Die Entdeckung der Sichtbarkeit
»Vielleicht«, so der namenlose Erzähler im Invisible Man, »mag ich Louis Armstrong, weil er aus der Unsichtbarkeit Poesie gemacht hat. Ich denke, das liegt daran, dass er sich seiner Unsichtbarkeit nicht bewusst ist.« Mehr als irgendetwas an Ellisons Roman ist mir dieser Satz im Gedächtnis geblieben. Oder besser, die Irritation, die ich dabei empfand. Der Vorwurf an Armstrong, er bediene naiv die Wunschvorstellungen einer weißen Welt vom ungefährlichen kulleräugigen schwarzen Clown. Natürlich spricht hier eine Romanfigur. Und ich will auch nicht verhehlen, dass diese Irritation sich mit einer anderen verband, die mir seit jeher High Society vergällt hat, den Film, in dem der Olympier des Jazz den weißen Crooner Crosby mit »Mr. Bing« anzusprechen hat, während der ihn ganz selbstverständlich mit »Louis« tituliert.
So persönlich und objektiv fragwürdig meine Reaktion auch gewesen sein mag, ich fand diesen Satz aus der Feder eines Kopfmenschen, dem Kunst und hintergründiger Tiefgang grundsätzlich über die Erfahrung zu gehen schien, überheblich; aus dem Munde eines Mannes, der sich nach dem ungeheuren Erfolg seines Debüts für den Rest seines Daseins eisig hinter Ehrenämtern versteckte, während Satchmo jovial draußen im Leben seinen Mann stand, war das gemein. Ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, Ellison sei ein arroganter und eben kein netter oder wenigstens kein großherziger Mensch.
Nein, nein, das ließe sich tatsächlich so lesen, umso mehr als der Biograph praktisch sämtliche Verfehlungen aufzählt, derer er habhaft werden konnte, und das wohl dokumentiert. Wobei Rampersad sich leicht tut, haben die Ellisons doch alles aufbewahrt (bis zur letzten fingierten Quittung über Bewirtungskosten für einen Interviewer, der jedoch in Wirklichkeit noch nicht einmal ein Glas Wasser bekommen hatte) und der Library of Congress vermacht.
Der Biograph als Lynchmob? Durchaus nicht, Rampersad ist offen seinem Gegenstand gegenüber und von großer, wenn auch angemessen trockener Toleranz. Eine Biographie dürfe keine Hagiographie werden, begegnet Rampersad selbst dem Vorwurf, Ellison nicht zu mögen. »Ich musste die Wahrheit sagen.«
Nun, sehen wir uns diese Wahrheit doch näher an.
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