Die Welt geht den Bach runter, volle Segel und mit dem Außenborder auf Anschlag, und wir haben nichts Besseres zu tun, als unsere Zeit mit Idioten und Idiotien zu verschwenden: Wir wählen sie, wir folgen ihnen, klicken hinter ihnen her, regen uns über sie auf. Kann das daran liegen, dass wir selbst Idioten, Pardon, Idioten und Idiotinnen sind? Sie sehen, was ich meine? Nein? Okay, dann für die Langsamen – es sind ja immer die anderen – zum Mitschreiben. Kleinteilig, wie das im heute angesagten Jargon wohl heißt …
Frage: Wie konnte jemand wie Donald Trump Präsident werden? Präsident der mächtigsten Nation der Erde obendrein. Wer wählt so einen? Wie kann ein Wähler – oder überhaupt irgendjemand – übersehen, dass der Mann die letzten Jahre über – und vermutlich seit jeher schon – lügt, Schwachsinn redet oder einfach nur auf die Kacke haut, wenn er auch nur den Mund aufmacht?
Antwort: Trump wurde a) von Leuten gewählt, die seine Ansichten ohnehin teilten, ob sie das nun wussten oder nicht, und b) von Leuten, die ihm – aus welchen Gründen auch immer – alles abkaufen, was er sagt.
Ersteres ist einfach zu verstehen: Im Meinungsspektrum vom Schwachsinn am einen bis hin zum Schwachsinn am anderen Ende war schon immer alles drin. Zweiteres Phänomen ist für mich weniger einleuchtend, aber offenbar nicht weniger normal, wie ein Beispiel im kleinen weit überschaubarer zeigt: Da berichtete die SZ dieser Tage unter dem Titel »Digga, das ist doch geisteskrank!« über den »Run« auf einen Supermarkt in Regensburg, nachdem ein Rapper dort für Schokolade werben sollte. Ich weiß nicht, wer dieser Rapper – AbuGoku ist – und es spielt hier auch keine Rolle, für mich zählt hier nur, dass der Artikel ihn als »Influencer« bezeichnet.
Das wiederum, so weiß Wikipedia, seien »Multiplikatoren« , »die ihre starke Präsenz und ihr Ansehen in sozialen Netzwerken nutzen, um beispielsweise Produkte oder Lebensstile zu bewerben«. Ah ja, ich verband damit bisher in der Hauptsache aufgespritzte Tussen, die vor ihrer Botoxbehandlung vielleicht sogar ganz hübsch gewesen sein mochten, danach aber eher in Richtung abscheulich gehen. Aber um Geschmack – oder den Mangel an selbigem – soll es ja hier nicht gehen. Solche Influencer, so lese ich weiter, lassen sich anhand ihrer Followerzahl einteilen und benennen, wobei Multiplikatoren mit 1.000.000 Jüngern als »Mega-Influencer« zu bezeichnen seien.
Wie auch immer, da schlugen »1200 Teenies in einem Supermarkt auf, um ihren Influencer … für Schokolade werben zu sehen«; zum Chaos sei es gekommen, man habe die Aktion nach einer halben Stunde abbrechen müssen und »bis auf eine blutige Unterlippe sei alles glimpflich ausgegangen«.
