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Youngs­ter, Gangs­ter, Teams­ter, Songs­ter – wer fällt aus der Reihe?

Spra­chen funk­tio­nie­ren nach bestimm­ten Regeln, das gilt für die Gram­ma­tik, also die Bil­dung von Sät­zen, wie für die Bil­dung von Wör­tern selbst. Und mir ist im Bereich der Spra­che noch kei­ne Regel unter­ge­kom­men, die nicht ihre Aus­nah­men gehabt hät­te. Das gilt auch für das eng­li­sche Suf­fix – eine an einen Wort­stamm ange­häng­te Endung – »ster«. Es bezeich­net in der Regel eine Per­son, die mit dem im Wort­stamm genann­ten ver­bun­den ist oder etwas bestimm­tes tut. So ist der mitt­ler­wei­le auch bei uns geläu­fi­ge »youngs­ter« seit etwa 1580 – Shake­speares Zeit – ein jun­ger Mensch, der übri­gens vor­her ein »youngling« war, was schon sehr an unse­ren »Jüng­ling« erin­nert und noch mehr so das alt­eng­li­sche »geongling«, von dem es kommt.

Aber dar­über ein ein­der­mal. Ich habe näm­lich bei der Beschäf­ti­gung mit dem Suf­fix »ster« eine Aus­nah­me gefun­den, die viel inter­es­san­ter ist, den »songs­ter«. Nicht dass der nicht in ers­ter Linie sin­gen wür­de: ein »songs­ter« ist jemand, der singt, Mann, Frau, aber auch ein Sing­vo­gel. Und jemand, der Songs schreibt. Und in der ame­ri­ka­ni­schen Musik bezeich­net er einen bestimm­ten Typ Wan­der­mu­si­ker, der in den Blues­mu­si­kern mün­de­te, denen wir unse­re moder­ne Rock­mu­sik ver­dan­ken. Das ist eine inter­es­san­te Geschich­te für sich.

Soweit sind alle »songsters« Han­deln­de; es gibt jedoch auch einen »songs­ter«, der einen Gegen­stand bezeich­net. Und der ist gar nicht so schwer zu fin­den, weil es ihn hun­dert­fach gibt. Gege­ben hat. Obwohl ihn kaum ein Wör­ter­buch defi­niert. Pas­sen Sie auf:

Wehman’s Irish songs­ter [no. 1] — Wehman’s song book [no. 1] — Wehman’s coll­ec­tion of … songs [no. 2‑no. 38] — Wehman’s song book [no. 39-no.61] — Alpha­be­ti­cal cata­lo­gue of songs con­tai­ned in Wehman’s 10-cent song coll­ec­tions — Alpha­be­ti­cal cata­lo­gue of songs con­tai­ned in Delaney’s song book, nos. 1 to 20 — Alpha­be­ti­cal cata­log of reci­ta­ti­ons con­tai­ned in Delaney’s reci­ta­ti­ons, nos. 1 to 5 inclu­si­ve — Weh­man Bros…

Lin­coln & Ham­lin songs­ter for the pre­si­den­ti­al cam­paign of 1860
Feni­an songster … 
A turn of the cen­tu­ry Songster
Love Will Bring Me Back Again Songster 
The Silver’s Just Set a Light Songster 
The Empire songster
Patrio­tic and naval songster 

usw.

Sie haben es erfasst; ein »songs­ter« ist ein Lie­der­buch. Oder in der Regel eher ein Lie­der­heft. Oder war ein Lie­der­heft, weil man Lie­der­samm­lun­gen heu­te nicht mehr so nennt. So fin­den sich denn Infor­ma­tio­nen über sie auch nur bei den Leu­ten, die sich für alte Bücher inter­es­sie­ren, den Anti­qua­ren. Auf der Site der Ame­ri­can Anti­qua­ri­an Socie­ty fand ich eine ers­te Defi­ni­ti­on, die den Begriff etwas enger fasst. Nach Irving Lowen, der eine A Biblio­gra­phy of Songsters Prin­ted in Ame­ri­ca befo­re 18211 geschrie­ben hat, ist ein »songs­ter« eine »Samm­lung von drei oder mehr seku­lä­ren Gedich­ten, die gesun­gen wer­den sollen«.

