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Truf­f­aut – Das Letz­te Interview

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Kürz­lich hat man mir eine gro­ße Freu­de gemacht. Ich war mal ein rich­ti­ger Film­fan. Einer, der sich alle mög­li­chen alten Schwarz-Weiß-Strei­fen rein­ge­tan hat. Pan­zer­kreu­zer Potem­kin und so. Einer, der alle Rezen­sio­nen gele­sen hat. H. C. Blu­men­berg fällt mir ein. Und an der Schu­le hat­te ich für eini­ge Zeit das ansons­ten ver­wais­te Amt eines Film­re­fe­ren­ten1, wo ich im Fest­saal abends hin und wie­der Fil­me gezeigt habe. Die man damals noch in zent­ner­schwe­ren Rol­len mie­ten muss­te, vom Bahn­hof abho­len, 16-mm-Appa­rat mie­ten, Lein­wand orga­ni­sie­ren, einen tech­nisch begab­te­ren Mit­schü­ler als Vor­füh­rer abkom­man­die­ren, einen Kas­sen­wart, wenigs­tens hun­dert Leu­te in den Fest­saal bekom­men, sonst zahl­te ich drauf…

Das ist ewig her. Aber Fran­çois Truf­f­aut war damals der Größ­te. Sicher nicht von unge­fähr wid­me­te die phan­tas­ti­sche blaue Rei­he Han­ser (gibt’s ver­mut­lich längst nicht mehr) Truf­f­aut den ers­ten Band. 1974 war das. Ich habe in mehr als eini­gen Kar­tons gekramt und die Rei­he gefun­den. Mit den Felli­ni-Büchern von Dio­ge­nes. Und Büchern über Robert Alt­man und Pres­ton Stur­gess, Herr­gott noch mal.

Nun, das letz­te Vier­tel­jahr­hun­dert haben mich Fil­me haupt­säch­lich der Spra­che wegen inter­es­siert. Ich habe seit­her auch kaum einen auf Deutsch gese­hen, alles auf Eng­lisch und flei­ßig mit­ge­schrie­ben. Tau­sen­de von Fil­me. Jede Men­ge Schot­ter. Der Grund­stoff für mei­ne Wör­ter­bü­cher. Immer wie­der war auch mal was rich­tig Schö­nes dabei. Aber Film­fan war ich kei­ner mehr.

Nun, an all die guten alten Zei­ten hat mich jüngst ein Auf­trag erin­nert: Lett­re, das eben­so groß­for­ma­ti­ge wie geschei­te Maga­zin aus Ber­lin, betrau­te mich mit der Über­set­zung von Truf­f­auts letz­tem Inter­view. Der ame­ri­ka­ni­sche Film­kri­ti­ker Bert Car­dul­lo hat es 1984 mit dem tod­kran­ken Truf­f­aut geführt, ein hal­bes Jahr vor dem Able­ben des Regis­seurs:2 »Alter Ego, Auto­bio­gra­phie und Autoren­film: Fran­çois Truf­f­auts letz­tes Inter­view« heißt es im Ori­gi­nal und stammt aus einem Buch mit Regis­seur-Por­traits von Bert Car­dul­lo.

Eini­ger Zita­te wegen habe ich mir aus der Stadt­bi­blio­thek einen Arm­voll DVDs nach Hau­se geholt. Und neben Jean Renoirs Bes­tie Mensch (Renoirs Spiel­re­gel hat­te ich an der Schu­le gezeigt) auch ein hal­bes Dut­zend Truf­f­auts gese­hen. Die Doi­n­el-Fil­me natür­lich, um die es in dem Inter­view haupt­säch­lich geht. Und Ein schö­nes Mäd­chen wie ich.

Nach­dem ich nun schon nost­al­gisch am Wüh­len war, fie­len mir auch eini­ge Kri­ti­ker wie­der ein. Blu­men­berg habe ich bereits erwähnt; auch von ihm war was in dem Kar­ton. Richard Schi­ckel, des­sen Film­ar­ti­kel das ers­te waren, was ich Woche für Woche im Time-Maga­zin las. Von ihm fand ich einen wun­der­schö­nen Bild­band über Gary Grant. Und Roger Ebert. Ihn habe ich am längs­ten gele­sen. Er war immer die ers­te Anlauf­stel­le, woll­te ich etwas über einen neu­en Strei­fen erfah­ren. Auch als ich kein Film­fan mehr war. Ich habe auch noch sei­ne Microsoft-Kino-CD.

Eberts lang­jäh­ri­ger Part­ner in Sachen Film­kri­tik Gene Sis­kel weilt ja schon gerau­me Zeit nicht mehr unter den Leben­den; und mit Roger Ebert geht es dahin. Er hat vor eini­ger Zeit den Unter­kie­fer ver­lo­ren; er kann nicht mehr spre­chen, essen… nur, es wäre trau­rig, wür­de er das selbst nicht ganz anders sehen. Er ist krea­ti­ver denn je, seit sein Zustand ihn dazu zwingt, selbst den banals­ten Wunsch schrift­lich zu äußern. Und Fil­me sieht er immer noch; nicht mehr vier am Stück, aber immer noch genug, um jeden Tag dar­über zu schreiben.

Esqui­re hat­te erst im Febru­ar ein gro­ßes Por­trät über ihn; das muss man gele­sen haben. Wie auch sei­ne Reak­ti­on auf die­ses Por­trät. Und eine der bes­ten Film­si­tes im Web, Eberts Sei­te bei sei­ner ange­stamm­ten Zei­tung, der Chi­ca­go Sun-Times.

Ich mag Leu­te mit einer Begeis­te­rung für ihr Metier. Ich bin auch die Über­set­ze­rei mal mit die­ser Begeis­te­rung ange­gan­gen. Habe sie immer noch; ich woll­te nur, man lie­ße mich noch ein­mal eine Über­set­zung mit der­sel­ben Begeis­te­rung angehen…

  1. Das hat rich­tig Arbeit gemacht; zu so was waren die, die sich nur ger­ne reden hör­ten, zu faul. []
  2. Wegen eini­ger Pro­ble­me mit den Rech­ten erscheint das Inter­view erst im vier­ten Quar­tal. []

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