Bevor wir das jetzt hochrechnen auf amerikanische Verhältnisse mit Trump als »Multiplikator«, sprich »Mega-Influencer«, machen wir doch erst mal einen kleinen Selbsttest. Sie kennen alle – selbst auf guten Webseiten (gerade bei denen muss der Schlot ja von was rauchen) – die »Köderboxen«, die uns zum Klicken verführen sollen, indem sie uns – wie clever! – bei unseren niedersten Instinkten zu packen versuchen, deren harmlosester wohl die Neugier ist, dann kommt die Dummheit, dazwischen liegt irgendwo und überall die Geilheit. Gucken Sie selbst:
Sehen Sie? Rechts und links die Geilheit und in der Mitte die Neugier, was die vollschlanke Dame an Vermögen gebunkert hat und warum wir ihr selbiges nicht gönnen sollen. Ungeachtet der Tatsache, dass ich keine Ahnung habe, wer die Frau ist. Oder nehmen Sie folgende Zeile:
Wow! Wenn ich mal davon ausgehe, dass die Hose nicht durch Gewichtszunahme am Tag 3 nicht mehr passt (kann ja jeder), dann gibt es also gleich drei solcher Supermittel, die ohne jegliches Zutun unserer Selbst die Pfunde purzeln lassen, wie es auf den Titeln so vieler Zeitschriften heißt. Und auch noch Gummibärchen! Wahnsinn! Und keine Bange, es gibt nicht nur drei …
Also meine Frage: Wer ist nicht schon mal geil oder dumm oder auch einfach nur ahnungslos genug gewesen, auf diese Köder reinzufallen. Obwohl wir auf dem Grunde unserer schwarzen Seele wissen, dass wir verarscht werden. Und wer jetzt meint, er würde darauf auf keinen Fall klicken, dem sage ich, es gibt diese Köderboxen auf jedes Psycherl zugeschnitten, und auf die eine oder andere ist wohl jeder mal reingefallen: Heilpraktiken, Fitnessgeräte, Anlagetipps … Machen Sie sich da bloß nichts vor.
Unsere Anfälligkeit dergestalt konstatiert, nehmen wir Trump als »Mega-Influencer«, eine Medien-Persönlichkeit, die, wie hieß es da gleich wieder, »ihre starke Präsenz und ihr Ansehen in sozialen Netzwerken nutzen, um beispielsweise Produkte oder Lebensstile zu bewerben«. Oder eben Politik. Ist ja auch ein Lifesytyle. Man braucht sich ja nur anzusehen, was da an sittlichen Präferenzen bei Trump, Giuliani und Co. so ans Licht kommt. Und der politisch korrekte Mob braucht sich jetzt nicht groß in die Brust werfen, da viel besser zu sein: Es ist mehr als grenzwertig, anderen zu sagen, wie sie sich auszudrücken haben (ich spreche vom Gendern) oder Toleranz gegenüber religiösen Fanatikern zu predigen, die nach dem Sturz des Schahs munter weiter gefoltert haben. Der politisch korrekte Mob trägt eine gewaltige Mitschuld an dem, was einem Salman Rushdie passiert ist – machen Sie sich da gar nichts vor.
Der eine Influencer mag zum Besuch – definitiv nicht zum Sturm! – auf einen Supermarkt aufgerufen haben, um Schokolade zu verkaufen; der andere hat zum Sturm – definitiv nicht zum Besuch! – des Kapitols und damit letztlich zum Sturm auf die Demokratie aufgerufen. Ersterer hat die Aktion selbst über Megaphon rechtzeitig abgeblasen, Letzterer hat das bewusst unterlassen. Und mit Sicherheit hat Trump nie so etwas gesagt wie »Digga, das ist doch geisteskrank!« Nee, nicht doch, der gießt immer noch Öl ins Feuer. Der Mann ist ein Influencer und eine wandelnde Köderbox in Personalunion. Nur dass die Leute, die in der Wahlkabine auf ihn klicken, verarscht werden wollen. Auch wenn sich das Argument hier irgendwie in den Hintern beißt, die eigentliche Frage ist hier, was man sich von ihm verspricht.
Klickt man auf diese Art von politischen Köderboxen in dem Glauben, dass es vielleicht doch irgendwo Gummibärchen geben könnte, bei deren Konsum nach drei Tagen die Hosen nicht mehr passen? Oder dass es vielleicht doch etwas Besseres gibt als die Demokratie? Nein, ihr Idioten, gibt es nicht. Und mag sie noch so lahmen. Dass sie lahmt, liegt nicht zuletzt daran, dass auch die Politik ein Opfer der Entrüstungskultur geworden ist. Aber wie auch immer, es wird euch unter einem starken Mann auch nicht besser gehen als unter einer lahmen demokratisch gewählten Regierung. Mal abgesehen von denen unter euch, versteht sich, die da irgendwie abkochen können oder denen die geil auf einen Job in den nächsten Folterkellern sind.
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