Ich weiß, ich weiß: Ich schwinge mich wieder mal auf mein Steckenpferd & gebe ihm die Sporen, dass die Fetzen – ?Späne ?Splitter ?Raspeln (ist gar nicht so einfach, das richtige Wort zu finden, zumal eigentlich – Aah! – das Bild auf ein Pferd Bezug nehmen sollte. Aber Moment mal, ich spreche von einem Steckenpferd!) – nur so fliegen. Und ist es im Zeitalter der Cartoon-(?ist das nun Comic oder Cartoon)-Politik, in die wir mit der Wahl »des Donalds« offiziell eingetreten sind (»der Boris« setzte die Tradition wacker fort), überhaupt noch von Bedeutung? Natürlich nicht, scheiß drauf, überschreiten wir ruhig »rote Linien« statt Grenzen oder »anstatt dass« (ist wenigstens deutsch) wir »einfach zu weit gehen«. Sag ich ja: Steckenpferd.
Aber bleiben Sie dran …
Es gab mal eine Zeit, da beschränkten sich lausige Übersetzungen eher auf den Schulunterricht. Der Mensch brauchte ja auch nur in der Schule zu übersetzen, und außer dem Lehrer brauchte niemand etwas von den dabei produzierten Klöpsen zu erfahren, geschweige denn darunter zu leiden. Mit dem Schulabschluss war für die Untalentierten die Phase ihres unseligen Wirkens als Übersetzer vorbei. In Zeiten des Internets hat sich das radikal geändert. Heute sieht sich praktisch jeder über die Schulzeit hinaus tagtäglich mit fremdsprachlichen – in der Regel englischen – Texten konfrontiert, die er entweder für sich eindeutschen muss oder – um der breitflächigen Wirkung willen – für andere selbst eindeutschen zu müssen meint. Und da beginnt ein Problem, das ich mal als die »Demokratisierung des Übersetzens« bezeichnen will. Und da das nun mal allzu oft im Internet & damit in aller Öffentlichkeit passiert, gibt dieser Drang dem Begriff des »Wirkens« eine finstere, ja, fatale Realität.
Ebenso typisches wie womöglich nervigstes Symptom dieses Trends ist die Wörtlichkeit, mit der da drauflosübersetzt wird. (»Wörtlichkeit« heißt in der Regel nicht zuletzt, auf falsche Freunde hereinzufallen.) Und eines der nervigsten Beispiele hierfür ist das nun wirklich allgegenwärtige »mächtig« für das englische »powerful«. Sie haben keine Ahnung, wovon ich spreche?
Hol Dir das CS2, das ist ein mächtiges Programm, mit dem man viel machen kann. Gruß St…
„Ein mächtiges Werkzeug“. Fernwartung Dank intelligenter Datenanalyse warnen Maschinen bereits vor Störungen, bevor diese auftreten. Ersetzen Algorithmen …
26.08.2016 — Mächtige Software entdeckt Beispiellose Spionage auf iPhones. Desaster für Apple: Experten haben eine neue Spionagesoftware entdeckt, …
Eine sehr mächtige Software, sie fügt sich sehr gut in den Bereich zwischen … Diese Idee und die mächtige Software hinter diesem einfachen Knopf.
… eine mächtige Maßnahme, um die Produkt-Qualität auch im Umfeld der immer komplexer werdenden mechatronischen Systeme effektiv sicherzustellen und …
Ich meine, dass man in allen diesen Fällen mit einem anderen Wort besser bedient wäre. Die hier angesprochenen Sachverhalte haben nichts mit »Macht« zu tun. Und wenn Sie jetzt sagen, im Englischen steht doch was von »power«, dann stimmt das schon, natürlich, aber eben im Englischen. Das ist aber eine andere Sprache als das Deutsche. Hinter der ein anderes Denken steht. Und dem sollte man beim Übersetzen Rechnung tragen. Man wäre in den zitierten & ähnlichen Fällen etwa mit »effektiv«, »wirksam«, »leistungsfähig«, »nützlich«, »durchschlagend«, »universell«, »vielseitig«, ja selbst mit »nützlich« besser bedient; und wenn einem das angesichts der im Englischen implizierten »power« zu schwach scheint, dann kann man mit einem intensivierenden Zusatz nachhelfen, etwa mit »enorm«, »ausgesprochen«, »äußerst«, »höchst«, »recht« oder einfach »sehr«.
Sehen wir uns doch einige einschlägige Definitionen an:
powerful adjective
1.… able to control or influence people and events.
2. all-powerful
3. You say that someone’s body is powerful when it is physically strong.
4. A powerful machine or substance is effective because it is very strong. »…powerful computer systems.«
»Alcohol is also a powerful and fast-acting drug.«1
oder
powerful adjective
1 : having great power, prestige, or influence <a powerful leader>
2 : leading to many or important deductions <a powerful set of postulates>2
oder
Definition of powerful for English Language Learners3
: having the ability to control or influence people or things
: having a strong effect on someone or something
: having or producing a lot of physical strength or force
oder
pow·er·ful
adj.
