Über meine Erfahrungen mit der Notenscan-Software Scanscore
Vorab: ich bin kein Softwaretester und es handelt sich hier nicht eigentlich um einen systematischen Test, sondern lediglich um einen Versuch, der aus reiner Frustration zu einer unsystematischen, aber doch umfangreichen Testreihe ausgeartet ist. Das Ganze ist also eher ein Erfahrungsbericht, der für andere Zeitgenossen wie mich gedacht ist: Leute, die hier und da mal aus Spaß an der Freude zu ihrem Instrument — in meinem Fall die Gitarre — greifen, um an Hand einiger Notenbeispiele ein bisschen dazuzulernen. Dazu hätte man, da man’s als Amateur mit dem Zählen nicht unbedingt hat, das einzustudierende Teil vielleicht gern mal als Midi-Datei o.ä. gehört. Alles klar?
Gegenteilige Erfahrungen? Oder gar einen Tipp für mich? Bitte gerne unten in die Kommentarspalte!
Na dann …
Für die Ungeduldigen will ich meine eher kurze Erfahrung mit der Notenscan-Software Scanscore gleich mal vorwegnehmen und auf den Punkt bringen – um Ihnen die dreißig Mücken, zu schweigen von den drei, vier enttäuschenden Stunden zu ersparen, die ich darauf verschwendet habe: Es ist mir nicht mal gelungen, eine einzige simple Probezeile damit hinzubekommen, auch nicht durch Nachbearbeitung.
Und ebenfalls vorab: Diese Stunden verteilen sich auf mehrere Anläufe, sprich mehrere Tage, will sagen, ich habe nicht einfach frustriert nach dem ersten misslungenen Anlauf das Handtuch geschmissen, sondern – nach dem Motto, »das muss doch wohl zu machen sein!« – des Öfteren frischen Mutes neu angesetzt.
Aber egal, wie viele Oberlehrer da nun mit dieser Software auf YouTube ihren geplagten Kindern komplexe Partituren umgeschrieben haben wollen, ich hab’ s nicht hingekriegt.
Und falls sich jetzt der eine oder fragt, warum ich überhaupt Zeit auf so eine simple Zeile verschwenden sollte, der trifft den Nagel damit genau auf den Kopf. Eben, ich kann das auch »ohne Computer« problemlos spielen, aber gerade weil die Zeile so simpel ist, sollte doch wohl auch eine so komplexe Software damit keine Probleme haben. Anders gesagt: Ich kann mir das nicht erklären.
Exkurs: Die ganze Geschichte erinnert mich fatal an das erste OCR-Programm, das ich mir kaufen wollte, Recognita hieß das und hätte mich sage und schreibe 3000 Emmen gekostet, hätte ich nicht zufällig zuvor mitbekommen, mit welcher Mühe der Herr im Computerladen seine Probeseite präpariert hatte, damit das Einlesen auch recht beeindruckend flutscht. Außerdem habe ich mir gottseisgedankt überlegt, was eine Erkennungsgenauigkeit von 97% — waren es, glaub’ ich jetzt mal — eigentlich bedeutet: drei Fehler pro 100 Zeichen, macht bei einer Buchseite von — sagen wir mal — 3000 Zeichen etwa 90 Fehler. Das auf ein Buch gerechnet … Viel Spaß beim Korrigieren!
Aber für alle, die Genaueres wissen wollen, kommen wir endlich zur Sache. Vielleicht hilft das hier ja dem einen oder anderen doch, sei es bei der Kaufentscheidung, sei es, weil er bereits für die Software berappt hat und jetzt nicht weniger frustriert vor dem Problem steht als ich …
Also, ich hatte eine Seite aus einem frisch erstandenen, will sagen blütenweißen Notenbüchl eingescannt, zehn einstimmige Zeilen, und den Scan dann in ScanScore eingelesen. Einige Zeilen der Seite waren durchaus fehlerfrei, was Mut machte und damit das Endergebnis umso frustrierender.