»Seku­lär« meint in die­sem Zusam­men­hang meist roman­ti­scher, patrio­ti­scher oder komi­scher Art; vie­le waren Samm­lun­gen zu aktu­el­len The­men, vor allem poli­ti­scher Art, oft spe­zi­ell zu einem bestimm­ten Wahl­kampf. Dann gab es »songsters« mit gesell­schaft­li­chen oder sozia­len Anlie­gen, sol­che für Stu­den­ten und Frau­mau­er. Und schließ­lich sol­che mit Songs über Schwar­ze: »Haupt­säch­lich wäh­rend der 1840er- und 1850-Jah­re in den Städ­ten des [ame­ri­ka­ni­schen] Nor­dens gedruckt, per­p­etu­ier­ten sie ras­si­sche Ste­reo­ty­pen.«2

Um sich sol­che Songsters anzu­se­hen, brau­chen wir natür­lich heu­te noch nicht mal mehr den Hin­tern lüf­ten, das Inter­net Archi­ve bie­tet Dut­zen­de davon online. Wobei wir gleich sehen, dass die »songsters« durch­aus unter­schied­li­cher Grö­ße sind. Es han­delt sich aber durch die Bank um bil­li­ge Heft­chen, die sich jeder leis­ten kön­nen soll­te. Und sie befass­ten sich in der Regel mit bestimm­ten Themen.

Neh­men wir als Bei­spiel The bobol­ink min­st­rel, or, Repu­bli­can songs­ter for 1860.3

Das Büch­lein ent­hält die Tex­te von 50 Songs für Abra­ham Lin­colns Wahlkampf.

The Lin­coln flag — Strike for the right — Hur­rah cho­rus — Hur­rah for Abe Lin­coln — A suit of Lin­coln green — The people’s nomi­nee — Flag of the bra­ve — Come on! — Abe of Illi­nois — Our country’s call — The grand ral­ly — Up, again for the con­flict — For free­dom and reform — Freedom’s batt­le call — Cam­paign song — Rid­den by the slave power — I spurn the bri­be — Bra­ve old Abe — Jor­dan — Seven­ty-six — The pre­sent cri­sis — Honest Abe of the west — On to vic­to­ry — Song of free­dom — Natio­nal cement — Poor litt­le Doug — The bay sta­te hur­rah — The bobolink’s cam­paign song — The cau­se of Liber­ty — Lin­coln, the pri­de of the nati­on — Ral­ly­ing song — The flag of the free — The fate of a fow­ler — Ral­ly­ing song of Rocky Moun­tain Club — Up for the con­flict — Have you heard the loud alarm? — For­ward, the ninth! — The march of the free — Our flag is the­re — Lin­coln and vic­to­ry — The fugi­ti­ves — We’ll send Buchanan home — Ral­ly­ing song — Lin­coln — Song — Cam­paign song — Free­men, banish all your fears — “Wide-awa­ke club” song — Lin­coln and Liber­ty — New nur­sery ballads

Ob er ihret­we­gen gewählt wur­de, weiß ich nicht, aber gescha­det haben sie offen­sicht­lich auch nicht. Dar­über hin­aus waren der Samm­lung die 17 Punk­te von Lin­colns Wahl­kampf­platt­form vor­an­ge­stellt. Alles in allem eine gute Idee und sicher eine star­ke Waf­fe in einer Zeit ohne elek­tro­ni­sche Medien.

  1. Worces­ter, 1976 []
  2. Ame­ri­can Anti­qua­ri­an Socie­ty []
  3. Bobol­ink []
SlangGuy

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