Der Umstand, dass ausgerechnet der eben in Russland vermutlich auf Putins Geheiß umgebrachte Regimekritiker Alexei Nawalny der dreizehnte Eintrag meines Trump-Dictionnaires wird, ist reiner Zufall, aber wohl auf unselige Weise auch wieder passend. Dass der Mann gerade jetzt, in einem von Trump wesentlich mitgeschaffenem Klima, zu Tode kommt, macht ihn jedenfalls hier unentbehrlich, da er seinen vorzeitigen Tod so offensichtlich dem durchgeknallten organenen Troll aus den Vereinigten Staaten verdankt. Eigentlich hätte zunächst ein Artikel über Putin hierher gehört, aber das holen wir nach. So recht zu trennen sind die Einträge #Nawalny, #Putin, #Russland, #NATO und #FSB ohnehin erst mal nicht.
Am 15. oder 16. Februar 2024 starb der russische Regimekritiker Alexei Anatoljewitsch Nawalny, als Mensch mit Rückgrat das absolute Gegenteil eines korrupten Wurms wie Donald J. Trump. Uns politischen Laien wurde sein Name bekannt durch einen Giftanschlag auf ihn im August 2020. Damals in Berlin noch mal knapp mit dem Leben davongekommen, kehrte er nach Russland zurück. Jetzt erlag er den Folgen, wie es heißt, seines Martyriums im Straflager. Irina Scherbakowa, Gründungsmitglied der Menschenrechtsorganisation Memorial, 2022 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, schilderte die Verhältnisse dort bei Maischberger.
Hätte also durchaus seine Logik. Man könnte sich aber durchaus vorstellen, dass Putins Schergen nochmal nachgeholfen haben, damit der Mann ausgerechnet jetzt zu Tode kam. Aber wieso nun sollte Donald Trump mitschuldig sein an Nawalnys Tod?
Laut Craig Unger, einem amerikanischen Journalisten, der sich nun bereits in zwei Büchern mit Donald Trump, seiner Familie und seinen Geschäften befasst hat,1 geriet der Donald bereits 1977 ins Visier des sowjetischen Geheimdienstes KGB. Nun war Donald J. Trump 1977 noch nicht der Mann, den wir heute zu kennen meinen, sondern ein eher windiger Bauträger, der eben im Begriff war, durch Lügen und Connections sein erstes großes Projekt, die Renovierung des heruntergekommenen Commodore Hotels (heute das Grand Hyatt New York) einzufädeln.2 Aber der angehende Immobilienentwickler betrieb noch keine Kasinos, besaß kein Football-Team, war noch kein Bestsellerautor, kein Fernsehstar, hatte weder einen Privatflieger noch eine Yacht, zu schweigen von Mar-a-Lago. Aber er war zweifelsohne auf dem Weg nach oben, wenn auch – trotz der Lektionen in Sachen Politik seines Anwaltsfreunds Roy Cohn – ohne politische Ambitionen. Diese sollten ihm von ganz anderer Seite suggeriert werden.
Craig Unger zufolge begann 1977 auch Trumps Entwicklung zur politischen Figur, genauer gesagt mit seiner Heirat mit dem Tschechin Ivana Zelníčková, deren Vater vom tschechischen Geheimdienst (StB) überwacht wurde, der wiederum mit dem KGB im Bunde war. Und der maßlose Ehrgeiz Trumps, so Craig Unger, es seinem Vater zu zeigen und es von Queens nach Manhattan und von dort auf die Weltbühne zu schaffen, machte Ivanas Gatten für die Agenten des Ostblocks zum verlockenden Ziel.3
Merkwürdigerweise kaufte Trump Ende der 70er die Fernseher für das neue Hyatt im Elektrofachhandel eines Russen, der sowohl mit dem Mob als auch mit dem KGB verbandelt war. Ohne von dieser Verbindung zu wissen, freundete Trump sich mit dem KGB-Agenten an, der dem für Schmeicheleien extrem anfälligen Donald offenbar mächtig um den Bart ging. So besuchten Donald und Ivana schließlich 1987 die Sowjetunion. Einem Ex-KGB-Major zufolge, so die britische Zeitung The Guardian, hatte der KGB sich bereits intensiv mit Trumps Ego beschäftigt und begann mittels Schmeicheleien eine konstatierte intellektuelle Schwachstelle zu manipulieren. Man redete ihm womöglich zu dieser Zeit auch ein, doch in die Politik zu gehen. Kurz nach seiner Rückkehr schaltete Trump jedenfalls eine ganzseitige Annonce in der New York Times.
