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Bob Dylan — Ame­ri­can Troubadour

Als den ame­ri­ka­nischs­ten aller ame­ri­ka­ni­schen Sin­ger-Song­wri­ter prä­sen­tiert uns ein fas­zi­nie­ren­des neu­es Buch den Sin­ger-Song­wri­ter Bob Dylan. Sean Wil­entz’ Ana­ly­se von künst­le­ri­schen Wur­zeln und Wer­de­gang des nim­mer­mü­den Trou­ba­dours ver­nu­schel­ter Hei­ser­keit weist die­sen als einen Künst­ler aus, der sich die Tra­di­ti­on ame­ri­ka­ni­scher Musik in einem Maße ein­ver­leibt, das ihm des Öfte­ren den Vor­wurf des Pla­gi­ats ein­ge­bracht hat. Und das schon lan­ge bevor ruch­bar wur­de, dass Jour­na­lis­ten sich nicht nur News aus den Fin­gern sau­gen, son­dern gan­ze Arti­kel abkup­fern, oder Dok­to­ran­den es mit den Anfüh­rungs­zei­chen nicht so genau neh­men, wie man das gemein­hin erwar­ten wür­de, wenn’s ums Zitie­ren geht. Wer sich die Mühe macht, die­se kom­ple­xe Abhand­lung über Dylan durch­zu­ackern, wird mit eini­gen Ein­sich­ten in das Werk des Man­nes belohnt, die uns die zahl­lo­sen Bio­gra­phien bis­lang nur unzu­rei­chend haben ver­mit­teln kön­nen. Und er wird ver­ste­hen, was es mit Dylans Anlei­hen – nicht nur – bei der ame­ri­ka­ni­schen Kunst auf sich hat…

Vor­ab: Reclam ist da ganz schön mutig. Der alt­ehr­wür­di­ge Ver­lag wird näm­lich kaum was ver­die­nen mit die­sem Buch. Schon weil es als musik­his­to­ri­scher Essay viel zu kom­plex ist für den Durch­schnitts­käu­fer. Da ist die Kon­kur­renz im Dickicht der eher popu­lär gehal­te­nen Dylan-Titel, die in Über­set­zung vor­lie­gen, viel zu groß. Und ich sage das, obwohl ich den Wil­entz über­setzt habe. Das heißt ich wür­de dem Titel gern vie­le Leser wün­schen. Nicht etwa weil ich noch einen Nach­schlag bekä­me, mit­nich­ten, son­dern weil mir die Lek­tü­re als altem Dylan-Fan viel gebracht hat. Wäre schön, wenn das auch ande­ren so ginge.

Aber was mich inter­es­siert, hat schon immer sonst kei­nen inter­es­siert. Also neh­me ich bei­spiel­hal­ber für die inter­es­san­ten The­men in die­sem Titel den ollen Vor­wurf des Pla­gi­ats. Hier­mit räumt das Buch näm­lich gründ­lich auf.

Neh­men wir stell­vert­ren­tend für alle die­se Vor­wür­fe den von Joni Mit­chell: »Bob ist über­haupt nicht authen­tisch. Er ist ein Pla­gia­tor und sein Name ist so falsch wie sei­ne Stim­me. Alles an Bob ist Täu­schung.« Und schiebt nach: »Wir sind wie Tag und Nacht, er und ich.« 1

Unge­ach­tet des Umstands, dass die gran­ti­ge alte Gran­de Dame des Folk an kei­nem ihrer Kol­le­gen ein gutes Haar lässt & offen­bar an einer ein­ge­bil­de­ten Krank­heit lei­det, sie ist mit dem Vor­wurf natür­lich nicht allein. 2

Dylan selbst hat den Vor­wurf, gera­de in jüngs­ter Zeit, immer wie­der gemervt von sich gewie­sen. Das mag den meis­ten genü­gen. Aber Wil­entz schafft es, aus einer ganz per­sön­li­chen Per­spek­ti­ve her­aus, Dylan in die Tra­di­ti­on – nicht nur – ame­ri­ka­ni­scher Musik und Kul­tur zu stel­len. Das muss man gele­sen haben. Das sind nicht nur eini­ge Argu­men­te oder Demen­tis. Da tut sich eine Welt auf, deren nicht weg­zu­den­ken­der Bestand­teil Bob Dylan seit nun­mehr sech­zig Jah­ren ist. Da ist viel Inter­es­san­tes zu lesen über die Lin­ke der 30er-Jah­re, die die Sze­ne im Green­wich Vil­la­ge geprägt hat­te, in der das Land­ei Bob Dylan Anfang der Sixi­ties kommt. Da ist die Rede von alten Tra­di­tio­nen wie den Black Face-Min­st­rels aus dem 19. Jahr­hun­dert, die Dylan bewussst stu­diert hat, zitiert, bis hin zu der wei­ßen Schmin­ke wäh­rend der Rol­ling Thun­der-Tour, die denn auch noch Mar­cel Car­nés Kin­der des Olymp mit ins Spiel bringt und damit eine wei­te­re Dimen­si­on. Da ist die Rede von Aaron Cop­land, von Blues, von Folk­mu­sik, vom Bür­ger­krieg und über­haupt von ame­ri­ka­ni­scher Geschich­te, die die­sen Song­wri­ter geprägt haben, auf die er sich bewusst bezieht. Kei­ner ande­rer hat soviel ame­ri­ka­ni­sche Kul­tur in sich auf­ge­so­gen, ver­ar­bei­tet zitiert wie Bob Dylan. Aber das ein­fach zu wis­sen und zu sagen, ist irgend­wie dünn. Nach der Lek­tü­re von Sean Wil­entzDylan in Ame­ri­ka steckt man da mit­ten drin. Man meint den Pla­gi­ats­vor­wurf noch nicht mal mehr ent­kräf­ten zu müs­sen, so durch­drun­gen ist man von dem Wis­sen, was für ein Unfug das ist.

Es ist eine Schwar­te für den har­ten Kern der Dylan-Fans, sicher, aber wer immer zwei, drei Titel über his Bob­ness daheim ste­hen hat, der soll­te an Wil­entz’ nicht vorbeigehen.

Die bes­ten Dylan-Plat­ten bei amazon:
  1. Inde­pen­dant, Satur­day, 24 April 2010: »Bob is not authen­tic at all,« she said. »He’s a pla­gia­rist and his name and voice are fake. Ever­y­thing about Bob is a decep­ti­on. We are like night and day, he and I.«[]
  2. Ihre Äuße­run­gen erin­nern mich irgend­wie an die von Bri­git­te Bar­dot…[]