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Krö­ten und Schmet­ter­lin­ge — Über den Umgang der Fran­zo­sen mit dem Griechischen

Gna­den­los urteilt Scho­pen­hau­er, selbst­er­klär­ter Ein­ge­ses­se­ner einer gren­zen­lo­sen Gelehr­ten­re­pu­blik, über alles, was sei­nen am Klas­si­schen aus­ge­rich­te­ten Maß­ga­ben nicht gerecht wer­den kann, von der alten deut­schen Dich­tung bis hin zu Spra­chen wie dem Eng­li­schen und, in die­sem Fall, dem Fran­zö­si­schen, die­ser schlech­tes­ten Ver­stüm­me­lung latei­ni­scher Wor­te mit ihrem ekel­haf­ten Nasal. Hier die dritt­letz­te – eben­so kur­ze wie hef­ti­ge – Fol­ge von Scho­pen­hau­ers unsor­tier­ten Betrach­tun­gen über Spra­che und Worte… 

Fort­set­zung von hier.

Arthur Schopenhauer’s sämmt­li­che Werke
Parer­ga und Paralipomena
Klei­ne phi­lo­so­phi­sche Schriften
Ver­ein­zel­te, jedoch sys­te­ma­tisch geord­ne­te Gedan­ken über vie­ler­lei Gegenstände

Kap. XXV.
Ueber Spra­che und Worte 

Anhang ver­wand­ter Stellen

Die Fran­zo­sen, inclu­si­ve der Aka­de­mien, gehen mit der grie­chi­schen Spra­che schänd­lich um: sie neh­men die Wor­te der­sel­ben her­über, um sie zu ver­un­stal­ten: sie schrei­ben z.B. Etio­lo­gie, Esthé­tique u.s.w.; wäh­rend gera­de nur im Fran­zö­si­schen das au so aus­ge­spro­chen wird, wie im Grie­chi­schen; fer­ner bra­dy­pe, Oedy­pe, Andro­maque u. dgl. m., d.h. sie schrei­ben die grie­chi­schen Wör­ter, wie ein fran­zö­si­scher Bau­ern­jun­ge, der sie aus frem­den Mun­de auf­ge­schnappt hät­te, sie schrei­ben wür­de. Es wür­de doch recht artig las­sen, wenn die fran­zö­si­schen Gelehr­ten sich wenigs­tens so stel­len woll­ten, als ver­stän­den sie Grie­chisch. Nun aber zu Guns­ten eines so ekel­haf­ten Jar­gons, wie der fran­zö­si­sche (die­ses auf die wid­rigs­te Wei­se ver­dor­be­ne Ital­liä­nisch mit den scheuß­li­chen End­si­le­ben und dem Nasal) an sich selbst genom­men ist, die edle grie­chi­sche Spra­che frech ver­hun­zen zu sehn, ist ein Anblick, wie wenn die gro­ße west­in­di­sche Spin­ne einen Koli­bri, oder eine Krö­te einen Schmet­ter­ling frißt.*) Ich woll­te, daß die illus­tres con­frè­res, wie sich die Her­ren von der Aka­de­mie gegen­sei­tig nen­nen, die Sache ein­mal in Ueber­le­gung näh­men und von die­ser kna­ben­haf­ten Bar­ba­rei abstän­den, also ent­we­der die grie­chi­sche Spra­che in Ruhe lie­ßen und sich mit ihrem eige­nen Jar­gon behül­fen, oder die grie­chi­schen Wor­te gebrauch­ten, ohne sie zu ver­hun­zen; um so mehr, als man, bei ihrer Ver­zer­rung der­sel­ben, Mühe hat, das dadurch aus­ge­drück­te grie­chi­sche Wort zu erra­then und so den Sinn des Aus­drucks zu ent­räth­seln: Hie­her gehört auch das bei den fran­zö­si­schen Gelehr­ten übli­che, höchst bar­ba­ri­sche Zusam­men­schmel­zen eines grie­chi­schen mit einem latei­ni­schen Wort. Der­glei­chen, mei­ne illus­tres con­frè­res, riecht nach Barbiergesellen. 

Berech­tigt zu die­ser Rüge bin ich voll­kom­men: denn die poli­ti­schen Grän­zen gel­ten in der Gelehr­ten­re­pu­blik so wenig, wie in der phy­si­schen Geo­gra­phie, und die der Spra­chen sind nur für Unwis­sen­de vor­han­den, »Kno­ten« aber sol­len in der­sel­ben nicht gedul­det werden. – –

schop1*) Anmer­kung des Her­aus­ge­bers: Ad vocem »fran­zö­si­sche Spra­che« ist an einer andern Stel­le von Scho­pen­hau­er bei­geschrie­ben: »Die­ser elen­des­te roma­ni­sche Jar­gon, die­se schlech­tes­te Ver­stüm­me­lung latei­ni­scher Wor­te, die­se Spra­che, wel­che auf ihre älte­re und viel edle­re Schwes­ter, die ita­liä­ni­sche, mit Ehr­furcht hin­auf­sehn soll­te, die­se Spra­che, wel­che den ekel­haf­ten Nasal en, on, un zum aus­schließ­li­chen Eigent­hum hat, so wie auch den schluck­auf­ar­ti­gen, so unau­sprech­lich wider­wär­ti­gen Akzent auf der letz­ten Sil­be, wäh­rend alle andern Spra­chen die sanft und beru­hi­gend wir­ken­de lan­ge Penul­ti­ma haben, die­se Spra­che, in der es kein Metrum gie­bt, son­dern der Reim allein, und zwar meis­tens auf é oder ou, die Form der Poe­sie aus­macht, – die­se arm­sä­li­ge Sprache.«

Fort­set­zung hier.

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