Ich habe mich dann von den fehlerbehafteten Zeilen auf diese eine kapriziert, weil ich dachte, das kriegste ja wohl in den Griff. Kannste dir dabei gleich den Umgang mit der Software draufschaffen.
Ich kann hier die Reihenfolge meiner Experimente nicht korrekt wiedergeben. Das Ganze war ja nicht als »Test« konzipiert, ich dachte ja, ich bekomme das nach den üblichen Anfangsschwierigkeiten, die jede neue Software mitbringt, schon irgendwie hin. Ich habe erst Screenshots gemacht, als es mir partout nicht gelingen wollte, die Zeile fehlerfrei als MIDI abzuspielen. (ScanScore hat – an sich sehr praktisch – einen eingebauten Spieler.)
“Original” bezeichnet meinen Original-Scan; “Scan” bezeichnet das Scan-Ergebniss von ScanScore.
Hierzu habe ich mir notiert: 24bit Farbe / 300dpi / Standard (gescannt habe ich mit der üblichen TWAIN-Schnittsstelle über Xnview: da lässt sich zwischen Foto, Text, Standard, etc. wählen; und an meinem sündhaft teuren Scanner liegt’s auch nicht. Aber damit möchte ich hier niemanden langweilen.)
Tatsache ist, dass so gut wie alle Ergebnisse in etwa auf dieses Resultat hinauslaufen. (Der lange Balken am Anfang ist nur der Cursor der Software, bitte nicht beachten.) Fehlerfrei eingelesen wurde sie jedenfalls nie.
Und um’s gleich vorwegzunehmen. Ich habe mir sogar die Mühe gemacht, die Akkordnamen oben zu entfernen, um das arme Programm nicht zu überfordern. Aber daran kann’s wohl auch nicht gelegen haben:
Und witzigerweise hat, was die Akkordbezeichnungen angeht, ausgerechnet der »dünnste« Scan mit 150dpi, das schönste, wenn auch nicht fehlerfreie Ergebnis gebracht. (Wenn das hier nicht ganz so deutlich lesbar ist wie im Original, dann weil ich die jpgs fürs Web auf die kleinstmögliche akzeptable Größe heruntergerechnet habe.)
Wie gesagt, im Original-Screenhsot sind die Akkordbezeichnungen sehr schön zu lesen. Warum der FisMajor7-Akkord fehlt, keine Ahnung. Und falls hier jetzt jemand meint, na ja, was willste auch mit 150dpi, dann nochmal: es war ein Probeschuss, nachdem das mit 300dpi nicht ging. Aber um den Klugscheißern unter Ihnen gleich einen Schuss vor den Bug zu setzen, hier derselbe S/W‑Scan mit 600dpi:
Mein lieber Scholli! Weiter hätten Sie ja wohl nicht daneben liegen können, was? Fragen Sie mich nicht, wie das zustandekommt. Die genannten Noten fehlen, soweit ich erkennen kann, immer noch. Und darüber hinaus ist eine Menge Mist drin, weil 600dpi nun mal eine Menge mehr Mist aufpicken als 300.
Man könnte natürlich jetzt auch noch stundenlang mit Kontrast und was weiß ich für Einstellungen am Scanner experimentieren, aber Herrgottnochmal, man wollte doch nur eine simple Zeile als MIDI hören! Selbst ein blutiger Anfänger hätte die Zeile in der bisher mit ScanScore verbumsten Zeit längst drauf auf seiner Klampfe.
Ich erspare Ihnen weitere unterschiedliche Scan-Versuche meinerseits und was ScanScore damit gemacht hat, und zeige Ihnen lieber einige der folgenden Bearbeitungsschritte. Bitte immer daran denken, dass es bei all dem Aufwand nur um eine poplige Notenzeile mit gerade mal 21 – wenn ich richtig zähle – Noten geht.
