Deutsch-Ame­ri­ka­ni­sche Freund­schaft – Freun­de oder »Part­ner Drit­ter Wahl«?

Unse­re Freun­de & Ver­bün­de­ten, die Ame­ri­ka­ner, hören uns ab. Im gro­ßen Stil. Um die­se Ent­hül­lung macht man die­ser Tage einen Mords­auf­riss. Aber so ganz schlau möch­te man nicht wer­den um das Gewe­se: Gilt es haupt­säch­lich der Tat­sa­che, dass die Ame­ri­ka­ner uns abhö­ren oder dass in die­sem Kon­text ruch­bar wur­de, dass sie uns angeb­lich als Part­ner »drit­ter Klas­se« sehen? Ich ver­mag das irgend­wie nicht so recht zu sagen. Ich mei­ne aber klä­ren zu kön­nen, dass die Auf­re­gung über Zwei­tes eher unan­ge­bracht ist und wir uns auf Ers­tes kon­zen­trie­ren kön­nen.

Zunächst mal die Stel­le aus dem Spie­gel, die für all den Lärm um nichts ver­ant­wort­lich scheint: 

Vor der Spio­na­ge­wut [der NSA] ist nie­mand sicher … Nur eine hand­ver­le­se­ne Grup­pe von Staa­ten ist davon aus­ge­nom­men, die die NSA als enge Freun­de defi­niert, Part­ner zwei­ter Klas­se („2nd par­ty“), wie es in einem inter­nen Papier heißt: Groß­bri­tan­ni­en, Aus­tra­li­en, Kana­da und Neu­see­land. Die­se Län­der sei­en für die NSA „weder Zie­le, noch ver­langt sie, dass die­se Part­ner irgend­et­was tun, was auch für die NSA ille­gal wäre“, heißt es in einem „streng geheim“ ein­ge­stuf­ten Doku­ment. Für alle ande­ren, auch jene Grup­pe von rund 30 Län­dern, die als Part­ner drit­ter Klas­se („3rd par­ty“) zäh­len, gilt die­ser Schutz nicht. „Wir kön­nen die Signa­le der meis­ten aus­län­di­schen Part­ner drit­ter Klas­se angrei­fen – und tun dies auch“, brüs­tet sich die NSA in einer inter­nen Prä­sen­ta­ti­on.“1

Die Ame­ri­ka­ner haben als laut die­sem Arti­kel »Part­ner zwei­ter Klas­se« und »Part­ner drit­ter Klas­se«. Merk­wür­di­ger­wei­se scheint sich kei­ner so recht Gedan­ken dar­über gemacht zu haben, wer denn dann für die Ame­ri­ka­ner nun »Part­ner ers­ter Klas­se« sei­en. Die es die­ser Rech­nung nach ja eigent­lich geben müss­te. Irgend­wie scheint man hier still­schwei­gend davon aus­zu­ge­hen, dass sich die Ame­ri­ka­ner selbst als »Part­ner ers­ter Klas­se« sehen. Was natür­lich albern ist. Auch wenn es rea­li­ter letzt­lich dar­auf hinausläuft. 

In den bei Spie­gel-Online anschlie­ßen­den Kom­men­ta­ren deu­tet bereits der eine oder ande­re Leser mehr oder weni­ger manier­lich auf eine Lösung die­ser Unge­reimt­heit an: Das Pro­blem ist ein­fach die Über­set­zung von »par­ty« mit »Klas­se« – oder auch mit »Güte«, wie es spä­ter noch im sel­ben Arti­kel heißt; das­sel­be gilt für »Wahl« (»drit­te Wahl«), wie so manch ande­rer schreibt. 

»1st par­ty« und »2nd par­ty« sind Begrif­fe aus der Rechts­spra­che; man fin­det sie bei Ver­trä­gen und Pro­zes­sen. Was auch für den Deut­schen so exo­tisch ist; auch wir spre­chen von »Par­tei­en«, sei­en es die eines Abkom­mens, sei­en es strei­ten­de. »1st par­ty« und »2nd par­ty« sind »Ver­trags­part­ner«, was dem »Part­ner« sei­ne Berech­ti­gung gibt. Ent­spre­chend merk­wür­dig, dass man hier nicht kon­se­quent bleibt. (Könn­te das bewusst »pas­siert sein«?) Egal, wenn man sich den Sach­ver­halt mal genau­er ansieht, bezie­hen sich die Aus­sa­gen der Ame­ri­ka­ner tat­säch­lich auf einen Ver­trag. Von dem jedoch in dem Arti­kel, so wie ich das sehe, nir­gend­wo die Rede zu sein scheint. 

Ich spre­che vom UKUSA Agree­ment, einem Geheim­dienst­ab­kom­men, das – ich bezie­he mich auf die all­wis­sen­de eng­li­sche Wiki­pe­dia-Sei­te – im März 1946 zwi­schen dem Ver­ei­nig­ten König­reich (UK) und den USA unter­zeich­net und im Jahr dar­auf um die bri­ti­schen Com­mon­wealth-Staa­ten Aus­tra­li­en, Kana­da und Neu­see­land erwei­tert wur­de. Wiki­pe­dia spricht prak­ti­scher­wei­se von einem mul­ti­la­te­ra­len Abkom­men zur Zusam­men­ar­beit im Bereich der »signals intel­li­gence«. Den letz­ten Begriff defi­niert mein Oes­ter­mann2 mit »Fern­mel­de- und elek­tro­ni­sche Auf­klä­rung«. Womit wir mit­ten im The­ma wären, dem Abhö­ren von Fern­mel­de­si­gna­len. Gemein­hin bekannt ist das Abkom­men der fünf Ver­trags­part­ner wegen auch als »Fives Eyes« (FVEY).3

Wir haben es also mit einem Ver­trag zu tun zwi­schen den USA als »1st par­ty« und – ver­ein­facht – dem bri­ti­schen Com­mon­wealth als »2nd par­ty«. Damit ist »3rd par­ty« – ohne jeg­li­che Wer­tung – jeder, der nicht Ver­trags­part­ner ist. Und Letz­te­re sind – jeden­falls offi­zi­ell – eben aus­ge­nom­men von den Abhör­ak­tio­nen und der Aus­wer­tung des Abge­hör­ten im Rah­men der Ope­ra­ti­on »Bound­less Informant«. 

Das ist das gan­ze Geheim­nis hin­ter der Auf­re­gung. Frei­lich, da wir ja nun mal Ver­bün­de­te und offen­bar – nimmt man das gan­ze Tam­tam ernst – davon aus­ge­gan­gen sind, von den Ame­ri­ka­nern nicht aus­spio­niert zu wer­den, sind wir natür­lich auch wie­der Part­ner min­de­rer Güte. Aber dann eben »Part­ner zwei­ter Wahl«. Aber bevor wir uns dar­über auf­re­gen, soll­ten wir nicht ver­ges­sen, dass auch unse­re Repu­blik Droh­nen bestellt hat, die nicht nur Meta­da­ten sam­meln wer­den, son­dern auch bei Ihren Tele­fo­na­ten im Lauf der nächs­ten Demo mit­hö­ren können… 

  1. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d‑101368241.html []
  2. Mul­ti­na­tio­na­le Befehls­aus­ga­be: Eng­lish for Mili­ta­ry Lea­ders, 6. Aufl. Regens­burg: Wal­hal­la-Fach­ver­lag, o.J. []
  3. War­um es nicht »zehn« Augen und über­haupt »Augen« statt »Ohren« sind, könn­te ich jetzt auch nicht sagen. []
SlangGuy

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