Von Kindesbeinen an gezwungen, sich um die Aufmerksamkeit ihres ichbezogenen Vaters zu bemühen, scheint Ivanka Trump zeitlebens alles getan zu haben, um Donald Trump zu gefallen, und das bis hin zum Aufstieg als De-Facto-First-Lady. Ist ihr Abschied aus der Politik als Zeichen dafür zu deuten, dass all ihre Bemühungen letztlich bei einem Narzissten wie Trump, dem sie womöglich unterm Strich doch nur seiner eigenen höheren Ehre diente, nicht von Erfolg gekrönt waren? Oder ist das Leben an der Seite dieses Mannes einfach doch zu anstrengend, wenn nicht gar zu peinlich für eine intelligenzbegabte Frau, und sie sagte sich, wie man das von jedem halbwegs vernünftigen Menschen erwarten würde: Genug ist genug?
Ivanka Trump kam am 30. Oktober 1981 als Ivana Marie Trump zur Welt; sie ist das zweite Kind Donald Trumps mit seiner ersten Frau Ivana und Schwester seines erstgeborenen Sohns Donald Jr. und des jüngeren Eric Trump. Verheiratet ist sie mit Jared Kushner, den wir hier bereits behandelt haben. Wie Kushner entstammt sie einer Immobiliendynastie. Mehr als irgendjemand genossen die beiden bislang in ihren diversen Rollen als Berater, Geschäftspartner, Markenbotschafter und Mitverschwörer das Vertrauen von Donald Trump. Ivanka gilt als Prinzessin ihres Vaters, aber es sieht ganz so aus, als hätte sie sich diese Rolle hart erarbeiten müssen.1 Und womöglich ist sie gerade deshalb des Donalds Liebling, weil sie von Kindheit an so bewusst um die Aufmerksamkeit ihres Vaters buhlte. Schließlich kann dieser letztlich auf Dauer nur mit Leuten, die ihm um den Bart gehen.
Ihrem Schwiegervater Charlie Kushner zufolge waren die Trumps keine sehr enge Familie, und zu einer Schulfreundin, die sich über ihre nörgelnde Mutter beklagte, sagte Ivanka mal: »Ich wollte, meine Mutter würde sich so für mich interessieren.«2 Jemand im Bekanntenkreis sprach im Hinblick auf Ivankas Familie von »Dysfunktion und Einsamkeit«.3 Tatsache ist, spätestens nach der Scheidung Trumps von ihrer Mutter fasste Ivana sie sich das Ziel, Haupterbin des Trumpschen Imperiums zu werden und tat alles, um ihm zu gefallen.
Noch an der High-School, die sie in einem exklusiven Internat in Connecticut absolvierte, begann sie als Model Erfolg zu haben. Sie ließ sich die Nase machen und angeblich auch den Busen vergrößern. Sie schien besessen von dem Gedanken, perfekt zu werden und ihr Vater nutzte die Reize des heranwachsenden Mädchen nur zu gern aus. Bereits mit fünfzehn fungierte sie als Co-Host beim Miss Teen USA-Wettbewerb ihres Vaters. So wuchs sie schon früh in ihre spätere Rolle hinein, die des hübsch anzusehenden Aushängeschilds der Marke Trump. Dazu gehörten auch an die 90 Auftritte in The Apprentice, der TV-Serie, die den zweifelhaften Mythos von Trump als erfolgreichen Geschäftsmann zementierte, wenn nicht gar erst schuf.
