Hil­la­ry Clin­ton, Wiki­leaks, Red­ford, Pol­lack & Faye Duna­way– und das alles in einem ein­zi­gen Traum

bei amazon.com

Wenn man dem Rest der Welt schon nicht ver­bie­ten kann, was er zu dru­cken hat, dann soll­te man das, was er denn druckt, wenigs­tens im Auge behal­ten. Rigo­ros. Und wenn man sich auch nur irgend­wie den Anschein der Demo­kra­tie geben möch­te, dann unter­lässt man es eher, Kami­ka­ze-Ter­ro­ris­ten dazu zu ermu­ti­gen, gan­ze Stadt­vier­tel in die Luft zu spren­gen wie im Fal­le der isla­mis­ti­schen Dumpf­ba­cke jüngst in Stock­holm. Moham­med-Kari­ka­tu­ren – nu hört aber auf! Was ist nun die nächst­bes­te Metho­de? Nun, dar­um soll es hier gehen.

Big Brot­her… Ich woll­te erst in der Über­schrift von Big Brot­her spre­chen, als mir klar wur­de, dass dies das Gros der Zugeta­cker­ten heut­zu­ta­ge nicht mehr auf Orwell bezie­hen wür­de, son­dern sofort auf den gleich­na­mi­gen »Idio­ten­con­tai­ner«,1 von dem, wie ich mit Stolz behaup­ten möch­te, selbst mit Durch­zap­pen nicht eine Minu­te gese­hen habe.2

Aber für die, die Big Brot­her noch mit Orwells 1984 in Ver­bin­dung zu brin­gen ver­mö­gen … Gott, wie alt­mo­disch, wie über­holt, wie banal fast ist die­se Hor­ror­vi­si­on heu­te3 – nicht zuletzt in Bezug auf die Bot­schafts-Depe­schen, um die es mir hier geht.

Aber fan­gen wir von vor­ne an: Neu­lich, im Zuge der Ent­sor­gung viel zu vie­ler alter VHS-Cas­set­ten4 habe ich wie­der mal Three Days of the Con­dor gese­hen. Syd­ney Pol­lack. 1975. Ein Traum.

Und der Strei­fen ist aktu­el­ler denn je. Für mich jeden­falls. Was mir näm­lich vor­ran­gig im Gedächt­nis geblie­ben ist von die­sem Thril­ler, ist die Tat­sa­che, dass die CIA Leu­te beschäf­ti­gen soll­te, die jedes Buch, ach was, jedes Wort lesen, das jemals irgend­wo auf der Welt gedruckt wur­de. Und das nach bestimm­ten Kri­te­ri­en zu kate­go­ri­sie­ren und zur für­de­ren Ver­wen­dung abruf­bar zu machen. Das hat mich damals zutiefst … ja, was, kei­ne Ahnung, bewegt.

Im Augen­blick haben wir Wiki­leaks. Was da so alles aus den ame­ri­ka­ni­schen Bot­schaf­ten der gan­zen Welt in die digi­ta­le Unter­welt Washing­tons wan­dert – des Arling­ton Coun­ty, Lang­leys, kein Schim­mer, wo die den Kram aufbewahren.

Aber, und das ist ja wohl ein klei­ner, viel­leicht zu fei­ner Unter­schied, was die CIA Robert Red­ford hat lesen las­sen,5 das war eben bereits erschie­nen … Was nun Hil­la­ry Clin­ton laut den von Wiki­leaks ver­öf­fent­lich­ten Bot­schafts­de­pe­schen von ihren Leu­ten haben woll­te – bio­me­tri­sche Daten, Fin­ger­ab­drü­cke, Pass­wör­ter, Kre­dit­kar­ten­num­mern bestimm­ter Diplo­ma­ten –, das kann man eben nicht in jeder Buch­hand­lung kau­fen. Und offen­sicht­lich gibt es auf der Welt diplo­ma­ti­sche Regeln, nach denen sowas gar nicht mal rech­tens ist. Man stel­le sich vor.

