In Emerson verkörpert sich die reine Hoffnung, in Thoreau der schlicht-ursprüngliche Naturglaube, in Whitman aber die Liebe.
Die nachfolgenden Zeilen sind als Zeugnis dieser großen Liebe im Leben Walt Whitmans zusammengestellt für diejenigen, die ihn noch nicht kennen.
Mit diesem Eindruck des ganzen Menschen stimmt auch der Bericht von Edmund Gosse überein, der Whitman im Jahre 1884 besuchte: „Der ganze Mensch schien wie der Raum, in dem er war, zur neunten Potenz der Fleckenlosigkeit erhoben, gleichsam sandweiß von Reinheit, wie ein unter der scheuernden Bürste alt gewordener Tannentisch”.
Und Whitmans langjähriger Freund, Dr. Bücke, sagt von ihm: „Seine hohe und wohlgebaute Gestalt, die außergewöhnliche Gesundheit seines Geistes und Körpers, die freien Gesichtszüge und die Anmut seiner Bewegungen und Gebärden verliehen dem Zauber seiner Gegenwart einen Zug ins Große und einen starken Magnetismus .… Die Einfachheit seiner Lebensgewohnheiten und Neigungen, das Breitangelegte und Schöne seines Auftretens, seine Duldsamkeit und Milde, seine immer gleichmäßige Ruhe und Zurückhaltung, die alles umfassende Freundlichkeit und beispiellose Fähigkeit, Zuneigung zu erwecken: das sind untrügliche Beweise seiner vollkommen ausgeglichenen Männlichkeit.”
Dieses Urteil eines hervorragenden Arztes und Leiters einer Heilanstalt für Geisteskranke scheint um so beachtenswerter, wenn man es mit den spottlüsternen Äußerungen geistreicher Literaten vergleicht, wie die des orakelhaften und an unheilbarer Normalomanie erkrankten Max Nordau,2 dessen Behauptung „Verrückt war Whitman ohne jeden Schatten eines Zweifels” jeden Zweifel an der Geistlosigkeit dieser Art von Literaturpiraten beseitigen sollte.
Whitman gehört in die Klasse der Überlebensgroßen, die in einem verschwenderischen Übermut der zeugenden Naturfülle entstehen. Seines- gleichen sind die großen Schenkenden, die Geber, die Nicht-Normalen, denn ihre Maße und Maßstäbe kann man mit dem kleinen Einmaleins nicht messen. Beethoven oder Bismarck sind von ähnlichem Kaliber; Whitman zeigt auch manche Züge jenes seltsam eindringlichen Ganzmenschen, Jesus von Nazareth — seine hohe, milde Güte und die heroische Liebe. Und dann das Aufrüttelnde, das Gewaltige seiner Predigt (»denn er predigte gewaltig und nicht wie die Schriftgelehrten« — ); diese kräftige Seite im Charakter Christi ist Ja leider so oft und konventionell ins Empfindsame, beinahe Schmerzlüsterne verzerrt worden, daß wir sein wahres Wesen und Angesicht erst in späteren Heldengestalten, wenn auch mit neuen Zügen, wiederzuerkennen vermögen.
Es ist die Güte des Gehenden, des Erneuerers, gefestigt durch die Stärke des Willens zum Wohltun und Wirken, die nur von den ganz reichen Menschen so schrankenlos ausströmen kann, wenn sie Gelegenheit findet, von ihrem Überfluß auszuschütten.
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