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Angesichts all der stilistisch solide bis hervorragend geschriebenen Zeitungs- und Magazinartikel, die einem gedruckt oder digital so unterkommen, fallen einem – oder geht das wirklich nur dem Übersetzer so? – die Löcher auf, die sich auftun, kaum dass in einem von einem Profi verfassten Artikel mal übersetzt wird. Und witzigerweise vorwiegend aus dem Englischen, will sagen einer angeblich besonders leicht zu erlernenden Sprache. Oder liegt’s gerade daran, dass es jeder »kann«, während man praktisch in allen anderen einen professionellen Übersetzer bemühen oder eine gewisse Leidenschaft mitbringen muss, um sie zu erlernen, was dann eben wieder zu besseren Ergebnissen bei der Übersetzung führt.
»Ich liebe Bratwürste!« So wieder mal neulich in einem Nürnberger Supermarkt gehört – und dann gleich nochmal an der Kasse: »Ich liebe es!« (Keine Ahnung, worum’s da ging.)
Schlimm genug, dass die Deutschen nun seit dreißig Jahren alles “lieben” müssen, was sie früher lediglich “gern hatten” oder was ihnen “geschmeckt” hat. Es ist eine Floskel, die für meinen Geschmack hierzulande in literarischen Gefilden hätte bleiben sollen.Vor allem in der Variante mit Nebensatz »es lieben, etwas zu tun« statt schlicht »etwas gerne tun«. Und ja, sicher, es hat immer Lehnübersetzungen gegeben, schon, aber mittlerweile braucht man nur ein beliebiges Blatt aufzumachen & es fällt einem eine Handvoll neuer entgegen. Und das Woche für Woche.
»Are you happy with that?« ist schlicht eine Nachfrage nach der Zufriedenheit des Angesprochenen; man erkundigt sich, ob ihm etwas passt oder recht ist oder taugt. Natürlich könnte man jetzt über die sarkastische Verwendung von »glücklich« diskutieren, aber der Kontext gibt hier keinen Sarkasmus2 her: Trump führt ja selbst aus, was er meint, wenn er sagt »I can live with either one.« Er kann mit dem leben, was auch immer den Israelis gefällig ist. Und hier ist die wörtliche Übersetzung auch properes Deutsch: »mit etwas leben können«. Aber »glücklich« zu sein, ist bei uns etwas anderes. Und unter seriösen Journalisten sollte das arme Adjektiv nicht den Weg von »lieben« gehen.
Ich entsinne mich einer Unterhaltung mit einer Bekannten, die Pferde malt & bei einer Ausstellung in Dubai mal von einem der Scheichs dort gefragt wurde: »Are you happy?« Und sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Wollte der Mann ihre Lebensgeschichte hören? Ach was, er wollte nur wissen, ob Platzierung ihrer Bilder & Verkauf zu ihrer Zufriedenheit ausgefallen waren.
Dazu noch eine schlichte Überlegung: Jedem, der je eine Fremdsprache gelernt hat, dem hat man eingebläut, er solle in dieser zu denken versuchen, wenn er sich ausdrücken will. Warum, so könnte man nun umgekehrt fragen, halten wir es nicht genauso, wenn wir aus einer Fremdsprache ins Deutsche übersetzen. Denken wir uns das, was da ausgedrückt werden soll, doch auf Deutsch. Das Deutsche sollte beim Übersetzen nicht zur Fremdsprache geraten oder genauer zu einem sprachlichen Hypriden aus deutschen Wörtern & englischem Satzbau & semantischem Larifari: Natürlich wissen wir, dass bei Trumps Aussage nicht eigentlich von strahlendem »Glück« über die Israelis die Rede ist, nur, warum sagen wir das dann nicht einfach? Raus mit dem »glücklich«, rein mit dem, was es hier im Deutschen braucht. Und in der Regel ist bei uns ein Politiker mit einem Ergebnis »zufrieden«. Wenn ich mal definieren darf:
mit dem Gegebenen, den Verhältnissen und Bedingungen, dem Vorhandenen und Erreichten einverstanden, ohne besondere Wünsche, befriedigt3
Und wie steht’s mit glücklich?
von tiefer Freude, Glück erfüllt, beglückt
Beispiele:
eine glückliche junge Frau, Mutter
glückliche Kinder
hier leben glückliche Menschen4
Und ich bin sicher, der Journalist an sich, auf dessen Schreibtisch ich mal verwegen reihenweise bewährte Titel mit dem Tenor Deutsch für Profis vermute, würde nicht mit »glücklich« operieren, hätte er eine deutsche Siutation vor sich, in dem Politiker sich mit etwas »einverstanden« erklären.
Kann man nicht in einer Zeit, in der man ohnehin nicht mehr weiß, ob sich die Nachricht, die man da gerade liest, nicht irgendein Gaudikopf aus den Fingern gesogen hat, mehr auf den tatsächlichen Sinn von Worten sehen. Machen wir doch ein Meme aus dem »Wie sagt man auf Deutsch?« Auf die Gefahr hin, dass es sich von Hirn zu Hirn springend ausbreitet wie heute sonst jeder Scheiß…
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