Scho­pen­hau­ers Wort von der »deplo­rablen Geschich­te des bipe­di­schen Geschlechts«6 noch im Ohr, ich sehe unse­ren blau­en Pla­ne­ten ja in Anspie­lung an den Hei­li­gen Jimi eher als »Third Turd from the Sun«, nicht jeder möch­te im Idio­ten­con­tai­ner blank zie­hen, nur um bekannt zu wer­den bloß um der Bekannt­heit wil­len. Noch nicht ein­mal Diplo­ma­ten. Und eine Außen­mi­nis­te­rin, die sowas von ihren Leu­ten ver­langt? Ich mei­ne, es war von vorn­her­ein klar, dass Oba­ma sei­ner Erlö­ser­funk­ti­on unmög­lich wür­de gerecht wer­den kön­nen, schon gar nicht mit der­sel­ben mie­fi­gen alten Bera­ter­rie­ge, aber muss ihm denn nun auch Hil­la­ry einen Knüp­pel zwi­schen die Bei­ne wer­fen? Aus­ge­rech­net? Einer Frau, der man gar das Prä­si­den­ten­amt gegönnt hät­te. Wie tief muss man sei­ne Erwar­tun­gen noch schrau­ben? Läuft denn heu­te in den Chef­eta­gen von Poli­tik und Wirt­schaft wirk­lich nur noch Gesin­del her­um? Wie soll denn da einer noch einen senk­rech­ten Thril­ler gou­tie­ren kön­nen, wenn alles in Wirk­lich­keit noch viel schlim­mer ist als im schlimms­ten Film? Wil­liam Bur­roughs fällt mir ein, der mal irgend­wo gesagt hat, er wür­de ja zu gern was ban­nig Scho­ckie­ren­des schrei­ben, aber jedes Mal wenn er auch nur den Stift aufs Papier setzt, ist die Schre­ckens­vi­si­on bereits überholt.
Faye Duna­way? Sie hat mir eben immer gefal­len, Herrgottnochmal…

  1. Ori­gi­nal­ton Tho­mas Gott­schalk []
  2. Den Schlag­zei­len rund um mich kann ich mich dum­mer­wei­se nicht ganz ent­zie­hen; aber man muss ja auch ein biss­chen Bescheid wis­sen, was rund um einen rum so pas­siert. []
  3. für all die Arsch­gei­gen, die bei Big Brot­her, Dschun­gel­camp etc. mit­ma­chen ist die­se Hor­ror­vi­si­on ein feuch­ter Traum! []
  4. ich habe schon dar­an gedacht, sie Oba­ma bin Laden zu schi­cken, dem Letz­ten, der das For­mat tat­säch­lich noch zu schät­zen scheint, aber wo schickt man die Tei­le hin? Post­la­gernd Paki­stan? Oder was? []
  5. mal ehr­lich, einer der aus­sieht wie Robert Red­fort hät­te wohl im rich­ti­gen Leben was Bes­se­res zu tun gehabt, als für die CIA Bücher zu lesen – mei­ne ein­zi­ge legi­ti­me Kri­tik an dem Film. []
  6. Sehen Sie hier. []
SlangGuy

Übersetzer & Wörterbuchmacher

Recent Posts

Trump-Wör­ter­buch #81: Wahl­kampf der Milliardäre

Der Einfluss des Großen Geldes auf die Politik ist ein offenes Geheimnis. Das geht vom…

3 Wochen ago

Trump-Wör­ter­buch #80: Wie wird man Donald Trump

Wir sind bei all dem Trubel in dieser turbulenten Seifenoper von einem Wahlkampf noch gar…

4 Wochen ago

Trump-Wör­ter­buch #79: Reboot der USA als 4. Reich?

Nachdem Trumps Reden von Tag zu Tag hysterischer werden, sein hasserfülltes Gekeife von Tag zu…

1 Monat ago

Trump-Wör­ter­buch #78: Fake Elec­tors – Die alter­na­ti­ve Wahl

Die in der US-Verfassung verankerten Wahlleute (electors) und ihre enorme Bedeutung sowie die Probleme, die…

1 Monat ago

Trump-Wör­ter­buch #77: Abschied vom Mythos Trump

Nicht nur in den USA gibt es immer noch Leute, die Donald Trump, wenn schon…

1 Monat ago

Trump-Wör­ter­buch #76: Hele­ne & Milton

Die Hurrikane Helene und Milton haben 2024 über 200 Menschen das Leben gekostet und Zigtausende…

1 Monat ago