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»Mickey Bak­ers Jazz­gi­tar­re« – der Klas­si­ker der Jazz­li­te­ra­tur en detail

Mickey Bak­er? Mit die­sem Namen wird wohl kaum einer groß was anfan­gen kön­nen, und doch gibt es ver­mut­lich nie­man­den, der sei­ne Gitar­re nicht schon mal gehört hat: auf Joe Tur­ners »Shake, Ratt­le & Roll«? Auf »Money Honey« oder »Such a Night« von den Drift­ers? Big May­bel­les »Who­le Lot of Shakin’ Going On«? Oder auf einer von Hun­der­ten von Hits von alten Käm­pen wie Big Joe Tur­ner, Lou­is Jor­dan, Cole­man Haw­kins, Doc Pomus, Ray Charles, Ivo­ry Joe Hun­ter und Ruth Brown? Mit Sicher­heit hat jeder mal »Love Is Stran­ge« von Mickey & Syl­via in dem Kult­klas­si­ker Dir­ty Dancing gehört … 

Angeb­lich hat­te Mickey Bak­er neben Chuck Ber­ry und Bo Didd­ley mit den größ­ten Anteil dar­an, den Rhythm & Blues in den Rock & Roll zu über­füh­ren. Nur ehr­lich gesagt, das sprengt mei­ne Kom­pe­tenz, damit habe ich mich nie so recht befasst. Mir geht es hier nicht um eine Hom­mage an den Mann, und dass mein Arti­kel heu­te erscheint, an dem Tag, an dem der 1925 gebo­re­ne Mickey Bak­er 96 gewor­den wäre, liegt ein­fach dar­an, dass ich vor eini­gen Tagen etwas ent­deckt habe, was ich vor fünf­zig Jah­ren hät­te brau­chen kön­nen. Ich habe hier schon mal bei­läu­fig erwähnt, dass ich immer wie­der mal einen Anlauf unter­nom­men habe, Mickey Bak­ers klas­si­sche Gitar­ren­schu­le »Mickey Baker’s Jazz Gui­tar« durch­zu­ackern. Ich habe da mei­ner Ent­täu­schung über eine Scan-Soft­ware für Noten­blät­ter Luft gemacht und dabei – eher aus der kal­ten Lamäng – gemault, dass es noch immer kei­ne Begleit-CD zu dem 1955 erst­mals erschie­ne­nen Klas­si­ker gebe. Tja, und genau dar­um soll es heu­te gehen … 

Wie­der mal auf der Suche wenigs­tens nach ein­zel­nen Hör­pro­ben aus der Bak­er­schen Gitar­ren­schu­le stieß ich auf die schlicht genia­le Sei­te eines gewis­sen Micha­el Joy­ce »Advan­ced Gui­tar Stu­dy Group«. Ihr Unter­ti­tel »Using The Clas­sic ›Mickey Baker’s Com­ple­te Cour­se in Jazz Gui­tar — Book 1‹ ist das Under­state­ment des Mil­le­ni­ums, zumal im Inter­net, wo alle den Mund nun wirk­lich viel zu voll neh­men. Der Mann »benutzt« nicht etwa Bak­ers Lehr­werk, erklärt es! Alle 52 Lek­tio­nen wer­den hier Note für Note mit unver­gleich­li­chem Sach­ver­stand musik­tech­nisch aus­ein­an­der­ge­nom­men, erklärt und wie­der zusam­men­ge­setzt. Oft weit über mei­nen Hori­zont und weit ein­ge­hen­der, als mich das je inter­es­sie­ren wür­de, was aber wirk­lich kei­ne Kri­tik sein soll, ich las­se ein­fach weg, was mir nichts sagt. Ist ja das Schö­ne am Selbst­un­ter­richt, dass man das lernt, was man spie­len möch­te, und nicht das, was man laut Kla­vier­leh­re­rin ler­nen muss, um ein gro­ßer Kon­zert­pia­nist zu wer­den, zu dem man doch hin­ten und vor­ne das Zeug nicht hat … 

Mir genügt, und ich spre­che wie immer nur für mich, dass mir hier eini­ge har­mo­ni­sche Zusam­men­hän­ge trans­pa­rent wer­den, die es mir ermög­li­chen, ein biss­chen sinn­vol­ler vor mich hin zu dudeln, als ich das bis­her konn­te. Mit Bak­ers Buch allein wäre das nie im Leben so deut­lich geworden. 

