Das Vorwort zu Arnold Genthes, Deutsches Slang habe ich bereits hier vorgestellt., und wir sind nun bald am Ende des Bändchens. Interessant ist, dass Genthe 1892 kaum etwas – sei es ein Wort, sei es eine Wendung – bringt, das wir nicht heute als solides Umgangsdeutsch bezeichnen würden, das es damals aus diversen Gründen noch nicht gab, Genthe aber letztlich zu beschreiben oder einzuführen versucht. Einige wenige seiner Einträge sind verschwunden oder womöglich in dem Dialekt verblieben, aus dem sie wohl kamen, und wiederum einige davon sollte es noch geben …
72 Wuppdizität — zerpolken.
Wuppdizität, f. Geschwindigkeit. Elastizität.
Interessanterweise gibt es dieser Tage, also satte 130 Jahre später, laut Angaben der ganz famosen Website Sprachnudel mit Schwuppdizität eine doch recht ähnliche Bildung. Die Bedeutung von Schwuppdizität bezieht sich freilich offenbar vor allem auf das Tempo eines Computers – auch etwas, was vor 130 Jahren noch keiner hätte ahnen können. Ein ITler definiert diese Maßeinheit als »die gefühlte Geschwindigkeit eines Computers beziehungsweise eines elektronischen Gerätes. Das heißt: Manche Userinnen und User finden, dass der Wechsel von Windows auf Linux eine erhöhte Schwuppdizität mit sich bringt, also, dass Linux schneller und ›geschmeidiger‹ arbeitet als Windows«. (Wie wahr, wie wahr, kann ich da nur hinzufügen. Und wurde mein alter Laptop schon mit Ubuntu flotter, legte er mit dem letzten Update auf die Qualle hinsichtlich Schwuppdizität noch mal zu.) Das DWDS führt unter den etymologischen Anmerkungen zu schwupps auch die »Wuppdizität« an. Wir hatten ja hier auch bereits schwuppdich!
Wurst, f., (gew. Wurscht) Red.: das ist mir Wurſt = gleichgültig, einerlei; Wurstigkeit, f., Gefühl der allgemeinen Wurstigkeit — allgemeine Indifferrenz; Wurst wider Wurst — wie du mir, so ich dir; wursteln, v. int., (wurschteln) geschäftig hin und her eilen (s. rumwurſteln).
Dass einem etwas »wurscht« sein kann, dürfte heute jedem Deutschprachigen geläufig sein. International bekannt wurde das Adjektiv dann als Nachname durch den Eurovision Song Contest 2014 dank des Travestiekünstlers Conchita Wurst: »Den Namen Conchita bekam die Diva von einer Freundin aus Kuba und behielt ihn bei. Den Nachnamen wählte sie, ›weil es eben »wurst« ist, woher man kommt und wie man aussieht‹.« In einer Episode der britischen Panel-Show Have I Got a Bit More News For you rätselte man damals anhand einer wörtlichen Übersetzung unserer Wendung ins Englische: »it’s all sausage to me«. Es herrschte Ratlosigkeit ob der Merkwürdigkeit unserer deutschen Sprache. Dabei haben die Briten mit »not a sausage« (mit der Bedeutung: »absolut / rein gar nichts«) selbst eine merkwürdige Wurst-Wendung, deren Entstehung einem sich einem nicht so recht erschließen will. Außerdem fiel in der Sendung die Behauptung, Prinz Philipp bezeichne seine Queen zärtlich als seine »sausage«. Was durchaus seine Logik hätte, nannte man die Deutschen doch vor hundert Jahren nicht nur »Krauts«, sondern auch »Sausages«: »In the World War … our soldiers not only sang about the ‘Huns’, ‘Krauts’, and ‘sausages’, but they even took a fling at the French.«1
Wurstkessel, m., Red.: im Wurstkessel sitzen etc. in der Enge sein, in einer mißlichen Lage sich befinden, in der Klemme sitzen.
Wuschelkopf, m., Kopf mit lockigem, dichtem Haar; wuschelig, a., lockig.
wuschen, v. int., hinfahren über etw., fegend über etw. hinwischen.
wüst, a., I. schwindlig. z. B.: mein Kopf ist ganz wüst; 2. unordentlich, wüst durcheinander: hier sieht es ja wüst aus.
wutschen, v. int., huschen, leise gehen, entwischen; s. rauswutschen.
X
X⸗Beine, pl., nach auswärts, wie ein X gestellte Beine.
X⸗beliebig, a., ganz beliebig.