»Ja, sie ist wirklich eine Wucht, eine richtige Schönheit. Wäre ich nicht glücklich verheiratet und, na ja, ihr Vater…«4
Ivanka war fest entschlossen, die hohen Erwartungen ihres Vaters an seine Kinder nicht nur zu erfüllen, sondern zu übertreffen.5 Und nachdem sie und ihre Brüder schon als Kinder aus ihrer benachteiligten Situation – im Trump Tower keinen Limonadenstand aufstellen zu können – das Beste gemacht hatten, indem sie in ihrer Sommerresidenz in Connecticut selbstgebraute Limonade ans Gesinde (Bodyguard, Chauffeur & Dienstmädchen) verhökerten,6 stieg sie 2005 in der Trump Organization ein. Wie sie selbst später sagte, bestand einer ihrer ersten großen Erfolge darin, nach einem Geschäftsabschluss nach Hause zu fliegen und von ihrem Vater zu hören, es sei der beste Deal, den er je gesehen hätte.7
Wie auch immer, sie stand in Sachen Selbstdarstellung und Medienmanipulation ihrem alten Herrn in nichts nach und verfügte obendrein über einen größeren Wortschatz und mehr Selbstbeherrschung im Auftreten als er. Sie gab die attraktive, clevere und tüchtige Tochter, die weltweit damit Erfolge feiert, das Geschäft ihre Vaters auszubauen. Tatsache ist, dass sie »eine Reihe zweifelhafter Geschäfte anbahnte, viele davon mit Leuten, die man der Kriminalität und der Korruption bezichtigte«.8 Was womöglich nicht zuletzt auch daran lag, dass die Auswahl an seriösen Kreditgebern nach Trumps Pleiten nicht eben groß war. So waren die Möglichkeiten der Trumps in Sachen Immobilien begrenzt. Trump hatte sich dank seiner Fernsehshow längst als Marke etabliert und seinen Namen auf »Krawatten, Wodka, Steaks und Wein« geklatscht.9 Die Marke Trump lebte also vom Franchising, vom Lizenzgeschäft, und war in erster Linie auf ausländische Partner angewiesen. Eine frühere Vizepräsidentin der Trump Organization dazu: »Als wir ins Franchise-Geschäft einstiegen … verkauften … seine Kinder Franchises an üble Leute.«10 Die Rolle von Ivanka bestand hauptsächlich darin, neue Projekte zu baggern, die sie dann auch selbst führen durfte.
Die Wahrnehmung ist wichtiger als die Realität. Wenn jemand etwas für wahr hält, ist das wichtiger, als dass es tatsächlich wahr ist … Man sollte sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, um eine falsche Annahme zu korrigieren, wenn es zu unserem Vorteil ist.11
Ein Beispiel dafür, wie sehr Ivanka in die halbseidene Welt der Familie passte, war ihr zeitweiliger Tutor in Sachen Business Felix Sater, ein gebürtiger Russe, Sohn eines Gangsters aus Coney Island, vielversprechender Börsenmakler, der nach einer einem Fall von schwerer Körperverletzung anderthalb Jahre einsaß, seine Lizenz zum Makeln verlor und dann auch noch in einen Aktienbetrug verwickelt war, für den er nur deshalb nicht einfuhr, weil er als Informant für den Militärischen Abschirmdienst (DIA), CIA und FBI tätig war. Sein Urteil über sie: »Sie war die geborene Promoterin … Sie hatte die größten Eier im Raum … Ihr Auftreten und ihre Hartnäckigkeit brachten Donald dazu zu sagen: ›Wow … die weiß, wie man was umsonst kriegt und wie sie ihren Namen wo drauf bekommt.‹« Sater war es auch, der sie in Russland einführte. Als freilich Trump Sater 2010 zu einem Berater mit Büro im Trump Tower machte und sein Büro Trump auch noch einen Stock näher war als das Ihre, forderte sie ihren Vater auf, Sater rauszuwerfen, was Trump denn im Herbst des Jahres auch tatsächlich tat. »Es war dies ein zukunfstweisender Augenblick, der zeigte, welch enormen Einfluss Ivanka auf ihren Vater hat, dessen Ausmaß bis dahin noch nicht bekannt war.«12
Ein Beispiel für die Qualität so mancher ihrer Deals ist ein Hotelprojekt in Panama, das sie mit einem international bekannten Geldwäscher und Betrüger durchzog, ein Projekt, bei dem sie fälschlicherweise behauptete, bereits 90% der Wohneinheiten verkauft zu haben. Wie auch immer, alle Investoren verloren bei dem Projekt eine Menge Geld außer Donald Trump, dem allein für seinen Namen zwischen 30 und 50 Millionen Dollar garantiert waren.13 Mit nicht weniger zwielichtigen Gestalten leierte sie ein Projekt in Aserbaidschan an, bei dem Trump ebenfalls Geld für seinen Namen bekam.14 Was immer die Trumps für ihren Namen verlangten, überstieg das anderer Franchises um ein Vielfaches, was wiederum dazu führte, dass nur Gauner interessiert waren, die dann ihrerseits ihre Kundschaft das Fell über die Ohren zogen.
