RAW — die nack­te Wahr­heit über zer­schos­se­ne Festplatten

Das hier ist ein Tat­sa­chen­be­richt, Leu­te, nicht die übli­che Klug­schna­ke­rei auf ein­schlä­gi­gen Foren. Ich hab’s gemacht. Mehr oder weni­ger. Also: Es ist pas­siert. Tau­send­mal haben Sie die Ste­cker Ihrer USB-Plat­ten raus­ge­rupft wie die ers­ten Roten Rie­sen im Jahr. Oder Sie haben einem Ihrer WD-My Books den Strom abge­dreht, weil sie die Steck­do­se eben rasch mal für Ihren… na ja, eben was ande­res brauch­ten. Und  tau­send­mal ist nichts pas­siert. Und dann, eines Tages…

Mir ist es die­sen Lenz pas­siert: Nach­dem ich den Strom in einer mei­ner lan­gen Ste­cker­leis­ten weg­ge­knipst hat­te, mit dem an sich löb­li­chen Gedan­ken im Hin­ter­kopf, müss­ten ja nicht alle Plat­ten den gan­zen lie­ben lan­gen Tag lang Strom zie­hen, erwach­te eine davon bei der nächs­ten Inbe­trieb­nah­me kläg­lich kla­ckernd zum Leben. WTF! Kein Zugriff auf die schö­ne 3‑TB-USB-Plat­te. In der Daten­trä­ger­ver­wal­tung tauch­te sie auch nicht mehr auf.

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Fazit vor­ab: wenn eine Ihrer Plat­ten pötz­lich mal als RAW ange­zeigt wird, nicht ver­za­gen. Die Daten sind noch drauf. Sie las­sen sich ret­ten. Aber falls Sie sie nicht unbe­dingt brau­chen, tun Sie sich das erst gar nicht an.

Noch was vor­ab: Nie wie­der wer­de ich eine USB-Fest­plat­te ohne die Funk­ti­on “Sicher ent­fer­nen” ent­fer­nen, egal wie ner­vig das ist; ein klei­nes Pro­grämm­chen, das das alles weni­ger schmerz­lich macht, emp­feh­le ich zum Schluss.

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Aber von vor­ne: Das Abschal­ten des Stroms wäh­rend des Betriebs zer­schoss offen­sicht­lich den Teil der Plat­te, den Win­dows braucht, um das Teil zu erken­nen und sich dar­auf zurecht­zu­fin­den. Und  so eine Plat­te läuft län­ger nach, als man den­ken möch­te. Oder es läuft gera­de das Anti­vi­ren­pro­gramm, das ja stän­dig irgend­wo zugan­ge ist. Die Plat­te kli­cker­te. Die Daten­trä­ger­ver­wal­tung von Win­dows 10 zeigt die Plat­te nicht mehr an.

Erst fand ich den Tipp: Aus­bau­en und intern dran­hän­gen. Also habe ich das Gehäu­se auf­ge­murkst, paar Zacken abge­bro­chen, aber was soll’s. Innen drin frei­lich ist die Plat­te eher kom­plex mit dem Ste­cker­teil ver­bun­den, da woll­te ich denn doch nicht ran. Immer­hin hat­te ich die Plat­te nackt vor mir, und da sie — wie gesagt — ner­vig kli­cker­te, ohne so recht anzu­sprin­gen, habe ich mal sach­te mit dem Fin­ger dran­ge­schnickt — und sie­he da, sie sprang wie­der an. Kla­ckern weg.

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Das soll kein Tipp sein, Leu­te! Ich beschrei­be hier nur mei­ne Erfah­run­gen. Ich kann kei­ne Ver­ant­wor­tung dafür über­neh­men, wenn Sie irgend­was kaputt­ma­chen. Nichts von dem, was ich hier beschrei­be, ist eine aus­drück­li­che Emp­feh­lung. Wenn Sie’s nach­ma­chen, dann auf eige­ne Gefahr. Alles klar!

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Die Daten­trä­ger­ver­wal­tung fin­det die Plat­te zwar jetzt, aber auf dem schwar­zen Bal­ken steht was von RAW. Lauf­werks­buch­sta­ben hat das Teil auch kei­nen mehr.