Wie Sie sehen, lassen sich die Taktstriche einsetzen bzw. löschen, fehlende Noten einsetzen, auch die Notenbalken über den Achteln lassen sich beliebig in Zweier- oder Vierergruppen umwandeln. Man muss sich nur ’n bisschen im Handbuch umsehen. Wie gesagt, jede Software will eine Einarbeitung …
Das Problem ist nur, dass nach all der Mühe mit popligen 21 Noten, ScanScore noch immer darauf besteht, dass die letzten beiden Takte nicht stimmen: drei von zwei Takten, Herrgottnochmal! Und was soll das mit den Stimmen, auf die die blauen Zahlen verweisen. Es ist doch nur eine einzige Zeile, Herrgottnochmal!
Und wenn Sie nun denken, das spiele keine Rolle, es sehe doch alles ganz gut aus, dann haben Sie vergessen, dass ich ja bereits ein perfektes Heft gekauft & zum Üben & Vollschmieren einen sauberen Scan daraus vor mich hinlegen kann. Ich wollte aber eine kleine MIDI-Datei haben. Und die setzt nun mal immer noch — es ist zum Verrücktwerden! — unnötige Pausen dort, wo früher mal die überflüssigen Taktstriche gesetzt waren.
Handtuch! I’m getting too old for this shit …
Wenn ich, um die MIDI-Datei zu bekommen, die Noten gleich in TuxGuitar oder MuseScore eingetippt hätte, was mir zu mühselig schien & weshalb ich ja überhaupt erst auf die Schnapsidee kam, die 29 Mücken für ScanScore hinzulegen, also wenn ich das gleich gemacht hätte, dann hätte ich nach all den Stunden nicht nur die eine Zeile, sondern die ganze gottverdammte Lektion längst in passablem Tempo drauf.
Bloß nebenbei. Da die erste Ausgabe beim Üben zerfiel & die zweite verschütt ging, hab ich mir Mickey Baker’s Jazz Guitar mittlerweile zum dritten Mal gekauft, und wenn – nach 60 oder was Jahren! – endlich jemand auf die Idee käme, eine CD zu diesem Klassiker einzuspielen, dann wäre das ganze Theater gar nicht nötig gewesen …
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Darf man fragen, ob das mit Tux Guitar oder Musescode geklappt hatt?
Benji
ich meinte natürlich MUSESCORE, sorry
Benji
Hi Benji,
hab schon verstanden ... Wenn ich die drei, vier mit dem Scan-Programm verbumsten Stunden gegen die ersten drei, vier Stunden mit MuseScore halte (TuxGuitar hab ich mal fallen lassen) ... Nicht nur hatte ich die Software in der Hälfte der Zeit drauf (super Manual, ehrlich & Website!), ich habe auch noch nettere "Klänge" als die seelenlose Midi-Mucke ... Aber da ich nicht weiter auf einer Software rumhacken möchte, mal allgemein: Mal abgesehen von der Art & Weise, wie man dazu kommt, möcht ich mal jedem, der was lernen möchte, die Empfehlung aussprechen, seine Übungen auf den PC zu übertragen; auf Loop gestellt, lässt man sich mitziehen, ohne groß zu überlegen, ob ich den Takt noch mal üben soll ...
Ciao
Ich kann die schlechten Erfahrungen bestätigen: Die Software SHARPEYE liefert bessere Ergebnisse.
Auf gutes Erkennen der Noten kommt es an!
Danke, werd ich mir mal anschauen. Ich tippe die paar Riffs, die zu üben ich überhaupt Zeit habe, jetzt immer in MuseScore ein; sind ja wirklich immer nur ein paar Akkordfolgen. Die Wirkung auf Fertigkeit & Disziplin ist aber verblüffend.
Cheers
Habe die selbe Ehrfahrung gemacht, habe es schon öfter Stunden probiert.