Eine enorme Spritze hatte ihr Einfluss 2009 durch ihre Heirat mit Jared Kushner erhalten, dem Erben einer anderen New Yorker Immobiliendynastie, aber so richtig profitieren konnte das Paar von dem Namen Trump, als Ivanka im Juni 2015 die Kandidatur ihres Vaters zum Präsidenten der Vereinigten Staaten bekanntgab. So gelang es ihnen zum Beispiel, als der Wahlkampf in Fahrt geriet, einen Investor aus Katar zu gewinnen, hinter dem sie bereits geraume Zeit her waren, und wenn aus diesem Deal letztlich nichts wurde, zeigt er doch, wie wertvoll so eine Präsidentschaft wäre. So hießt es denn auch, dass weder die Trumps noch die Kushners an Trumps populistische Plattform glaubten und dass das Ganze für sie nur eine Riesengelegenheit zum Networking sei.15
So übernimmt denn auch Trumps »Brain Trust« – seine Kinder, aber in erster Linie Ivanka – sofort den Wahlkampf. Auf ihr Drängen entlässt Trump seinen Wahlkampfmanager Corey Lewandowski, und sie sind es, die letztendlich Mike Pence als Vize den Segen geben.16 Jared Kushner ist bald CHefberater seines Schwiegervaters und die damals 34-jährige Ivanka wirft sich nicht nur sich zur wesentlichen Sprecherin ihres Vaters auf,17 sie flüstert ihm auch ins Ohr und meldet bereits ihren Anspruch als eigentliche First Lady an, während Melania sich eher im Hintergrund hält.18 »Sie hat möglicherweise die schwierigste Aufgabe«, sagte Monica Langley vom Wall Street Journal. »Ihre Aufgabe ist es, die Kluft zu den Frauen zu überbrücken.«19 Beide, Jared wie Ivanka, haben keine Ahnung von Politik, drücken aber dem Wahlkampf ihren Stempel auf.
Inwieweit Trump gegen alle nur denkbaren Regeln hinsichtlich Vernunft, Kompetenz und Sicherheit verstieß, als er das Weiße Haus zum Familienbetrieb umfunktionierte, beschreibt Michael S. Schmidt in seinem Buch Donald Trump v. The United States of America.20 Auch dass man ihn davon abzuhalten versuchte, wenn auch ohne Erfolg wie man sieht. Unterm Strich gilt wohl, wie Jordan Libowitz es formulierte: »Ivanka Trump und Jared Kushner haben in Washington Millionen verdient.«21 Jared und Ivanka waren offenbar niemandem Rechenschaft schuldig, für sie galten die üblichen Regeln nicht. Sie »hätten nie im Weißen Haus arbeiten dürfen«, schreibt Libowitz, »die Regeln gegen Vetternwirtschaft gibt es aus einem bestimmten Grund, nämlich damit unqualifizierte Verwandte des Präsidenten keine Jobs im wichtigsten Amt der Welt bekommen.«22
»In einem Feuerwerk aufmerksamkeitsheischender Publicity traf Ivanka Trump in der Hauptstadt ein.«
– Vicky Ward23
Es spricht alles dafür, dass die beiden im Weißen Haus auf die bereits umrissene unsaubere Tour weiterwirtschafteten. So trennten die beiden sich angeblich von Ihren Unternehmen, um potenzielle Interessenkonflikte zu vermeiden, und schlugen sogar ein Gehalt aus, da sie, wie sie sagten, nicht zu ihrem persönlichen Vorteil in Washington waren. Die Sache ist nur die, dass die beiden während ihrer Tätigkeit im Weißen Haus Nebeneinkünfte in Höhe von bis zu 640 Millionen Dollar hatten. Und es schienen dabei eine ganze Reihe ethischer Verstößen mit ihm Spiel gewesen zu sein.24 Allzu viel scheint noch nicht bekannt über die genauen Finanzen des Paars, aber was bekannt ist, genügt durchaus für die Erkenntnis ein Trump ist ein Trump ist ein Trump.