Es ist die Plat­te auf die ich ein­fach immer mein Arbeits­ver­zeich­nis drauf­schie­be. Und irgend­wie sind da eben auch drei­ßig Jah­re Arbeit und ein­schlä­gi­ge Unter­la­gen drauf gelan­det. Nicht eigent­lich lebens­not­wen­dig, sicher, aber wozu zum Teu­fel habe ich den Scha­mott denn auf­be­wahrt. Um ihn auf­zu­be­wah­ren, Herr­gott noch­mal. Über­set­zun­gen in allen Ver­sio­nen, Recher­che dazu, Steu­er­un­ter­la­gen. Ver­ges­sen? Kommt nicht in Frage.

Ich hat­te schon zwei­mal das Ver­gnü­gen im Lauf der Jah­re, damals noch mit klei­ne­ren Plat­ten. Ein­mal habe ich mir mit Linux behol­fen, ein­mal mit einer Reco­very-Soft­ware, aber bei­de Male hat­te ich die Plat­ten nur ver­se­hent­lich gelöscht, soweit ich mich erin­ne­re. Win­dows hat­te also pro­blem­los Zugriff. Jetzt ist, wie gesagt, kein Lauf­werks­buch­sta­be da.

Ich will nicht im Ein­zel­nen lang­wei­len. Da ich ja arbei­ten muss, ging das alles neben­bei über eini­ge Mona­te hin­weg. Mir war nur eines klar. RAW heißt ja nicht, dass die Daten weg sind, son­dern dass das Inhalts­ver­zeich­nis der Plat­te so zer­schos­sen ist, dass Win­dows es nicht mehr lesen kann. Also ruhig Blut, auch wenn’s eine Zeit­sen­ke ist.

Linux hat mir dies­mal nicht gehol­fen, weil die Plat­te sich nicht ein­hän­gen ließ. Test­disk ging also weder unter Linux noch unter Win­dows 10. An einer ande­ren Kis­te ist noch Win­dows 7 drauf. Das hat die Plat­te immer­hin mit einem Lauf­werks­buch­sta­ben ver­se­hen, nicht dass man dar­auf zugrei­fen konn­te. Auch nicht Linux. Test­disk unter Win­dows hat was aus­zu­le­sen begon­nen, aber was soll ich mit 692.000 Datei­en (soviel sind drauf, wie ich jetzt weiß) mit Bezeich­nun­gen wie f32709z, f327098, f327099 etc. Wie soll ich da eine alte Rech­nung fin­den? Sicher, ret­ten und dann ein Archiv­pro­gramm drü­ber­ja­gen las­sen, aber nein, ich möch­te mei­ne Datei­en unter ihrem rich­ti­gen Namen wie­der­ha­ben, ver­flucht noch mal!

In Erin­ne­rung an die Reco­very-Soft­ware, die ich mal benutzt hat­te, Namen wuss­te ich nicht mehr, habe ich dann zu goog­len begon­nen und eine Hand­voll viel­ver­spre­chen­de Sachen aus­pro­biert. Schließ­lich habe ich mich für eine ent­schie­den, deren Test­ver­si­on nach drei Tagen das eine oder ande­re .doc sau­ber wie­der­her­stel­len konn­te. Ich habe 70 Mücken dafür berappt und es konn­te los­le­gen: Reco­ver­My­Files.1

Geich vor­ab. Es funk­tio­niert. Wenn auch nicht gera­de so, wie die Rekla­me für die Soft­ware ver­spricht. Und das ist es, was Sie inter­es­sie­ren dürf­te, weil es kei­ner der Klug­schei­ßer in den ein­schlä­gi­gen Foren weiß, weil er noch nie eine gott­ver­damm­te 3‑TB-Plat­te aus­ge­le­sen hat. Nicht wie­der­her­ge­stellt, das kön­nen Sie ver­ges­sen, wir spre­chen hier von Daten­ret­tung.

Nack­ter Fakt 1: Knapp vier Wochen lang lief mein Comp­ter rund um die Uhr. Ich war öfter ver­sucht, abzu­schal­ten, schon weil ich Angst hat­te, auch mei­ne aktu­el­le Arbeit und was weiß ich sonst noch zu ver­lie­ren. Aber tap­fer durch­ge­hal­ten. Nach knapp vier Wochen hat­te ich ein Image, das sich als Ses­si­on abspei­chern ließ, sodass sich das Pro­gramm schlie­ßen und der PC end­lich wie­der­mal her­un­ter­fah­ren ließ.

