Will man ältere Texte korrekt übersetzen, so tut man gut daran, dabei auch ältere Wörterbücher und Lexika zu Rate zu ziehen, wenigstens nebenher, und sei’s nur, um sicher zu gehen: Wörter ändern gerne mal ihre Bedeutung, schon gar im Lauf von ein-, zweihundert Jahren. So gehören ältere Dictionnaires einfach in die Wörterbuchsammlung des Übersetzerprofis. Und manchmal ist es auch ganz einfach lehrreich bis amüsant, einen Blick in das Vorwort so einer alten Schwarte zu werfen – trotz des nervigen optischen Kleinkriegs mit der Fraktur auf vergilbtem Papier.

Ich habe hier einige Diktionärs zusammengetragen, die Ihnen bei der Übersetzung eines älteren englischen Textes ins Deutsche behilflich sein könnten. Sie stammen allesamt von Nathan Bailey, einem Pionier der Wörterbuchmacherei. Um Baileys Arbeit richtig würdigen zu können, sollte man verstehen, dass vor diesem Mann Wörterbücher lediglich »schwierige Wörter« erklärten,1 d.h. Fremdwörter, vorwiegend Latinismen; die eigentliche Alltagssprache blieb ungewürdigt und unerklärt. Zu Baileys großen Verdiensten gehört es, seinen Blick auf die englische Sprache als Ganzes zu richten. Auch auf die Alltagssprache. Und unter diese Alltagssprache fielen bei Bailey tatsächlich auch bereits Sondersparten wie die Dialekte, Termini technici und, man höre und staune, auch die Gaunersprache.

Wer sich für alten englischen »Cant« – wie man diese Gaunersprache nennt – interessiert, der wird bei Bailey also bereits fündig. Werfen Sie einfach mal einen Blick auf diese Website hier, wo sich ein fleißiger Herr namens Liam Quin eine Riesenarbeit gemacht hat, diesen ganz speziellen Teil von Nathan Baileys Wörterbuch (Ausgabe 1737) herauszusuchen und zu transkribieren: Canting Dictionary.

Nathan Baileys An Universal Etymological English Dictionary von 1721 wurde rasch zum beliebtesten Wörterbuch seines Jahrhunderts. Laut dem Dictionary of National Biography erlebte an die dreißig Auflagen!2 Mit einem Klick auf das Titelblatt links können Sie gleich darin blättern. Wenn Sie wie ich alte Bücher zwar mögen, aber weder deren Staub noch Geruch in der Wohnung haben wollen, sind Sie damit bestens bedient. Dasselbe gilt auch für die anderen hier vorgestellten Wörterbücher.

Aber da es mir hier vorrangig ums Übersetzen geht, lassen Sie mich Ihnen das zweisprachige Wörterbuch vorstellen, das auf der bahnbrechenden Arbeit des übrigens 1742 verstorbenen Nathan Bailey basiert. Ich habe es hier bereits vor einigen Jahren in einem anderen Beitrag vorgestellt: Nathan Bailey’s Dictionary English-German and German-English von Johann Anton Fahrenkrüger, seines Zeichens »Vorsteher einer Unterrichts-Anstalt in Hamburg« gelesen; der hat Bailey’s Wörterbuch für die 10. Auflage von 1801 »gänzlich umgearbeitet«, 1810 erschien dann die elfte Auflage, die ich hier vorstellen will. Einfach auf die Titelblätter klicken und Sie können sofort drin blättern und nachschlagen. Benutzen Sie gegebenenfalls die Lupenfunktion; so ganz leicht zu lesen sind die alten Theile leider nicht. Auch wenn man rasch Übung darin hat …

Klicken Sie ruhig mal drauf & schauen Sie rein.

Johann Anton Fahrenkrüger war übrigens nicht der erste, der Baileys Wörterbuch zweisprachig bearbeitete: Theodor Arnold besorgte dies bereits 1761, Anton Ernst Klausing 1792, Fahrenkrügers ist jedoch für den Übersetzer das interessantere Nachschlagewerk.

Was Nathan Baileys Arbeit anbelangt, so baute auch der berühmte, stets als Urvater aller Wörterbücher angeführte Samuel Johnson auf Baileys Werk. Um Wikipedia zu bemühen: »Zwischen 1747 und 1755 erarbeitete Johnson das Dictionary of the English Language (1755, 2 Bände), das 1758 bereits in 6. Auflage erschien und bis heute alle ähnlichen Lexika über die englische Sprache beeinflusst hat.« Interessant ist dabei für uns, dass spätere Ausgaben des Bailey, der von Joseph Nicol Scott bearbeitete & entsprechend benamste »Scott-Bailey« bzw. »Bailey-Scott«, Johnson aufs Heftigste »zitieren«. Wir kennen dieses Verfahren heute unter dem Begriff »Guttenbergen«; dem Vernehmen nach sind die eigentlichen Revisionen von Herrn Scott eher zu vernachlässigen.

Nathan Bailey selbst war da weit fleißiger gewesen. Noch 1883, also vierzig Jahre nach seinem Tod, brachte ein gewisser William E.A. Axon unter dem Titel English Dialect Words of the Eighteenth Century die Dialekteinträge in Baileys Diktionär als eigenes Buch heraus. Es sollte laut Vorwort als Grundlage für die künftige Dialektforschung dienen. Er äußert sich in diesem Vorwort auch über die Verdienste Baileys selbst:

»Von allen unseren Lexikographen, die Johnson vorangegangen, war er der beliebteste, und obgleich sein Werk schließlich aus dem Feld geschlagen worden, räumte es dieses nicht ohne Kampf. Es gab mehrere Ausgaben nach dem Jahre 1755, dem denkwürdigen Jahr, in dem die Früchte von Johnsons Arbeit erstmals erschienen, und selbst 1802 noch brachte man zu Glasgow eine Ausgabe davon heraus. Da Baileys Arbeit erstmals 1721 erschien, war es folglich nahezu ein Jahrhundert beliebt und von Nutzen. Über den Autor selbst wissen wir wenig, aber wenn es denn zutrifft, dass die Biographie eines Autors die Geschichte seiner Bücher ist, so sind wir denn nicht in Gänze ohne Materialien für ein Life of Bailey.«3

Wie Sie an dem Bildchen rechts unten sehen, hat Bailey gesondert 1721 »zur Untherhaltung der Neugierigen wie zur Bildung der Unwissenden und zum Nutzen junger Studenten, Werkmeister, Handelsleute & Ausländer« auch ein englisches Sprichwörterbuch herausgegeben. Nur um noch eines seiner weiteren Nachschlagewerke zu nennen. Darüber hinaus widmete er sich als Übersetzer – aus dem Lateinischen – den Schriften des Erasmus von Rotterdam sowie den Metamorphosen Ovids.

  1. ich richte mich hier wie im Folgenden weitgehend nach der englischen Wikipedia []
  2. »Bailey, Nathan«. Dictionary of National Biography. London: Smith, Elder & Co. 1885–1900. []
  3. William E.A. Axon, English Dialect Words of the Eighteenth Century. London: 1883 []