1. Having or capable of exerting power.
2. Effective or potent: a powerful drug.
3. Chiefly Upper Southern US Great: “[Everybody had] a powerful lot to say about faith and good works and free grace … and I don’t know what all” (Mark Twain).
adv.
Chiefly Upper Southern US
Very: It was powerful humid.4
Im Deutschen:
mächtig
1. Macht besitzend, einflussreich
»ein mächtiger Herrscher, Diktator«
2. ⟨einer Sache, seiner mächtig sein⟩ gehoben
a)
⟨einer Sache mächtig sein⟩ etw. können, beherrschen
Beispiel: »er ist der deutschen, französischen Sprache mächtig, er ist des Wortes, der Rede mächtig«
b)
⟨einer Sache, seiner mächtig sein⟩
oft verneint
etw., sich in der Gewalt haben
Beispiele: »er war seiner Sinne, seiner selbst nicht (mehr), kaum noch mächtig« »sie war ihres Wortes, ihrer Sprache kaum mächtig (= konnte kaum sprechen)« / »er war wegen des Alkohols seiner physischen Kräfte nicht mehr mächtig«
3.
von beträchtlicher Größe, Ausdehnung, umfangreich
Beispiele: »ein mächtiges Tier; eine mächtige Gestalt; ein mächtiger Baum, Felsen, Fluss«
»Wir mußten zu vieren eine mächtige Wanne voll Kartoffeln … schälen« [RinserGefängnistagebuch25]
4.
umgangssprachlich
von hohem Grad, sehr groß
Beispiele:
wir haben (einen) mächtigen Hunger
er bekam einen mächtigen Schreck
er hatte mächtig Glück, einen mächtigen Dusel
adverbiell
sehr
Beispiele:
mächtig aufpassen
sich mächtig freuen, ärgern, aufregen
er fror, schwitzte mächtig5
Oder schlagen wir im Duden nach:
mäch|tig <Adj.> [mhd. mehtic, ahd. mahtig]: 1. a) große Macht (3), Gewalt besitzend od. ausübend, von großer Wirkung, einflussreich: ein ‑er Staat; ein ‑es Reich; ‑e Bosse, Unternehmer; der ‑ste Mann Russlands; wenn sie warnen, dann zittern die scheinbar so ‑en Parteivorstände (Dönhoff, Ära 50); die Gewerkschaften waren zu m.; … dass Worte ‑er sind als Handlungen (Roth, Beichte 63); <subst.:> die Mächtigen dieser Welt; b) *einer Sache m. sein (geh.; etw. aufgrund entsprechender Fähigkeit[en] können, beherrschen): des Englischen, der Rede m. sein; einer Sache, seiner [selbst] m. sein (etw., sich [selbst] in der Gewalt haben): seiner Sinne, Worte, seiner [selbst kaum] noch m. sein. 2. a) beeindruckend groß, umfangreich, ausgedehnt, stark; von beeindruckendem Ausmaß, Grad; gewaltig (2 a): ein ‑es Felsmassiv; ein ‑er Wald; eine ‑e Eiche, Woge; ‑e Kuppeln; der Hirsch hat ein ‑es Geweih; Sein Kopf steckte tief zwischen ‑en runden Schultern (Rinser, Jan Lobel 53); ein ‑er (mit viel Schwung ausgeführter, weiter) Sprung, Satz; ein ‑er (überaus kraftvoller) Schlag; mit ‑er Stimme sprechen; Noch einmal schien der Komsomol einen ‑en Aufschwung zu nehmen (Leonhard, Revolution 55); Es besteht aber ein ‑er Unterschied zwischen der Liebe, die man als Überzeugung besitzt, und der Liebe, die einen besitzt (Musil, Mann 1304); b) (landsch.) sehr sättigend; schwer: Er (=der Windbeutel) ist eine … zum Kuchen ausgehöhlte Semmel, mit ‑er Schlagsahne angefüllt (Jacob, Kaffee 191); das Essen ist mir zu m.; c) (bes. Bergmannsspr.) (von Schichten o.Ä.) dick (2 a): ein etwa 10 Meter ‑es Flöz. 3. (ugs.) a) sehr groß, stark, beträchtlich: ‑en Hunger, ‑e Angst, ‑es Glück haben; b) <intensivierend bei Adj. u. Verben> sehr, überaus; bes. stark, heftig: m. viel, groß, erstaunt; Da muss irgendwas m. faul dabei sein (Remarque, Obelisk 19); Es ist ein m. feines Haus gegen das, wo ich gewesen bin, was? (Fallada, Jeder 333); sich m. beeilen; sich m. freuen, amüsieren; Hermanns Geschenke hatten ihr im Waldkrankenhaus m. geholfen (Bieler, Bär 242); Und nachher in Travemünde hatten es alle Damen m. mit ihm (Hausmann, Abel 123). © 2000 Dudenverlag
Nirgendwo ist eine Definition genannt, die eine »mächtige Software« oder ein »mächtiges Werkzeug« rechtfertigen würde. Weder Software, noch Werkzeug hat »Macht« – sie geben einem bestenfalls Macht an die Hand. Aber ich hätte noch nicht mal etwas gegen das »mächtig« in diesem Sinne, wäre es auf deutschem Mist gewachsen und eben keine unfähige Übersetzung des englischen »powerful«. Gemeint ist, dass etwas leistungsfähig ist, vielseitig ist. Siehe oben.
