Joseph Wright war ein durchaus bemerkenswerter Mann, und das nicht nur für einen Philologen, die an sich sicher nicht notwendigerweise zu den interessantesten Leuten gehören. Erst mit 15 lernt er Lesen & Schreiben und geht dann mit 21 nach Deutschland (übrigens buchstäblich, nämlich zu Fuß!), um in Heidelberg zu studieren, wo er 1885 als Germanist promoviert. Er wird Professor und verfasst eine Reihe von Grammatiken (für das Alt- & Mittelenglische, das Alt- & Mittelhochdeutsche sowie die gotische Sprache), die noch ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod im Einsatz sind.
Er scheint jedoch eine besondere Schwäche für die Dialekte seines Mutterlandes gehabt zu haben. Von 1898 bis 1905 erscheint sein sechsbändiges English Dialect Dictionary, das bis heute größte Werk seiner Art. Es ist, eigenen Angaben nach, ein „vollständiges Verzeichnis aller englischen Dialektwörter, die heute noch in Gebrauch sind oder bekanntermaßen während der vergangenen zweihundert Jahre in England, Irland, Schottland und Wales in Gebrauch waren“.
Um dem Leser eine annähernde Vorstellung davon zu geben, so schreibt er im Vorwort, welche Mühe man sich gemacht habe, spricht er von „wenigstens 12000 Anfragen“, die man bezüglich bestimmter Wörter verschickt habe. Den Eintrag zu dem Wörtchen „to be“ habe man als Sonderdruck mit „194 Punkten an 150 Personen in verschiedenen Teilen des Vereinigten Königreichs“ verschickt. Hunderte von Leuten haben mitgewirkt; 23 Jahre hat man Material für das Werk zusammengetragen. Ausgewertet wurden über 3000 Dialektglossare; darüber hinaus hat man sich in fast allen Counties kompetente Leute gesichert, um Wörter zu liefern, die in diesen Glossaren fehlten.
Nicht zuletzt die Antworten auf die zahlreichen Anfragen hätten gezeigt, wie schwer es sei, gültige Aussagen zu machen, da der reine, unverfälschte Dialekt rapide im Verschwinden begriffen sei. Aussprache wie auch Bedeutungsnuancen bestimmter Wörter, gerade von solchen, die sowohl in der Schriftsprache als auch in den Dialekten vorkommen, seien in vielen Fällen nur noch schwierig und bestimmte Punkte wohl bereits in wenigen Jahren überhaupt nicht mehr zu klären.
Besondere Mühe verwandte er auf die Frage, ob es sich bei bestimmten Wörtern um Dialekt oder literarisches Englisch handele; die Grenze sei alles andere als eindeutig, da das eine das andere überlappt.
Wie bei all diesen alten Unterfangen muss man sich auch hier fassungslos fragen: Wie zum Geier haben die Leute diese Massen an Daten bewältigt? Zur Zeit, in der er das Vorwort zum ersten Band schreibt, haben sich in seinem „Workshop“, wie er sich ausdrückt, über anderthalb Millionen Wortzettel mit Angaben von Quellen, Zitat, Datum und Ursprungs-County angesammelt – – „and the number increases daily“.
(Fortsetzung folgt.)
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