Fort­bil­dung (1)

Ein hal­bes Stünd­chen pro Tag wenigs­tens ver­su­che ich mich fort­zu­bil­den – ich mei­ne ganz bewusst über das hin­aus, was ich bei der Über­set­zer­ar­beit oder der Arbeit an mei­nen Wör­ter­bü­chern auf­schnap­pe. In der Regel neh­me ich mir dazu etwas von einem Kol­le­gen vor, etwas, von dem ich sowohl Ori­gi­nal als auch Über­set­zung besit­ze. Die­se Pär­chen samm­le ich seit den 70er-Jah­ren, und inzwi­schen habe ich davon Hun­der­te, gan­ze Kar­tons voll. Aber da sie dort wenig nüt­zen, kom­men die dar­aus gewon­ne­nen Erkennt­nis­se in die eine oder ande­re Daten­bank. Und das läp­pert sich zusam­men, glau­ben Sie mir. 

Mein Lehr­stück die­ser Tage ist eine Erzäh­lung, über die ich nicht viel mehr ver­ra­ten will, da ich ja nur etwas ler­nen und mir nicht anma­ßen will, den Kol­le­gen zu kor­ri­gie­ren. (Schon weil ich aus eige­ner Erfah­rung weiß, dass nicht über­all Über­set­zer drin ist, wo Über­set­zer drauf steht.) 

Notiert habe ich mir die Über­set­zung irgend­wann mal, weil ich dar­in eine Lösung gefun­den hat­te, die mir aus­neh­mend gut gefällt: 

His lean face was dark by con­trast, and ended in a curt black beard that loo­ked Spa­nish and sug­gested an Eliza­be­than ruff. … Sein hage­res Gesicht war im Gegen­satz dazu dun­kel und ende­te in einem kur­zen schwar­zen Bart, der spa­nisch aus­sah und nach einer eli­sa­be­tha­ni­schen Hals­krau­se ver­lang­te.

Gefällt mir aus­ge­zeich­net; gera­de weil es über die heu­te gras­sie­ren­de „Wört­lich­keit“ hin­aus­geht. Und ich den­ke hier noch nicht ein­mal an das „sug­ge­rie­ren“, das man heu­te allent­hal­ben fin­det, wo im Ori­gi­nal „sug­gest“ steht. Nicht dass es in die­sem Fall nicht kor­rekt wäre, wird es doch mit „to make one think of sth“ defi­niert. „Gemah­nen“, das man oft – zu oft für mei­nen Geschmack – in die­sem Zusam­men­hang fin­det, ist für den Kon­text einer Detek­tiv­ge­schich­te zu hoch ange­setzt, um nicht zu sagen geschwol­len. Der Bart ließ an die Krau­se den­ken? Hm… Und es hät­te sich ver­mut­lich auch der Gedan­ke an sie auf­drän­gen kön­nen. Bei dem einem unwill­kür­lich eine Hals­krau­se ein­fiel? Wird viel zu viel. Erin­ner­te? In den Sinn kam? Nein, ich fin­de, der klei­ne Dreh mit dem „ver­lan­gen“ ist genau das, was einem öfter ein­fal­len soll­te. Die­se Art von Bart schreit gera­de­zu nach einer Hals­krau­se. Viel­leicht könn­te man drum­rum noch ein biss­chen auf­zu­räu­men ver­su­chen… ein paar Sil­ben sparen…

Mal sehen, was da noch so hergeht…

SlangGuy

Übersetzer & Wörterbuchmacher

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