Nur neben­bei: Reco­ver­My­Files hat eine ner­vi­ge Macke. Die Regis­trie­rung geht stän­dig (!) ver­lo­ren und man steht wie­der mit der Test­ver­si­on da, mit der man nur fünf Datein aus­le­sen kann. Von 692.000. Mehr als ner­vig. Vier Wochen Arbeit ver­lie­ren? Aber man kann eine zwei­te “Instanz” des Pro­gramms2 auf­ru­fen und man hat wie­der die regis­trier­te Ver­si­on. Die aber immer wie­der nach einer Sit­zung ver­lo­ren geht. Man muss das Pro­gramm dann wie­der neu star­ten. Wenn man’s weiß, kann/muss man damit leben.

Nacker Fakt 2: Das Ret­ten, sprich Über­spie­len der Daten von der RAW-Plat­te dau­ert nicht weni­ger lang als das ers­te Erstel­len des Images. Hei­li­ger Birn­baum! Sie kön­nen sich ein Brot schmie­ren und essen, bis da auch nur ein ein­zi­ges pop­li­ges win­zi­ges gif auf der neu­en Plat­te ist!  Das Pro­gramm läuft frei­lich stö­rungs­ftrei im Hin­ter­grund. Es lässt sich also neben­ei arbeiten.

Nach­dem ich weiß, dass noch alles drauf ist, was ich brau­che, gehe ich das etwas locke­rer an: Ich suche gezielt nach Datei­en, die ich ret­ten möch­te, und kann auch ein biss­chen was aus­pro­bie­ren. Und so kann ich Ihnen auch eine Vor­stel­lung davon geben, wie lan­ge es zum Bei­spiel dau­ern wür­de, einen Film zu ret­ten. Ich habe ein paar Spiel­fil­me gefun­den, die ich ein paar Tage zuvor auf die Plat­te gescho­ben hat­te. Ich hat­te sie im TV auf­ge­nom­men und auf DVD gebrannt und die dann auf die Plat­te über­pielt. Die Datei VTS_01_1.VOB – 0,99GB – brauch­te vol­le vier Tage und die drei Näch­te dazwi­schen. Den Film zu ret­ten, hät­te also noch mal vier­mal so lan­ge gedauert. 

Man lernt nach eini­ger Zeit, sich auf die Ret­tung der Daten zu beschrän­ken, die man tat­säch­lich nur ein­mal und eben nur auf der RAW-Plat­te hat. Das ist ner­vig, weil müh­sam, geht aber trotz­dem hun­dert­mal schnel­ler als die Über­tra­gung der Daten selbst. Ich beschrän­ke mich also lie­ber dar­auf, die Plat­te nach alten Steu­er­un­ter­la­gen & Kor­re­spon­denz zu durch­fors­ten. Das Image der zer­schos­se­nen Plat­te lässt sich bei Bedarf wie­der laden und damit arbei­ten. Screen­shots oder Noti­zen emp­feh­len sich.

Also: Sie brau­chen einen PC, der die Plat­te mit einem LW-Buch­sta­ben erkennt. Mein Rat: Schau­en Sie, dass Sie einen unbe­nutz­ten PC ent­stau­ben, der die Plat­te erkennt, und las­sen Sie das Pro­gramm machen.

Ich habe bereits so eini­ges geret­tet. Die Akti­on wird sich noch hin­zie­hen. Falls sich noch was Inter­es­san­tes dabei erge­ben soll­te, werd ich es hier vermelden.

Ach ja, das läs­ti­ge HARDWARE SICHER ENTFERNEN gestal­tet sich etwas ein­fa­cher mit dem  USB Disk Ejec­tor. Unbe­dingt zu empfehlen.

*

[Reco­ver­My­Files: Test]

[Test: Reco­ver­My­Files]

 

 

  1. Das hier  ist kei­ne Rekla­me; ich krie­ge nix dafür. Ich neh­me an, dass ähn­li­che Pro­gram­me das­sel­be leis­ten. []
  2. der Trot­tel, der das wört­lich über­setzt hat, gehört an die Wand gestellt []
SlangGuy

Übersetzer & Wörterbuchmacher

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