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Inter­net – Para­dies für Hörspielnarren

Sind Sie auch so ein Hör­spiel­narr? Ich mei­ne jetzt nicht die Tei­le, die man in bei­gen Reclam-Heft­chen in der Schu­le lesen muss­te. Herr­gott­noch­mal! Ein Hör­spiel lesen? Das kann doch nur einer Dumpf­ba­cke von Deutsch­leh­rer in den Sinn kom­men … Hör­spie­le muss man hören … Vor­zugs­wei­se mit geschlos­se­nen Augen … in Ste­reo … und näch­tens im Bett …

Das Inter­net ist ist die Erfin­dung für Hör­spiel­n­ar­ren. Als ich so jung war wie die Zip­fel, die heu­te nicht Bes­se­res zu tun haben, als sich auf Face­book und ähn­li­chen Foren foto­tech­nisch im Suff zu prä­sen­tie­ren, da muss­te man aller­hand Ver­ren­kun­gen unter­neh­men, um ab und an mal das Fami­li­en­ra­dio in der Küche für sich zu bekom­men. Aber das war, als wür­de jemand über die Schul­ter in dei­nem Buch mit­le­sen. Und als man dann mal einen Som­mer lang Glä­ser gespült hat­te, um sich einen Kof­fer­ra­dio mit Cas­set­ten­re­cor­der zu leis­ten, war man zwar unab­hän­gig von der Fami­lie, aber hör­spiel­tech­nisch immer noch auf das Pro­gramm des Baye­ri­schen Rund­funks ange­wie­sen. Na gut, im AFN gab’s ein­mal die Woche einen Gru­sel­kri­mi. Mit­tel­wel­le. Und France Inter hat­te nach­mit­tags einen kur­zen Kri­mi. Da muss­te man aber mit ver­dammt spit­zen Fin­gern an der Lang­wel­le dre­hen. Und die Ton­qua­li­tät war immer noch mau. Aber so rich­tig schlimm war das alles auch wie­der nicht; es war eben der Stand der Tech­nik, und man war froh, dass man üer­haupt was reinbekam.

Dann, vie­le Jah­re spä­ter, kam der Satel­li­ten­funk und mit ihm Astra Digi­tal Radio. Da hat­te man dann sage und schrei­be sämt­li­che deut­schen Rund­funk­an­stal­ten in der längst ordent­li­chen Ste­reo­an­la­ge. Da konn­te man sich eine Zeit­schrift mit dem schö­nen Namen Dampf­ra­dio abon­nie­ren, in der Monat für Monat sämt­li­che deut­schen Pro­gram­me vor­ab­ge­druckt waren. Da ließ sich dann vor­ab stu­die­ren, ankreu­zen, pla­nen. Da gab’s zum ers­ten Mal Hör­spiel satt.

Und dann kam das Inter­net. In dem eher unmerk­lich, all­mäh­lich auch alle Rund­funk­an­stal­ten des Erden­runds Ein­zug hiel­ten. Und seit­her hat man hrö­s­piel­tech­nisch aus­ge­sorgt. Das Ange­bot ist schlicht nicht mehr zu schaf­fen. Da muss man ein­fach durch­at­men und hier und da mal das Pro­gramm durch­schau­en. Zum Hören hat man meist auch eine gan­ze Wei­le Zeit. Und dann kann man natür­lich auch wie anno dun­nemals ein Hör­spiel mit­schnei­den. Das geht mit dem PC beque­mer denn je. Ich neh­me dazu den Total Recor­der.

Aber egal, wen deut­sche Hör­spie­le inter­es­sie­ren, der fin­det das ein­schlä­gi­ge Pro­gramm­heft und vie­les mehr auf www.hoerspiel.com. Hier bekommt man einen Über­blick über alles, was im deut­schen Radio an Hör­spie­len läuft. Und das in den ver­schie­dens­ten Ord­nungs­sche­ma­ta. Sehr prak­tisch ist der Tag-für-Tag-Plan, sen­der­un­ab­hän­hig, ein­fach sehr praktsch nach Anfangs­zei­ten sor­tiert. Unschlagbar.

»Infor­ma­tio­nen zu 34584 Hör­spie­len vom ers­ten aus dem Jahr 1924 bis zu Hör­spie­len, die erst in der Zukunft zu hören sein wer­den«, gibt es auf www.hoerdat.de.  Und natür­lich haben alle unse­re Sen­de­an­stal­ten ihre eige­nen Hör­spiel­sei­ten, auf denen man neben den Sen­de­ter­mi­nen auch noch Unmen­gen von Pod­casts zie­hen kann. So etwa der Baye­ri­sche Rund­funk: http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/hoerspiel-und-medienkunst/podcasts/hoerspiel-pool/index.html. Und, um einen Favo­ri­ten von mir zu nen­nen, der WDR: http://www.wdr.de/radio/home/hoerspiel_feature/index.phtml. Da macht man sich am bes­ten einen sau­be­ren Lesezeichen-Ordner.

Eng­li­sche Hör­spie­le fin­det der ent­spre­chen­de geneig­te Hörer auf dem bes­ten Hör­spiel­sen­der der Welt: Radio 4extra von der BBC. Hier wer­den sie 23/7 bedient. Von Charles Dickes, den Bron­tës über Hol­mes bis zu Bond. Ich habe hier die Chand­ler-Roma­ne als Hör­spie­le gehört, die James Bond-Roma­ne, Peter Whim­sey, Poe, Ben Hur, Litt­le Women …

Die Fran­zo­sen waren eine Zeit­lang hin­ten dran oder ein­fach schwer zu fin­den, weil es bei unse­ren Nach­barn ein­fach kein hand­li­ches Wort für Hör­spiel gibt. Jeden­falls kei­nes, das sich so ein­fach im Web suchen lie­ße. Aber mit etwas Mühe stößt man auf die phan­tas­ti­sche Hör­spiel­si­te von France Cul­tu­re. Da gibt es die aktu­el­len Sachen und prak­tisch das gesam­te Archiv zum Nach­ho­len. Kri­mis, sehr viel sehr Lite­ra­ri­sches und eine Men­ge Dis­kus­sio­nen zum Thema.

 

SlangGuy

Übersetzer & Wörterbuchmacher

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