Vorab: Reclam ist da ganz schön mutig. Der altehrwürdige Verlag wird nämlich kaum was verdienen mit diesem Buch. Schon weil es als musikhistorischer Essay viel zu komplex ist für den Durchschnittskäufer. Da ist die Konkurrenz im Dickicht der eher populär gehaltenen Dylan-Titel, die in Übersetzung vorliegen, viel zu groß. Und ich sage das, obwohl ich den Wilentz übersetzt habe. Das heißt ich würde dem Titel gern viele Leser wünschen. Nicht etwa weil ich noch einen Nachschlag bekäme, mitnichten, sondern weil mir die Lektüre als altem Dylan-Fan viel gebracht hat. Wäre schön, wenn das auch anderen so ginge.
Aber was mich interessiert, hat schon immer sonst keinen interessiert. Also nehme ich beispielhalber für die interessanten Themen in diesem Titel den ollen Vorwurf des Plagiats. Hiermit räumt das Buch nämlich gründlich auf.
Nehmen wir stellvertrentend für alle diese Vorwürfe den von Joni Mitchell: »Bob ist überhaupt nicht authentisch. Er ist ein Plagiator und sein Name ist so falsch wie seine Stimme. Alles an Bob ist Täuschung.« Und schiebt nach: »Wir sind wie Tag und Nacht, er und ich.«1
Ungeachtet des Umstands, dass die grantige alte Grande Dame des Folk an keinem ihrer Kollegen ein gutes Haar lässt & offenbar an einer eingebildeten Krankheit leidet, sie ist mit dem Vorwurf natürlich nicht allein.2
Dylan selbst hat den Vorwurf, gerade in jüngster Zeit, immer wieder gemervt von sich gewiesen. Das mag den meisten genügen. Aber Wilentz schafft es, aus einer ganz persönlichen Perspektive heraus, Dylan in die Tradition – nicht nur – amerikanischer Musik und Kultur zu stellen. Das muss man gelesen haben. Das sind nicht nur einige Argumente oder Dementis. Da tut sich eine Welt auf, deren nicht wegzudenkender Bestandteil Bob Dylan seit nunmehr sechzig Jahren ist. Da ist viel Interessantes zu lesen über die Linke der 30er-Jahre, die die Szene im Greenwich Village geprägt hatte, in der das Landei Bob Dylan Anfang der Sixities kommt. Da ist die Rede von alten Traditionen wie den Black Face-Minstrels aus dem 19. Jahrhundert, die Dylan bewussst studiert hat, zitiert, bis hin zu der weißen Schminke während der Rolling Thunder-Tour, die denn auch noch Marcel Carnés Kinder des Olymp mit ins Spiel bringt und damit eine weitere Dimension. Da ist die Rede von Aaron Copland, von Blues, von Folkmusik, vom Bürgerkrieg und überhaupt von amerikanischer Geschichte, die diesen Songwriter geprägt haben, auf die er sich bewusst bezieht. Keiner anderer hat soviel amerikanische Kultur in sich aufgesogen, verarbeitet zitiert wie Bob Dylan. Aber das einfach zu wissen und zu sagen, ist irgendwie dünn. Nach der Lektüre von Sean Wilentz’ Dylan in Amerika steckt man da mitten drin. Man meint den Plagiatsvorwurf noch nicht mal mehr entkräften zu müssen, so durchdrungen ist man von dem Wissen, was für ein Unfug das ist.
Es ist eine Schwarte für den harten Kern der Dylan-Fans, sicher, aber wer immer zwei, drei Titel über his Bobness daheim stehen hat, der sollte an Wilentz’ nicht vorbeigehen.
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