Die Hurrikane Helene und Milton haben 2024 über 200 Menschen das Leben gekostet und Zigtausende um Haus, Hab und Gut gebracht. Und während Kamala Harris sich auf Bitten der Gouverneure der betroffenen Staaten erst mal fernhielt, um mit ihrem Sicherheitsaufgebot die Hilfsarbeiten nicht zu behindern, ließ Trump es sich nicht nehmen, einige der betroffenen Gegenden zu besuchen, um – nein, nicht um mit Hand anzulegen, sondern um Lügen zu verbreiten, die für weitere Opfer sorgten. Joe Biden habe die Katastrophe verschlafen, Harris hätte Besseres zu tun, als sich um die Menschen zu kümmern, und dann hätte die Regierung Biden/Harris auch noch Mittel der Katastrophenhilfe für andere Zwecke abgezweigt. Die republikanischen Gouverneure der jeweiligen Staaten mussten ihre Zeit damit verschwenden, die falschen Behauptungen des Ex-Präsidenten zu dementieren. Die staatliche Hilfe sei ausgezeichnet und komme bei den Betroffenen an. Man könnte sich fragen, ob dieser so offensichtliche Zynismus Trumps ihm nun nicht doch endlich schaden dürfte, gerade weil viele der schwer gebeutelten Regionen MAGA-Hochburgen sind. Sorgen Bonnie & Clyde des amerikanischen Hurrikan-Herbsts in diesem Wahljahr für den perfekten politischen Sturm?1
FEMA-Chefin Deanne Criswell betont am 8. Oktober ausdrücklich, die Behörde verfüge über nötigen Mittel sowohl für die Betreuung der durch Helene Geschädigten als auch zur Vorbereitung auf Milton.2 Nötig geworden war ihre Klarstellung nach den Behauptungen Donald Trumps und seiner republikanischen Rollkommandos online, die Regierung Biden verschlafe die Soforthilfe und unterschlage Hilfsgelder. »Der ehemalige Präsident und derzeitige republikanische Präsidentschaftskandidat«, so berichtete AP, »behauptete nach seiner Landung in Valdosta, Präsident Joe Biden ›sleeping‹ anstatt auf die Anrufe von Georgias Gouverneur Brian Kemp zu regieren, der ›den Präsidenten angerufen, aber nicht erreicht‹ hätte. Er wiederholte diese Behauptung bei einer anderer Angelegenheit gegenüber Reportern, nachdem man ihm gesagt hatte, Kemp hätte sehr wohl mit Biden gesprochen.«3 Criswell bezeichnete diese Falschinformationen als »die schlimmsten, die ich je gesehen habe«. Die Behörde hätte eigens eine Website einrichten müssen, um die Verschwörungstheorien zu widerlegen.4 Biden selbst sagte: »Er lügt, und der Gouverneur hat ihm gesagt, dass er lügt.«5 Trump, so Criswell, habe damit das Problem geschaffen, dass die Hilfsarbeiten behindert würde, da Überlebende sich erst gar nicht um Hilfe bemühen. Die Politisierung der Katastrophe online, so ist allenthalben zu hören, habe mit der tatsächlichen Situation vor Ort nicht das Geringste zu tun.
Dem nicht genug, behauptete Trump, die Demokraten enthielten die Hilfsmittel ganz bewusst besonders Gegenden vor, die vorwiegend republikanisch wählen. Kamala Harris bezeichnete das als den »Gipfel der Verantwortungslosigkeit und, offen gesagt, der Abgebrühtheit«. Aber so sei Trump nun mal, er stelle sich über die Bedürfnisse andere. »Ich fürchte, ihm mangelt es an Empathie, auf einer ganz elementaren Ebene, sich um das Leid anderer zu sorgen und die Rolle eines Führers zu verstehen, die eben nicht darin bestehen, Menschen runterzumachen, sondern ihnen aufzuhelfen.«6 Eine ehemalige Angehörige der Regierung Trump erinnert sich daran, dass Trump einmal, als es in Kalifornien wieder mal großflächig gebrannt habe, keine Hilfsmittel schicken wollte, weil es ein demokratischer Staat sei.7 Stellt man das nehmen seine Unterstellung bezüglich der Hilfsmittel für Hurrikan Helene, belegt das einmal mehr den Grundsatz, demzufolge jede von Trumps Unterstellungen einem Geständnis gleichkommt.