Ein eher kleines, aber allseits bekanntes Beispiel dafür ist ein Hotel der Trumps unweit des Weißen Hauses, in dem Vertreter ausländischer Regierungen abstiegen, um sich beim Präsidenten lieb Kind zu machen. Eigenen Angaben zufolge »hat Ivanka Trump seit 2017 rund 13 Millionen Dollar mit ihrer Beteiligung an diesem Hotel verdient«.25 Und obwohl sie auf Kritik hin ihre Modemarke einstellte, erwarb sie weiterhin »Dutzende von Markenzeichen in Ländern wie China, Japan und Kanada, die es ihr ermöglichen, die Marke wieder aufzunehmen«, wann immer sie will. Und allein 2019 schaffte sie es, »fast eine Million Dollar mit einer Marke zu verdienen, von der sie behauptete, sie habe den Geschäftsbetrieb eingestellt«. »Javanka«, wie Donalds Biograph Tim O’Brien die beiden nannte, trafen sich mit führenden Politikern der Welt, und hier und da, wie im Falle Japans, fielen diese Treffen zeitgleich mit Ivankas Anträgen auf Markengenehmigungen oder deren Erhalt. Eigenen Angaben nach hatte Ivanka sich von ihrem Unternehmen beurlauben lässt, ihre Anwältin übernahm die Leitung. Allerdings hat sie das Unternehmen nicht verkauft. Zwar gab sie an, ihre Stammaktien der Trump Organization zu verkaufen, würde aber in Form von Anteilen weiter davon profitieren.26 »Abgesehen vielleicht von Kellyanne Conway wird man kaum jemanden finden, der die Ethikregeln des Weißen Hauses so eklatant missachtet wie Ivanka Trump.«27
Ihre eigentliche Rolle im Weißen Haus in Bezug auf die Präsidentschaft ihres Vaters war jedoch weitaus komplexer und scheint nach wie vor nicht ganz klar. So kam sie 2019 beim G20-Gipfel mit Trump nach Osaka, hielt als – vermutlich einzige – Beraterin eine Rede und blamierte sich beim Versuch, ungefragt an einer Konversation zwischen Macron, May, Trudeau und der Direktorin des internationalen Währungsfonds Lagarde teilzunehmen. Eric Trump zufolge war sie es, die ihren Vater nach Syriens Einsatz von Chemiewaffen zum Vergeltungsschlag bewegt hat: »Ivanka ist Mutter von drei Kindern und sie hat Einfluss. Ich bin sicher, sie hat gesagt: ›Hör mal, das ist doch furchtbar.‹«28 Außerdem wirkte die selbsternannte »positive Kraft« der Regierung offensichtlich mäßigend auf Trumps Maßnahmen zur Trennung von Familien an der Grenze zu Mexiko.29 Weniger Erfolg hatte sie mit ihren mahnenden Worten zum Klimawandel, schließlich kündigte Trump das einschlägige Pariser Abkommen auf.30 Nicht zu vergessen, machte sie sich für die Rechte von Frauen und eine weltweite Initiative für Frauen im Geschäftsleben stark.31 Angesichts dessen, was sich ihr Vater gegenüber Frauen so leistete, tat sie sich hier nicht immer leicht.
Immerhin bat Ivanka ihren Vater am 6. Januar 2021, zumindest Liz Cheney zufolge, wenigstens zweimal, dem Aufruhr, der Gewalt ein Ende zu machen. Was stimmen mag oder nicht. Ihr Vater, der sich, in dem von ihm angerichteten Chaos schwelgend, lachend an Popcorn gütlich tat, hörte jedenfalls nicht auf sie.
Womöglich doch nicht von allem begeistert, was ihr Vater sich politisch leistete, schied sie 2022 offiziell aus dem politischen eben aus. Sie hat offensichtlich auch keinen Anteil an seiner Kampagne in diesem Jahr. Man könnte sich vorstellen, dass sie, wie vermutlich auch Melania, nie so recht hätte ausmalen können, wie anstrengend dieser Abstecher in die Politik werden, in welche Sackgasse der Weg mit Donald Trump führen würde. Und wie Melania muss sie diesen Weg nicht weitergehen, schließlich hat sie im Gegensatz zu ihrem Vater nicht mit dem Verlust ihrer Freiheit zu rechnen. »Ich liebe meinen Vater sehr. Diesmal habe ich mich entschieden, meinen Kindern und unserem Privatleben als Familie den Vorrang zu geben. In die Politik mische ich mich lieber nicht mehr ein.«32 Was sie freilich nicht davon abhielt, sich während des New Yorker Prozesses ihrem orangen Vater zuliebe 30mal »nicht zu erinnern«, was Kredite und ähnlichen unwesentlichen finanziellen Kleinkram angeht.33 Für eine gewiefte Geschäftsfrau ist das recht unglaubwürdig und damit meineidig, aber ihr wollte niemand an den Kragen.
Eine wesentliche Rolle bei ihrem Abschied von der Politik dürfte gespielt haben, dass unter ihrer Zeit im Weißen Haus ihre gesellschaftliche Stellung gelitten hatte, vor allem die in New York: »Bevor sie im Weißen Haus arbeitete, war Ivanka Geschäftsfrau, Laufsteg-Model und Modedesignerin. Sie war beliebt.« Sie versucht sich an einem Comeback in der High Society.34 Das Leben an der Seite ihres Vaters entpuppte sich denn doch als weniger begehrenswert, aber dafür anstrengender als gedacht.
Anmerkungen
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