Als einer, der nun seit Jahrzehnten mit zunehmender Verzweiflung & Frustration englische Umgangssprache einzudeutschen versucht, bin ich natürlich jedem dankbar, der sich mit der deutschen Umgangssprache befasst & diese Beschäftigung hin & wieder in Buchform zugänglich macht. Es ist mir grundsätzlich zunächst mal egal, wie diese Büchl aufgemacht sind, ich sehe sie mir alle genauer an, versuche sie auszuwerten. Das einzige, was mich an diesen kostbaren Sammlungen stört – nein, eigentlich sind es zwei Dinge. Das erste, das ich hier gleich abhaken will, ist der krampfhafte Versuch, geistreich bis witzig zu sein. Das mag hin & wieder glücken, auf Dauer aber nicht. Nicht jeder ist zum Humoristen geboren. Mich jedenfalls nervt’s. Das sei aber mit der bloßen Erwähnung schon gegessen. Was eher stört, weil es auf Dauer eben auch schädliche Nebenwirkungen hat, sind die Etymologien, die man sich dabei – größtenteils – einfach aus den Fingern saugt. Ich meine, dass derlei Pseudosprachforschung auch das Niveau der Linguistik senkt: Viel zu viele Dummschwätzer plappern derlei ungeprüft nach und tragen damit zu einem der Grundübel unserer Zeit bei: Jeder meint, sich auf jedem Gebiet auszukennen. Und warum sollten sie das auch nicht meinen, wenn die, die es besser wissen sollten, selbst einfach drauflos quatschen.
Als Beispiel habe ich hier – wieder einmal – einen solchen Fall in einem der (lobenswerten & wichtigen, verstehen Sie mich nicht falsch!) Sammlungen von Hermann Ehmann. Im dritten & vierten Titel seiner Reihe über Jugendsprache heißt es da, das Verb »drömeln«, das er mit 1. langsam umhergehen & 2. unaufmerksam sein definiert, sei ein »jugendsprachlicher Neologismus«. Nun, das biss sich schon mal mit meiner ersten Anlaufstelle, meiner eigenen einschlägigen Datenbank zum Thema Umgangsdeutsch. Da habe ich nämlich »drömeln« schon als rheinisch und, ohne allzu technisch zu werden, ganz furchtbar alt. (Freilich nicht so alt, dass der altgriechische Wortstamm »dromein« (laufen), den Ehmann da heraushören will, ins Spiel käme.)
Müller, Dittmaier, Schützeichel & Zender definieren in ihrem 9‑bändigen Rheinischen Wörterbuch drömeln mit »langsam, unlustig etwas tun«. Der gute alte Küpper definiert »langsam, gedankenlos arbeiten; schwunglos handeln« und erklärt: »Gehört zu niederd ›drömen = träumen‹ und meint soviel wie ›sich wie im Traum bewegen‹. 18. Jh.« Und er hilft auch gleich mit einer zweiten Schreibung – »drömmeln« – aus und entsprechend weiter. So finde ich denn in Spricks ausgesprochen brauchbaren Hömma! den Eintrag: »drömmeln: LANGSAM sein, herumklüngeln, etwas unkonzentriert tun und deshalb lange dafür brauchen (besonders bei Kindern) / ZERSTREUT«.
Und dann hätte ich da noch drämeln, dörmeln, dormeln, Drömel, Drömelkerl, Drömeltierchen, Drömes & habe schon wieder viel zu lange mit meiner Datenbank gespielt.
Leider passiert das immer wieder und nicht nur Ehmann – zu oft geht man beim Versuch, die Herkunft eines Wortes zu erklären, frei von der Leber weg nach dem äußeren Schein, nach der Ähnlichkeit einiger Silben meist, und jeder Sprachforscher sollte wissen, dass das nur selten gut gehen kann. Mir persönlich sind da Leute wie Eike Schönfeld mit seinem nun schon etwas betagten Abgefahren – Eingefahren lieber oder eben Claus Sprick, die einfach sagen, was Sache ist, ohne am etymologischen Finger zu saugen. Oder man macht es auf die harte Tour und guckt alles nach. Aber dann würden die Dinger natürlich allzu rasch zu Endlosprojekten, die mehr kosten, als sie einbringen. Wovon ich ein Lied singen kann…
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