Wir befinden uns zur Zeit der vorletzten Jahrhundertwende. Das berühmte Fin de siècle ist in voller Blüte, Jugendstil, Art nouveau Sezessionsstil, wie immer man es nennen will & mag, bringen zeitlos Schönes hervor. Und literarisch… Aber genug der Lobhudelei. Was ging zu dieser Zeit sonst noch so ab? Ganz einfach: Holen Sie einfach mal Ihren Großen Ploetz aus dem Regal.
In Südafrika machten die Briten die Buren nieder, die da schon 250 Jahre zuhause waren. Und die Briten gingen mit entsetzlicher Brutalität zuwerke. Und sie mögen heute noch im Clinch mit den Nazis liegen und dabei scheppernd auf den leeren (= hohlen) Topf ihres Great Britain klopfen wie gerade jüngst wieder, als es um die schottische Schnaps‑, pardon, Whiskeyidee der Abspaltung ging, sie haben damals das Konzept der Konzentrationslager erfunden. Ja, die Briten sind die Erfinder des infamen KZs. Nicht dass wir oder das damalige junge Deutsche Reich besser waren. So gehörten wir – mit Frankreich, Italien, Österreich-Ungarn, Japan, Russland, den Amerikanern und, natürlich, den Briten – zu den »Vereinigten acht Staaten«, die in China – in Christi Namen letztlich – die »Boxer« niedermetzelten, um ein »offenes« China zu schaffen, was fatal an unsere heutige schöne neue Freihandels
All das waren Vorgänge, die einem Mark Twain ganz arg aufstießen. Der Mann, der bei uns vor allem durch zwei gemütliche Klassiker der Jugendliteratur und vielleicht auch noch durch seine nicht weniger gemütliche Bummelei als Tramp in Europa als Reiseliterat bekannt ist, war nicht nur ein literarischer sondern auch ein moralischer Riese. Oder besser noch, ein moralischer Fels in der oben geschilderten menschenverachtenden Brandung. Hatte er eben noch in dem Artikel »Selbstgespräch des Zaren« (1905) den russischen Zaren satirisch seiner kaiserlichen Kleider entledigt, nahm er sich noch im selben Jahr in einem kleinen Büchl mit dem Titel »Selbstgespräch König Leopolds« des begischen Schlächters an.
Nicht nur ließ Leopold für sein Gummigeld millionenfach morden, er führte auch die Unsitte ein, armen Schweinen, die ihm nicht genügend Gummi sammelten, eine Hand abzuschlagen. Das fällt so pauschal wie großzügig mit unter den Begriff »Misshandlung«, der in diesem Kontext gern und oft fällt.
Ich habe keine Ahnung, was Twain über das Internet und YouTube gesagt oder ob er für seine Enthüllungen Wikileaks genutzt hätte, jedenfalls ließ er es sich nicht nehmen, sein Büchl über Leopolds Gräuel explizit zu bebildern. Entsprechend war sein Werk auch nicht für den Konsumenten der damaligen Magazine für die l
Aber genug der Nostalgie, heutige Heuschrecken-Fonds – und damit alle, die ihr Geld in so was anlegen – sind so schlimm wie Leopold, da sie für die Verwüstung ganzer Landstriche in Afrika sorgen. Und das Foltern von Asylbewerbern durch deutsches Sicherheitsgesindel ist auch nicht besser.
Und apropos lesende Intelligenz. Die Tatsache, dass deutsche Verlage »ihre« Übersetzer brutal in die Steinzeit zurückhonorieren? Wenn ich heute noch nicht mal das für meine Arbeit bekomme, was ich in den 80er-Jahren bekommen habe – was damals schon als Hungerlohn galt? Da mögen deutsche Verleger noch so engagiert das Maul aufreiß
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King Leopold’s soliloquy; a defense of his Congo rule
by Twain, Mark, 1835–1910
Published 1905
Topics Léopold II, King of the Belgians, 1835–1909, Zaire
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