Z
zappelig, a., ungeduldig.
Zauber, m., 1. Festlichkeit, Aufführung etc., z. B.: bei A’s ist heute Abend großer Zauber; 2. allgemein für Sache gebraucht, wie Geschichte (. d.) z. B.: ſauler Zauber!; den Zauber kennen wir etc.
Zaunpfahl, m., Red.: Wink mit dem Zaunpfahl = sehr deutlicher Wink, nicht mißzuverstehende Andeutung.
Zeisig, m., lockerer Zeisig = leichtsinniger Mensch.
zerbeln, v. int., prickelnd jucken.
zerknautschen, v. tr., zerknittern.
zermatschen, v. tr., zu Brei machen, ſ. Matsch.
zerpolken, v. tr., etw. zerpflücken. s. polken.
zertöpfern — zwiebeln. 73
zertöpfern, v. tr., zerbrechen, zerwerfen, entzwei schlagen, bes. von Geschirr.
Interessanterweise führt Genthe statt des wohl bekannteren »zerdeppern« hier eine Form auf, die wohl heute keiner mehr kennt, und vermutlich würde auch niemand »zerdeppern« mit »töpfern« verbinden. Der Grimm hat dazu Folgendes:
Meine bewährte Duden-DVD (bei mir im täglichen Gebrauch & trotz des stolzen Preises nach ihrem Erscheinen immer noch jeden Cent wert!) schlägt in dieselbe Kerbe:
Das mittlerweile unschlagbare DWDS, das nichts kostet und jedermann auf Tastendruck zur Verfügung steht, lässt sich da auch nicht lumpen:
Außerdem bietet das DWDS auf denselben ersten Blick eine wunderbare Auswahl von Synonymen für »zerdeppern«:
Synonymgruppe
demolieren · einschlagen · in Schutt und Asche legen · in Trümmer legen · kaputt machen · kaputtmachen · niederreißen · ruinieren · vernichten · verwüsten · von Grund auf zerstören · zerbrechen · zerfetzen · zerschlagen · zuschanden machen ● zernichten veraltet, dichterisch · zerstören Hauptform · (etwas) plattmachen ugs. · destruieren geh. · devastieren geh. · einhauen ugs. · himmeln ugs. · hinmachen ugs. · schrotten (Gerät, Maschine, Möbel) ugs. · torpedieren geh., fig. · trashen ugs. · zerdeppern ugs. · zerhackstückeln ugs. · zunichtemachen geh.
Synonymgruppe
(etwas) kleinschlagen · entzweischlagen · in Stücke schlagen · zertrümmern ● (etwas) zerschlagen auch figurativ · kurz und klein schlagen fig. · Kleinholz machen (aus) ugs., fig. · in Kleinholz verwandeln ugs., fig. · in Stücke hauen ugs. · in seine Einzelteile zerlegen ugs., verhüllend, ironisch · kaputthauen ugs. · kaputtschlagen ugs. · zerdeppern ugs. · zu Kleinholz machen ugs., fig. · zu Kleinholz verarbeiten ugs., ironisch, fig.
Z
zertrampeln, v. int., zertreten.
Zeug, n., 1. für Sachen überhaupt, bes. für etw. Unbekanntes, dessen Benennung man nicht kennt: das Zeug schmeckt nicht schlecht (von Speisen); 2. Unnützes, Unbrauchbares aller Art; 3. Red.: was das Zeug hält = ganz gehörig, so stark wie möglich.
ziehen, v. int., Effekt, Eindruck machen, z. B. von einem Theaterstück.
ziepen, v. tr., an den Haaren zupfen, zerren.
zieren, v. refl., spröde, stolz, affektiert thun.
zimperlich, a., ängstlich, schüchtern.
Zinken, m., (derb) Nase.
Zopf, m., Red.: jem. auf den Zopf spucken (derb) = jem. ausschelten, jem. den Standpunkt klar machen.
Zotteln, pl., lange Haare; zotteln, v. int. langsam gehen, fahren etc.
zusammenläppern, es läppert sich zusammen — es mehrt sich nach und nach, kleinere Geldposten repräsentieren allmählig eine große Summe, (auch zuſammenleppern).
zusammenschrumpeln, v. int., eintrocknen, zusammenschrumpfen.
zuschustern, v. tr., beisteuern zu etw.
zwei beide, Red., pleonastisch für beide: wir zwei beide.
zwiebeln, v. tr., jem. quälen, plagen, peinigen, ärgern.
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