Und nicht nur hat auf Micha­el Joy­ces Web­site jede von Bak­ers Lek­tio­nen eine eige­ne aus­führ­li­che Sei­te, der Mann hat sich sage und schrei­be die irr­sin­ni­ge Mühe gemacht, das gan­ze Lehr­werk zu »digi­ta­li­sie­ren«, wie ich mal sagen möch­te, und die ent­spre­chen­den Datei­en als Down­loads bereit­zu­stel­len. Das Gan­ze gibt es als gezipp­te Pake­te; die MIDI-Datei­en sind jedoch nicht nur sol­che, son­dern ent­hal­ten auch sämt­li­che Noten nebst Tabs im For­mat TEF. Letz­te­re gehö­ren zur Nota­ti­ons­soft­ware Tab­lEdit, die ich mir für €50 auch gleich gezo­gen habe, die Datei­en auf der Web­site sind für lau abzu­grei­fen. Auf die Soft­ware kann ich hier nicht wei­ter ein­ge­hen, da ich sie – erst mal – allen­falls dazu benut­ze, Bak­ers Lek­tio­nen ein­zu­üben. Aber es sind fast 2000 Datei­en! Schon weil Joy­ce über Bak­ers Lehr­stoff hin­aus auch zu allen Lek­tio­nen Alter­na­ti­ven und wei­ter­füh­ren­de Vor­schlä­ge lie­fert. Für mei­ne eige­nen Nota­tio­nen möch­te ich bei MuseS­core blei­ben, das habe ich mitt­ler­wei­le ein biss­chen drauf und außer­dem ist der MIDI-Sound unver­gleich­lich gut und vari­an­ten­reich, umso mehr, wenn man ihn mit dem doch etwas schep­pern­den Sound von Tab­lEdit ver­gleicht. Aber auch das kei­ne Kri­tik an Micha­el Joy­ces monu­men­ta­ler Arbeit. 

Zu den jewei­li­gen TEF-Datei­en gibt Joy­ce detail­lier­te Anga­ben, wie mit ihnen in Tab­leE­dit das bes­te Ergeb­nis zu erzie­len ist. Und das mit Screen-Shots! Das sieht in etwa so aus: 

Bei­spiel aus Les­son 4

Ich möch­te mich hier wirk­lich nicht zu der Behaup­tung ver­stei­gen, ich hät­te den Slo­gan auf dem Revers von Bak­ers Büchl – »Der Weg zum per­fek­ten Jazz-Gitar­ris­ten« – auch tat­säch­lich umge­setzt, hät­te ich all die­se Mit­tel vor 40 Jah­ren zur Ver­fü­gung gehabt, aber ich bin’s durch­aus auch schon zufrie­den, ein biss­chen geschmei­di­ger und ein­falls­rei­cher zu dudeln als bis­her. Ohne gleich Musik stu­die­ren zu wol­len. Und da ist Bak­er nun mal genau der Rich­ti­ge. Da geht’s ohne gro­ßes theo­re­ti­sches Gela­ber in medi­as res. Und mit Micha­el Joy­ce hat man nun auch das, Par­don, theo­re­ti­sche »Gela­ber«, das sich jedoch auf einen ganz per­sön­lich abge­stimmt por­tio­nie­ren lässt. Und auf etwas zurück­grei­fen, was man zunächst weg­ge­las­sen hat, kann man ja auch jederzeit … 

SlangGuy

Übersetzer & Wörterbuchmacher

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