Es begann sich herumzusprechen, dass unser amerikanischer Idiot 1988 für die republikanische Präsidentschaftskandidatur kandidieren könnte, und kurz nach seiner Rückkehr aus Moskau schaltete er eine ganzseitige Anzeige in der New York Times, in der er erklärte, dass der amerikanischen Außenpolitik nichts fehle, was nicht mit etwas Rückgrat zu korrigieren sei.
Die Anzeige hatte die Form eines offenen Briefs an das amerikanische Volk, in dem er darlegte, warum Amerika nicht weiter für die Verteidigung von Ländern zahlen sollte, die es sich leisten können, sich selbst zu verteidigen.
Sie kritisierte die Außenpolitik Ronald Reagans und deutete Skepsis gegenüber unserer Beteiligung an der NATO an. An dem Abend, an dem die Anzeige zum ersten Mal erschien, trat er bei CNN auf, wo man ihn zur NATO befragte:
›Es gibt viele andere Länder, die einen enormen Vorteil daraus ziehen, einschließlich der NATO. Wenn man sich die Zahlungen ansieht, die wir an die NATO leisten, sind sie völlig unverhältnismäßig zu denen aller anderen, und das ist lächerlich.‹«
Nochmal zum Mitschreiben: Das war am 2. September 1987, kurz nach Trumps Besuch in der Sowjetunion.
Ob Trump nun 2016 tatsächlich mit den Russen im Bunde stand, um an die Präsidentschaft zu kommen, spielt kaum eine Rolle. Laut Trumps ehemaligem Anwalt, Michael Cohen, der nach seiner Zeit im Knast mächtigen Aufwind bekommen und selbst ein Buch über Trump geschrieben hat, sei das barer Unsinn:
Das Komplott soll während des Wahlkampfs 2016 eskaliert sein, als [ich angeblich] zu ›geheimen Gesprächen mit Kreml-Vertretern und ihren Agenten/Hackern‹ nach Prag gereist bin.
Dieses angebliche Komplott beruhte nicht nur auf den ruchlosen Interessen beider Seiten, sondern, schlimmer noch, auf offener Nötigung. Um ihren Agenten bei der Stange zu halten, so Steele,4 hätten die Russen Trump dabei gefilmt, wie er im Moskauer Ritz Carlton Prostituierten bei ›Golden Showern‹ (Urinspielen) zusah. Dieses Kompromat bedeutete, dass der Führer der freien Welt nicht nur ein Verräter, sondern auch Opfer einer Erpressung durch seine Führungsoffiziere im Kreml gewesen sei. … Ich bin alles andere als ein perfekter Mensch … aber die Fehler, die im Steele-Dossier gemacht wurden, sind genauso schwerwiegend wie alles, was ich je getan habe, wenn nicht noch schwerwiegender. Sie hofften, Donald Trump in eine Falle zu locken. Das ist nicht gelungen. … Das Steele-Dossier ist schlicht der größte Fehler, den je eine politische Partei gemacht hat, um die Korruption der anderen Partei aufzudecken.«5
Inwieweit auf Cohens Aussagen Verlass ist, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass ein Mann, der gute Chancen hat, noch einmal Präsident der Vereinigten Staaten zu werden, noch heute wiederholt, was er damals, 1987, gesagt hat, dass nämlich die NATO ihre »Rechnungen nicht bezahle«:
