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Über die Funk­ti­on des Slangs (5)

Fort­set­zung von hier. Über­set­zung © Bern­hard Schmid

Bran­der Matthews
Die Funk­ti­on des Slangs
aus Parts of Speech: Essays on Eng­lish (1901)

Teil V

Serie

Jeman­den als boss zu bezeich­nen und einen ande­ren als hench­man mag ein­mal Slang gewe­sen sein, aber bei­de Wör­ter sind heu­te legi­tim, weil sie not­wen­dig sind. Nur anhand die­ser Wör­ter lässt sich die genaue Bezie­hung einer bestimm­ten Art poli­ti­scher Füh­rer zu einer bestimm­ten Art von poli­ti­schem Mit­läufer prä­gnant zum Aus­druck brin­gen. Es ste­hen selbst­ver­ständ­lich, weil sie nicht benö­tigt wer­den, noch so eini­ge poli­ti­sche Wör­ter und Wen­dun­gen in Acht und Bann. Eini­ge von ihnen mögen eines Tages eine ganz bestimm­te Bedeu­tungs­nu­an­ce anneh­men, die von sonst kei­nem ande­ren Wort aus­ge­drückt wird. Und wenn dies ein­tritt, wer­den sie ihren Platz im legi­ti­men Voka­bu­lar ein­neh­men. Ich be­zweifle, dass die­ses Glück je eine Anwen­dung von influence haben wird, die heu­te in Washing­ton zu hören ist. Der Staats­mann, auf des­sen Vor­schlag bzw. Ersu­chen hin ein Amts­in­ha­ber ein­ge­setzt wur­de, wird als influence die­ses Amts­in­ha­bers bezeich­net. So erklär­te eine arme Wit­we, die sich plötz­lich, nur weil der hench­man eines boss, des­sen Gunst ein Sena­tor oder Res­sort­lei­ter nicht ver­lie­ren woll­te, es ver­lang­te, eines Amtes ent­ho­ben sah, das sie seit Jah­ren inne gehabt hat­te, einem Freund, ihre Ent­las­sung sei dar­auf zurück­zu­füh­ren, dass wäh­rend des Som­mers ihr influence gestor­ben war. Die unver­meid­li­che Aus­wei­tung des allein auf Fähig­keit beru­hen­den Sys­tems im öffent­li­chen Dienst unse­res Lan­des wird die dau­er­haf­te Über­nahme die­ser neu­en Bedeu­tung wahr­schein­lich verhindern.

Das Voka­bu­lar der Poli­tik ist nur eines von einer Viel­zahl von Fach­vo­ka­bu­la­ren, die ihre Wör­ter dem all­ge­mei­nen Kon­sum andie­nen. Jede Kunst, jede Wis­sen­schaft, jedes Hand­werk, jeder Beruf, jede Sek­te, jeder Sport ver­fügt über sein eige­nes spe­zi­el­les Lexi­kon, des­sen über­wie­gen­der Teil dem all­ge­mei­nen Sprach­schatz des gesam­ten Vol­kes immer unbe­kannt blei­ben wird. Sie sind Reser­ven, auf die in Not­zei­ten zurück­ge­grif­fen wird, um Lücken in der regu­lä­ren Armee zu schlie­ßen. Durch­aus legi­tim, solan­ge sie auf ihren eigent­li­chen Ein­satz­be­reich beschränkt blei­ben, wer­den die­se tech­ni­schen Wör­ter in dem Augen­blick zum Slang, wenn sie unpas­send ein­ge­setzt wer­den und außer­halb des ganz spe­zi­el­len Bereichs mensch­li­chen Unter­fan­gens, in dem sie sich ent­wi­ckelt haben. Wächst das öffent­li­che Inter­es­se an so einem Gebiet aus irgend­ei­nem Grun­de, so über­nimmt der brei­te­re  Wort­schatz popu­lä­rer Spra­che auch immer mehr Wör­ter die­ses Fachvoka­bulars; und auf die­se Wei­se berei­chert die all­ge­mei­ne Spra­che sich fort­wäh­rend durch die Über­nahme von Wör­tern und Wen­dun­gen aus einer von Exper­ten für ihren ganz spe­zi­el­len Gebrauch erson­ne­nen Termino­logie. Es wäre also durch­aus von Inter­es­se fest­zu­stel­len, wie viel genau von dem spe­zi­el­len Voka­bu­lar des blo­ßen Lite­ra­ten heu­te von den ein­fa­chen Leu­ten ver­stan­den wird. Einer der Figu­ren aus Midd­le­m­arch behau­pet, »kor­rek­tes Eng­lisch« sei ledig­lich »der Slang von Pedan­ten, die Geschichts­bü­cher und Essays schrei­ben, und der stärks­te Slang von allen ist der Slang der Dichter«.

