Each and every morning
When the sun is high
I hunt around the Canyon
Till I find a place to lie
John Mayall, »Laurel Canyon«
Michael Walkers Laurel Canyon im Oktober bei Rogner & Bernhard
»Save up all your bread and fly Trans Love Airways to San Francisco, U.S.A…«
Seit nun gut vierzig Jahren suggeriert man uns Ex-Langhaarigen, dass man in den Sixties im »Haight« hätte sein sollen. Und in diesem Jubiläumsjahr des Summer of Love haben womöglich auch jüngere Generationen von der ehemaligen Hippiehochburg erfahren. San Franciscos Haight-Ashbury verdanken wir neben den Dead auch die Jefferson Airplane, Janis Joplin, Quicksilver Messenger Service und viele mehr.
»So, let’s go to San Francisco, …«
Aber Moment mal, da gab’s ja noch andere, die nicht weniger wegweisend & bahnbrechend waren. Was etwa ist mit Bob Dylan? Richtig, Gevatter Bob hielt schnurstraks auf das Village zu, kaum dass er 1961 als spilleriges Kerlchen, Klampfe auf dem Buckel, Fotzhobel — das ist bei uns Bayern eine Mundharmonika — im Hosensack, in New York eingelaufen war. Auch das Greenwich Village ist als Treibhaus & Brutstätte von allerhand Mucke sattsam bekannt.
Also auf ins Village! – »What a day for a daydreamin’ boy!«
Aber der Babyboomer erinnert sich neben Folk und Psychedelischem noch an andere Klänge, die ihm bis heute nicht aus dem Kopf wollen. Was etwa ist mit den Mamas & Papas, den Byrds, Joni Mitchell, Buffalo Springfield, Crosby, Stills, Nash & Young? Wenige wissen, dass die alle aus ein und derselben Ecke kamen, praktisch aus ein und demselben Tal.
Der Laurel Canyon, idyllisch bis auf den heutigen Tag und doch mitten in Los Angeles gelegen, gleich neben Hollywood & hinter dem Sunset Strip. In dieser Billigmietenenklave entstand der Folkrock, aus dem wiederum der Countryrock hervorging und praktisch die moderne Musikindustrie.
Und das Personal dieser Entwicklung lebte in diesem Canyon voll Eukalyptusbäuen, Lorbeer und leise vor sich hin modernder Holzbungalows. Hier sang zum erstenmal Graham Nash mit Stills & Crosby, auf Geheiß einer genialen Überglucke namens Mama Cass. Hier lebte Graham Nash mit Joni Mitchell (Er wollte heiraten, sie wollte nicht.) und schrieb mit »Our House« seine Hymne auf das alternative Idyll. Hier schuf Frank Zappa an die 60 LPs. Hier wohnten John Mayall, Carole King, Jackson Browne, Don Henley und Glenn Frey, John und Michelle Phillips von den Mamas & Papas, John Densmore, Robby Krieger, John Kay, Mickey Dolenz, Mark Volman, Chris Hillman und Roger McGuinn.
Schier unvorstellbar, dass diese Leute Tag für Tag beieinander ein und aus gingen, sich bei Mitchell einfanden, um einander ihre neuesten Songs vorzuspielen, bei Zappa auf etwas drogenfreien Wahnsinn und bei Mama Cass, um sich dem Wahnsinn für ein Weilchen zu entziehen.
All das schildert Michael Walker in seinem Buch Laurel Canyon. Und auch wie’s im Schneegestöber zunehmenden Kokainkonsums wieder verging. Nicht ohne Bleibendes zu hinterlassen. Mehr davon als jede andere Enklave musikalischer Boheme. Das Buch ist dabei kein enzyklopädischer Bolide, sondern atmosphärische Schilderung, die mithilfe von unverbrauchten Interviewpartnern in Sachen Rockgeschichte praktisch Neuland betritt.
Voraussichtlich im Oktober:
Michael Walker, Laurel Canyon: Im legendären Tal des Rock ’n’ Roll, Berlin: Rogner & Bernhard, 2007. 345 Seiten. Deutsch von Bernhard Schmid.
Apropos:
Die bislang beste Darstellung der Haight-Ashbury-Szene bietet nach wie vor Tom Wolfe in seinem The Electric Kool-Aid Acid Test von 1968, zu deutsch Unter Strom. Und auch die Lebensbeichte von Grateful Dead-Manager Rock Scully, Living with the Dead, von 1996 (dt. An American Odyssey) trägt einiges bei zum Verständnis von Zeit & Raum.
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