Und damit funktioniert das Wort für mich einfach nicht mehr.
Eine Neubildung, zumal eine, die so offensichtlich „geistreich“ sein möchte, sollte doch wohl für ein Bild sorgen, und dass dieses Bild in die richtige Richtung weisen sollte, anstatt in die Irre zu führen, scheint mir nur eine logische Folgerung, die sich daraus ergibt. Kein Mensch denkt bei „foodoir“, das Pferd sozusagen beim Schwanz aufzäumend, an eine „memoir“, in der es vorrangig um Gaumenfreuden geht, anders gesagt an mit Rezepten gepfefferte Memoiren.
Der alte „foodie“, um beim Thema zu bleiben, als Slang für den mehr oder trendigen Genießer ist nicht sonderlich originell, aber einleuchtend und damit gut. Auch das weit neuere „foodprint“, das in Anlehnung an den „carbon footprint“ den Anteil an Erdoberfläche bezeichnet, der nötig ist, um einen Menschen ein Jahr lang mit Nahrung zu versorgen, ist nervig trendig, aber nicht dumm.
Aber „foodoir“?
Tut mir leid, aber selbst nach einer gut einjährigen Bekanntschaft mit der Prägung steht mir noch immer das „boudoir“ im Weg, das die reimende Lautung nun mal suggeriert; dummerweise hat sich das Wort bereits als literarische Genrebezeichnung etabliert. Ich habe noch nicht nachgesehen, wie man das eindeutschen wird, fatalerweise lässt man es vermutlich wieder mal stehen; ich plädiere mal wenigstens für „Gourmemoiren“. Ist wenigstens nicht weniger doof.
Ob man wohl künftig auch den Urvater aller “foodoirs”, Simmels Kaviar, in diesem Regal stehen sieht? Nun, ein wirklich kultivierter, aber ironiebegabter Gauner wie Thomas Lieven zöge sich deshalb sicher nicht gleich in den Schmollwinkel zurück (das nämlich ist die wörtliche Bedeutung von “boudoir”); sein weit sensiblerer Schöpfer dagegen dreht sich dann vermutlich im Grab.
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