In den letz­ten Jah­ren haben vie­le Wen­dun­gen der Bör­se ihren Weg in die All­ge­mein­bil­dung gefun­den; und es gibt kaum einen unter uns, der nicht wüss­te, was bears und bulls sind, was eine cor­ner ist und was ein mar­gin. Die perak­ti­sche Anwen­dung wis­sen­schaft­li­cher Er­kenntnisse macht die brei­te Öffent­lich­keit mit vie­len der Prin­zi­pi­en ver­traut, die bis­lang aus­schließ­lich Eigen­tum der Exper­ten waren, und die brei­te Öffent­lich­keit kann sich heu­te völ­lig frei tech­ni­scher Aus­drü­cke bedie­nen, die noch ges­tern selbst die Gebil­de­ten nicht ver­stan­den hät­ten. Cur­rent, zum Bei­spiel, und insu­la­ti­on sind bei­de durch die rasan­te Erweite­rung der Ein­satz­mög­lich­kei­ten von Elek­tri­zi­tät in den letz­ten Jah­ren so sehr Teil der All­tags­spra­che gewor­den, dass man sie heu­te auch unab­hän­gig und ohne aus­drücklichen Hin­weis auf ihre ursprüng­lich elek­tri­sche Bedeu­tung benutzt.

Die wei­te Ver­brei­tung eines Sports oder Spiels bringt die Spra­che die­ses Zeit­ver­treibs in all­ge­mei­nen Umlauf. Die eli­sa­be­tha­ni­schen Dra­ma­ti­ker zum Bei­spiel benut­zen vy und revy sowie ande­re tech­ni­sche Wör­ter des Primen­spiels1 so frei­zügig wie die Humo­ris­ten unse­res Wes­tens sich der Aus­drü­cke going it blind und cal­ling und ande­rer Fach­wör­ter des Poker­spiels be­dienen, das sich im Lauf der Jahr­hun­der­te aus dem Pri­men­spiel ent­wi­ckelt hat. Auch eini­ge Aus­drü­cke aus den Spie­len Euch­re und Whist sind in unse­re All­tags­spra­che über­ge­gan­gen; das­sel­be gilt für sol­che aus den Berei­chen Base­ball, Foot­ball Pfer­de­ren­nen, Trab­ren­nen Rudern sowie dem Yacht­sport. Die­se haben eines nach dem ande­ren mit dem Kom­men und Gehen der Sai­son, in der sie in Mode waren, ihren Weg in den Wort­schatz des Durch­schnitts­bür­gers gefun­den. So führ­ten denn wäh­rend des  Bürger­kriegs die Leu­te vie­le mili­tä­ri­sche Wen­dun­gen im Mun­de; und eini­ge von diseen haben sich fest in unse­rem Voka­bu­lar etabliert.

»In der Spra­che wie im Leben«, so führt Pro­fes­sor Dow­den aus, »gibt es sozu­sa­gen eine Aris­to­kra­tie und das gemei­ne Volk: Wör­ter mit wür­di­gem Erbe, Wör­ter, die man in den Adels­stand erho­ben hat, und einen Wort­pö­bel, der von Amt und Wür­den aus­ge­schlossen ist.« Es gibt eini­ge Autoren und Spre­cher mit so aus­ge­prägt fei­nem Sprach­gefühl, dass sie sich nur unter ade­li­gen Wör­tern wohl füh­len, unter Wör­tern, die mit dem Erobe­rer, mit den geis­ti­gen wie welt­lichen Her­ren des Voka­bu­lars her­über ge­kommen sind. Dann gibt es ande­re, selbst Par­ve­nüs und so ver­s­nobbt, dass sie nur in Gesell­schaft Über­le­ge­ner glück­lich sind; sie brin­gen tiefs­te Ver­ach­tung für die vul­gä­re Mas­se zum Aus­druck. Wie­der ande­re tei­len Lin­colns Vor­lie­be für die ein­fa­chen Wör­ter des ein­fa­chen Vol­kes – die Demo­kar­ten des Wör­ter­buchs, haus­ba­cken, schlicht und direkt. Die­se Letz­ten sind tole­rant gegen­über Wör­tern, die, einst von hohem Stan­de, ihre Wür­den ver­lo­ren haben und ins Unglück gera­ten sind; sie zie­hen die­se den ande­ren vor, die, einst Ple­bä­jer, Gene­ra­ti­on auf Gene­ra­ti­on ihrem Glück ener­gisch nach­ge­hol­fen haben, so dass heu­te kei­ne höher Gestell­ten zu fin­den sind.

  1. ein Kar­ten­glücks­spiel []

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