Trumps Vorwürfe gegen Biden/Harris, nicht reagiert zu haben, entbehren nicht einer gewissen Ironie, falls von einer solchen im Zusammenhang mit Trump noch die Rede sein kann, wenn man bedenkt, dass die Republikaner im Kongress erst 2023 im Rahmen einer schier endlosen Liste8 von Streichungen bei staatlichen Hilfsprogrammen sich doch tatsächlich dazu verstiegen, ausgerechnet FEMA die Mittel kürzen zu wollen,9 also jener Bundesbehörde für Katastrophenschutz, die nicht nur vor Ort Hilfe leistet, sondern auch finanzielle Unterstützung für Einzelpersonen und lokale bzw. staatliche Behörden beim Wiederaufbau von Häusern, Geschäften und öffentlichen Einrichtungen anbietet.10 Unter der Überschrift »Versäumnisse bei der Unterstützung von Gemeinden, die sich von Naturkatastrophen erholen», hieß es in dazu in einer Erklärung der Demokraten im Kongress: »Inmitten der Hurrikan-Saison und angesichts mehrerer laufender Maßnahmen zur Bewältigung enormer Katastrophenschäden schadet dieser Entwurf der Bereitschaft der FEMA, insofern er den dringenden Bedarf an zusätzlichen Mitteln für die Katastrophenhilfe zum Abbau bestehender Defizite und zur Reaktion auf noch unbekannte künftige Katastrophen unberücksichtigt lässt.«11 Was übrigens seit Jahren so geht. Ausgerechnet floridianische Republikaner stimmen im Kongress immer wieder für Kürzungen der Katastrophenhilfe!12 Es ist nachgerade eine Bewegung daraus geworden. Gouverneur Ron DeSantis gehörte in seiner Zeit als Abgeordneter dazu.
Dass Trump nun behauptet, die Demokraten hätten FEMA-Mittel abgezweigt, um ihre haustiervertilgenden Migranten zu unterstützen, ließe sich nur als zynisch bezeichnen – wenn der Mann tatsächlich mehrere Ebenen hätte. Was eine interessante Frage aufwirft. Kann man bei jemandem, der krankheitsbedingt nichts für seine Mitmenschen empfindet, als zynisch zu bezeichnen?
Dem nicht genug, stockte das Narrenschiff der Trumpianer um ein neues Deck, ein neues Level an Irrsinn auf. Wen wollte es wundern, dass da ausgerechnet ein zertifizierte Trump-Groupie wie Oberschwachmatin Marjorie Taylor Greene wieder mal am Spinnrad saß. Heraus kam dabei jedenfalls folgendes faustdickes Garn: Die Demokraten, so behauptete sie nach Hurrikan Helenes Verheerungen im Südosten der USA in einer Reihe von Social-Media-Posts seien in der Lage, »das Wetter zu kontrollieren«. Und man hätte gedacht, auf Schlimmeres als »jüdische Space-Laser« könnte die Frau doch wohl nicht mehr kommen. »Ja doch«, schrieb sie auf X, »die kontrollieren das Wetter … Es ist lächerlich, wenn da jemand lügt und sagt, dass das nicht zu machen ist.«13 In einem früheren Post hatte sie bereits Landkarten von hurrikangeschädigten Gemeinden und deren politische Zugehörigkeit geteilt. Was ihrer Ansicht nach zeige, »wie die Verheerung durch den Hurrikan die Wahl beeinflussen könnte».
Man könnte derlei Spinnereien müde belächeln, Tatsache ist jedoch, dass eine Menge Schwachköpfe aus der MAGA-Sekte für so etwas anfällig sind. The Good Liars, ein Comedy-Duo, das sich »der Wahrheit« verschrieben hat, fragte diesbezüglich bei einer Trump-Veranstaltung in Reading, Pennsylvania, nach. Sie halten einer von Kopf bis Fuß in MAGA-Regalien ausgestatteten Trumpianerin ein Mikro unter die Nase: »Wie, meinen Sie, war das mit den Hurricanes?« Und die Antwort darauf hätte direkt aus dem Mund ihres Chefspinners Donald J. Trump kommen können: »Als meiner Ansicht nach gab es da einen aufziehenden Sturm, und da hat die Regierung eben gemacht, was sie immer macht. Ich kenne nicht alle Einzelheiten, ich bin keine Expertin für Wolkenimpfung oder was immer die da benutzt haben, um den Sturm zu verstärken und ein Land zu zerstören, das womöglich für das Lithium gebraucht wird, das Harris ihr Mann einnimmt.«14 Wundert es einen da noch zu hören, dass Trumps Lügen zu wütenden Anrufen und E‑Mails, ja sogar zu Morddrohungen gegen Meteorologen geführt hat? Nicht dass die was dafür könnten, aber sie vertuschten das!
Wie auch immer, der vom Wirbelsturm am schlimmsten in Mitleidenschaft gezogene Bundesstaat – North Carolina – wird mit darüber entscheiden, welcher Kandidat im Januar ins Weiße Haus einzieht. Donald Trump gewann den Bundesstaat 2020 mit 74.483 Stimmen (das waren 1,3 Prozent der 5,5 Millionen abgegebenen Stimmen), so dass selbst die kleinste Verschiebung in der Wahllandschaft Aufmerksamkeit verdient.15
Was Trump dazu zu sagen hatte? »Ich werde bald dort sein«, schrieb er auf Truth Social, »aber mir gefallen die Berichte über die Bundesregierung und den demokratischen Gouverneur dort nicht, die alles tun, um den Menschen in den republikanischen Gebieten nicht zu helfen. MAGA!«
Der Mann weiß längst nicht mehr, was er sagt. Man sollte ihn wegen des 6. Januars verurteilen, Mar-a-Lago zur geschlossenen Anstalt erklären, eine Mauer drum rum ziehen, die er selbst zu bezahlen hat, und dort mit einer Hundertschaft seiner bekloppten Anhänger für den Rest seiner Tage wegsperren.
Anmerkungen
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