elli­son sich vehe­ment gegen die radi­ka­len schwar­zen Strö­mun­gen aus. Er wei­ger­te sich, schwar­zen Autoren zu hel­fen, die sei­ne Unter­stüt­zung aus Grün­den lite­ra­ri­scher Qua­li­tät nicht ver­dient hat­ten. Was bei sei­nen har­ten For­de­run­gen an sich selbst fast kate­go­ri­sches Nein hin­aus­lief. Kurz­um, er konn­te und woll­te die Erwar­tun­gen eines schwar­zen Ame­ri­ka an einen gro­ßen Autor nicht erfül­len. Ent­spre­chend war er für vie­le, wenn schon nicht ein Ver­rä­ter, so doch ein buckeln­der »Onkel Tom«. In den 1960er Jah­ren war er ein erklär­ter Geg­ner der Black Pan­thers und ein vehe­men­ter Befür­wor­ter von John­sons Krieg in Viet­nam; er war gegen Quo­ten­re­ge­lun­gen für Schwar­ze; sein Name stand für ultra­kon­ser­va­tiv. Tat­sa­che ist aber auch, dass er sei­ne Rol­le als Schrift­stel­ler, als Künst­ler, unge­mein ernst nahm und eine unge­mei­ne Inte­gri­tät dabei zeig­te, die »Ras­sen­fra­ge« nicht über ästhe­ti­sche Fra­gen zu stel­len. Sei­ner Über­zeu­gung nach war er zunächst Künst­ler, dann Ame­ri­ka­ner und erst in drit­ter Linie ein Neger — »schwarz« woll­te er nie sein, da er die Bezeich­nung mit einer Ideo­lo­gie asso­zi­ier­te, die ihm nicht lag.
Wie auch immer, auf den Natio­nal Book Award folg­ten die Pfrün­den. Kaum ein ande­rer Schrift­stel­ler sah sich mit einer sol­chen Fül­le von Ehrun­gen und Ämtern über­häuft, die ihm bei einem Mini­mum an Ver­pflich­tun­gen und Auf­wand ein fei­nes Leben ermög­lich­ten. So bekam er eine Pro­fes­sur an der New York Uni­ver­si­ty und lehr­te unter ande­rem in Yale. Har­vard ver­lieht ihm einen aka­de­mi­schen Grad ehren­hal­ber und bot ihm einen Lehr­stuhl. Er sah sich in eine gan­ze Rei­hen heh­rer Gre­mi­en wie der Ame­ri­can Aca­de­my of Arts and Let­ters gewählt. Die Cen­tu­ry Asso­cia­ti­on, einer der ältes­ten und renom­mier­tes­ten Künst­ler­clubs Ame­ri­ka nahm ihn als ein­zi­gen Schwar­zen in ihre Rei­hen auf. Orden bekam er sowohl von Lyn­don B. John­son als auch von Ronald Rea­gan, auf Anre­gung von André Mal­raux wur­de er in Frank­reich ein Che­va­lier de l’Ord­re des Arts et des Let­t­res und bekam den Prix de Rome. Und natür­lich brach­ten ihm Vor­trä­ge Spitzengagen.

(Fort­set­zung folgt)