»Dasselbe hab ich mit der NATO gemacht – ich hab sie dazu gebracht, zu zahlen. Die NATO war pleite, bis ich auftauchte. Ich sagte, dass alle zahlen würden. Sie meinten: ›Also, wenn wir nicht zahlen, werdet ihr uns dann trotzdem beschützen?‹ Ich sagte: ›Kommt nicht in Frage.‹ Sie konnten die Antwort nicht glauben, und alle … man hat nie mehr Geld reinkommen sehen … Generalsekretär Stoltenberg war … ich weiß nicht, ob er es noch ist … aber er war mein größter Fan, er meinte, es wären all die Präsidenten gekommen, hätten eine Rede gehalten und sind dann wieder gegangen, und damit hatte es sich. Und sie alle schuldeten Geld und wollten nicht zahlen. Ich kam, hielt eine Rede und sagte: ›Ihr müsst zahlen.‹ Sie stellten mir die Frage, einer der Präsidenten eines großen Landes stand auf und fragte: ›Also, Sir, wenn wir nicht zahlen und von Russland angegriffen werden, werden Sie uns dann beschützen?‹ Ich sagte: ›Ihr habt nicht gezahlt, ihr seid säumig.‹ Er meinte: ›Ja, aber sagen wir mal, das dem so wäre.‹ ›Nein, ich würde euch nicht beschützen, ich würde die sogar dazu ermutigen, zu tun, was sie verdammt noch mal wollen. Ihr müsst zahlen, ihr müsst eure Rechnungen bezahlen!‹ Und das Geld floss in Strömen …«
Nimmt man dazu noch, dass er womöglich die Unterstützung der Ukraine streicht und zusammen mit seinem Oberschmeichler Putin das Ukraine-Probleme an einem halben Tag lösen will …
Ob und inwieweit Trump nun, wenn auch unwissentlich, ein russischer »Agent« oder tatsächlich nur eine durch jahrzehntelange Schmeichelei manipulierte Marionette ist, sei dahingestellt, der vom Kremls ausgenutzte American Idiot hat ein Klima geschaffen, das Putin dazu ermutigt hat, zur Endlösung zu blasen. Und das Halali dazu war die endgültige Beseitigung seines mutigsten Kritikers Andrei Nawalny. Donald Trump ist damit mitschuldig an Andrei Nawalnys Tod.
Und was sagt der rückgratlose orangene Wurm zu Navalnys Tod?
Nawalny ist eine sehr traurige Situation. Und er ist ausgesprochen mutig. Er war ausgesprochen mutig, weil er zurückgegangen ist. Er hätte wegbleiben können und wäre, offen gesagt, wahrscheinlich weit besser dran gewesen, wenn er weggeblieben wäre und von außerhalb des Landes was gesagt hätte, anstatt da unbedingt wieder zurückzugehen. Und es ist eine furchtbare Geschichte, aber genau das passiert auch bei uns. Wir verwandeln uns in vielerlei Hinsicht in ein kommunistisches Land. Und wenn Sie sich das anschauen, ich bin der Spitzenkandidat. Ich wurde … Ich habe noch nie was von einer Anklage gehört … dass man mir den Prozess macht. Viermal sollte ich angeklagt werden. Ich habe acht oder neun Prozesse, alle wegen des Umstands … dass …, und Sie wissen das, alles wegen des Umstands, dass ich in der Politik bin. Was für eine Form von Nawalny. Es ist eine Form von Kommunismus oder Faschismus.«
Wieder einmal stellt dieser invertebrate Troll schamlos die Fakten auf den Kopf und nutzt sie für sich … Bisher dachte ich immer, die sollen dem Hausarrest in Mar-a-Lago geben, Hauptsache man braucht seine orangene Visage nicht mehr zu sehen, aber langsam denke ich mir, dem gehört eine Zelle angepasst, wie sie Scherbakowa beschrieben hat: klein, feucht, siedend heiß oder saukalt, mit einem Hocker drin … Was für eine widerliche Verschwendung menschlicher Zellen …
Anmerkungen
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