Beim Durchblättern all der kleinen Heftchen, die sich hier zum Thema »Jugendsprache« die letzten Jahre über angesammelt haben, fiel mir jüngst auf, dass sie alle ein Wort aufführen, das sich bei aller Beliebtheit einschlägigen Sammlern für geraume Zeit entzogen zu haben schien – den »Spacko«. Ich hatte hier schon mal versucht, der Herkunft dieses doch recht brauchbaren Schimpfwortes auf den Grund zu gehen. Ich möchte hier noch mal kurz darauf zurückkommen, um zu sehen, was sich da getan oder ob sich etwas geändert hat …
“… je weiter ich in diesem Studium fortgehe, desto klarer wird mir der Grundsatz: daß kein einziges Wort oder Wörtchen bloß eine Ableitung haben, im Gegenteil jedes hat eine unendliche und unerschöpfliche. Alle Wörter scheinen mir gespaltene und sich spaltende Strahlen eines wunderbaren Ursprungs, daher die Etymologie nichts tun kann, als einzelne Leitungen, Richtungen und Ketten aufzufinden und nachzuweisen, soviel sie vermag. Fertig wird das Wort nicht damit.” Jacob Grimm, Mitbegründer des größten deutschen Wörterbuchs über die Schwierigkeiten der Wortforschung1.
Ich hatte mich vor Jahren mal in einem Artikel mit dem Titel »Ugs.-Projekt 15: Spacko & Co« mit der mehr oder weniger mutmaßlichen Etymologie der Wörter »Spacko«, »Spacken«, »spackig« etc. befasst und dabei erwähnt, dass er in einschlägigen Sammlungen von Jugendsprache gar nicht so oft auftauche, wie man hätte meinen mögen. Wenn ich mich mal selbst zitieren darf:
Interessant ist, dass in meiner ganzen Sammlung von jugendsprachlichen Wörterbüchern den »Spacko« und seine Verwandtschaft bis heute nur der nimmermüde Ehmann anführt, und das schon in seinem ersten Büchl affengeil von 1992. Leider nennt er das Wort nur als Synonym für Dummkopf im hinteren Teil; eigens definiert ist es nicht … Die ausgezeichnete Sammlung von Eike Schönfeld aus dem Jahre 1986 hat das Wort noch nicht. Falls sich daraus Schlüsse ziehen lassen, so decken sie sich mit meiner Erinnerung: das Wort könnte Ende der 1980er entstanden sein.
Bei Peter Stolle finden sich in einer Sammlung mit dem Titel Von “ätzend” bis “zappen“2 schließlich mit »spacken« und »abspacken« zwei Verbformen:
spacken: (auch: abspacken) Unsinn reden, mit viel Vergnügen Blödsinn reden. Ein in den letzten Jahren sehr populär gewordener Begriff. »Wir haben gestern den ganzen Abend abgespackt.«
In einem Megakrassen Lexikon hat ein gewisser Helmut Hehl 2006 schließlich »Spacker: unattraktiver Junge«, »spackig: lächerlich« und schließlich unseren »Spacko: dummer Mensch, Idiot«.3 Seither scheint keine Sammlung mehr ohne ihn auszukommen.
Was die Etymologie angeht, so scheint mir die Herkunft aus dem Rheinischen logischer denn je.
Spackert -ərt, Pl. ‑də ebd. m.: verächtl. widerspenstiger Kerl.
spackerig Siegld-Obersd 1840 Adj.: sich sperrend, widerspenstig.
Spackes ‑ā-, Pl. ‑əsə Siegld, Simm m.: verächtl. 1. dürrer, hagerer Mensch Simm. — 2. langer, unbeholfener Kerl, der sich breit hinsetzt u. zur Arbeit nicht gut zu gebrauchen ist Siegld-Ld. ((Rheinisches Wörterbuch, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/23, <https://www.woerterbuchnetz.de/RhWB>, abgerufen am 08.01.2023.))
Es ist damit eines der besten Beispiele für meine »Theorie«, dass aus den deutschen Dialekten immer noch brauchbare Wörter und Wendungen zu holen sind, und wie der »Spacko« belegt, sicher nicht die schlechtesten.
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