Unsere Englisch-deutschen Wörterbücher haben ausgezeichnete Lösungen für dieses »powerful«, wenn es nicht tatsächlich mit »Macht« zu tun. Und nicht nur die neueren:
powerful, I. a. (~ly, adv.) 1. stark, mächtig, gewaltig ; ~ in frame, v. starkem Körperbau; 2. kräftig, wirksam; 3. einflußreich; 4. (v. optischen Instrumenten) stark vergrößernd, stark; 5. Am. vulg. riesig, gewaltig, groß. II. adv. Am. vulg. sehr, riesig, außerordentlich). ~ness, 1. die Macht, Gewalt; 2. die Kraft, Stärke, Wirksamkeit.6
»A powerful drug« ist eben kein »mächtiges Medikament«; es gilt hier im Deutschen zu suchen, welche Adjektive sich eignen, die besondere Wirksamkeit von Medikamenten zu beschreiben. »A powerful speech« ist keine »mächtige Ansprache«. Klicken Sie den Screenshot oben mal an und überlegen Sie, ob die Lösungen unten nicht wirkungsvoller (und nicht »nicht mächtiger«) sind.
Daran ändert übrigens auch die bescheuerte deutsche Schöpfung »wirkungsmächtig« nichts, die offensichtlich Kulturschaffende in ihrer Selbstverliebtheit für von derart durchschlagender Wirkung halten, dass sie meinen, sie könnten mit einem »wirkungsmächtigen« Aufruf an die Adresse der iranischen Schlächter dort jemanden vor Folter und Tod bewahren. Aber immerhin scheint sie auf deutschem Mist gewachsen.
Um es kurz zu machen: In der Regel darf man bei solchen wörtlichen Übersetzungen davon ausgehen, dass der »Übersetzer« schlicht nicht weiß, was da im Original steht, dass er den Satz bzw. dessen Aussage nicht kapiert hat & dass er die deutsche Sprache nicht beherrscht. Nur, seine unfähige Übersetzung, ‚die sich daraus zwangsläufig ergibt, beeinflusst Tausende von anderen sprachlich Tauben.
Spielt das eine Rolle? Nun, mehr denn je, so denke ich, in einer Zeit, in der man tatsächlich zur Verbrämung seiner faustdicken Lügen von »alternativen Fakten« spricht. In einer Zeit übrigens auch, in der gewachsene deutsche Medien, seien es die öffentlich rechtlichen Sender, seien es unsere Printmedien – ob SZ, FAZ, Welt oder Spiegel, nicht zu vergessen all die wackeren deutschen Lokalblätter von weiten Kreisen der systematischen Lüge bezichtigt werden. Sorry, Leute, selbst wenn bei denen sich mal einer irrt oder gar lügt, er wird sich früher oder später verantworten müssen. Und das muss keiner der kleinen und großen Lügner & Spinner, auf die Querdenker und QAnon so gern verweisen; die können ungehindert weiterhin ihren verlogenen Scheiß erzählen. Den ihre gehirnamputierten Anhänger begierig aufschlabbern – nehmen Sie nur einen widerwärtigen Zeitgenossen wie Alex Jones, der die Eltern der Opfer von Sandy Hook als bezahlte Schauspieler bezeichnete, die seiner Ansicht nach im Rahmen eines staatlichen Komplotts auftraten, der auf die Verschärfung der Waffengesetzgebung abzielte. Und bei alledem verkaufte er seinen offenbar schwachsinnigen Anhängern Testosteron-Booster für den »Widerstand im Kampf gegen die globalistische Agenda«, zu schweigen von seinem »Survival Shield X‑2 – Nascent Iodine«, mein Übersetzerhirn tritt in den Ausstand ob solchen Schwachsinns: »Überlebensschild X‑2 – Naszierendes Jod«.7 Und das in dreistelliger Millionenhöhe. Das mag jetzt nichts mehr mit Übersetzen zu tun haben, aber umso mehr mit Sprache, und die ist im Original wie in der Übersetzung nichts weiter als Powerful – will sagen Mächtiger Mist.
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