Habe ein Testergebnis der Firma gesendet ( Original u. scan), nie eine Antwort erhalten.
Würde mir gerne die Profiversion kaufen aber so nicht.
Hallo Fritz, keine Ahnung, wie diese Profiversion aussehen soll; ich hab ja wie gesagt schon 30 Mücken für das Programm hingelegt; bin aber mit MuseScore derart zufrieden, dass ich mir als talentfreier Hobby-Saitenquäler da keine weiteren Gedanken mehr drüber mache
Cheers
Leider nicht zu empfehlen. Ganz schlechte Erkennungsrate!!!
Das ist leider auch meine Erfahrung – nicht nur mit ScanScore, von dem ich eine Demoversion hatte, sondern auch mit dem wesentlich teureren (und angeblich besseren) SmartScore, das man ebenfalls im Demomodus verwenden kann. Auch die ebenfalls sehr teure Software PhotoScore, die als Liteversion dem Notationsprogramm Sibelius beilag, ist alles andere als befriedigend.
Ich bin »Hobbykomponist« und schreibe seit meiner Jugend auch große Orchesterwerke, habe eigentlich keine Probleme, meine Noten mit dem PC oder einem Keyboard einzuspielen, ab und zu wäre jedoch eine einigermaßen zuverlässige Notenscan-Software schon sehr praktisch. Aber nach meiner Erfahrung ist das bisher noch eine ziemliche Utopie. Aber die Zeit wird's vielleicht bringen …
Grüße aus Bayern
P.S. Slangtimes ist ein »geiler« und sprachlich sehr erfrischender Blog :-) Gefällt mir außerordentlich gut.
Dank dir, deine Anmerkungen nützen sicher auch anderen, die sich überlegen, ihre sauer verdienten Kröten einschlägig anzulegen. Ich selbst habe einfach das Zählen nicht drauf und bin dankbar, wenn ich was hören kann, um das dann auch rhythmisch hinzukriegen. Und ich genier mich auch nicht zu sagen, dass ich Leute wie euch Kompositeure enorm bewundere, bisschen so 'n Kopf hätt ich auch gern. Was die Notation für eigene kleine Ideen angeht, nehme ich einfach einen Linienvordruck für die Gitarre, den ich im Web gefunden habe (jede Linie eine Saite), und halte das dann mit Punkten, Linien & Akkordbezeichnungen fest ... geht ja nur ums Nichtvergessen ... ab einem gewissen Alter bleibt ja nichts mehr hängen ...
Cheers
Apropos: Nürnberg ist auch noch in Bayern, obwohl ich mich als Traunsteiner seinerzeit bei den Franken erst eingewöhnen musste ...
Ich bin Musiker und arbeite seit 20 Jahren mit Logic auf mac. Ich habe nun eine "Macfähige" Version Scanscore gekauft in der Meinung dass mit ein bisschen Übung die Probleme sich minimieren lassen.
Ich habe 100.- Schweizer Franken für dieses Programm bezahlt. Es mag sein dass die technische Herausforderung für ein solches Programm immens sind, nichts desto trotz halte ich ScanScore auf Mac für absolut untauglich und ich fühle regelrecht betrogen.
Hi Rene, 'n Hunderter ist schon happig für was, was nicht wie ausgepriesen funktioniert. Und so hoch die Herausforderungen an die Software auch sein mögen, die Zeiten der vom Kunden finanzierten Bananensoftware sollten eigentlich vorbei sein. Hätte man jedenfalls meinen mögen ...
Cheers!
Jetzt gibt es übrigens ScanScore 3, aber kein Upgrade von ScanScore 2 nach ScanScore 3. Man muss die neue Version voll bezahlen. Auch nicht schön!
... nannte man mal Bananensoftware... solange man das nicht 'n Monat - mit 'ner Vollversion - auf Herz und Nieren ausprobieren kann, würde ich dafür nicht noch mal löhnen ...