Damit wir uns recht verstehen: Ich habe nichts gegen das deutsch-englische Mischmasch deutscher Rap-Lyrics, überhaupt nicht; ich habe nichts gegen ein »Fuck!« im Tatort oder dass man heute auch im Deutschen »Eier hat« statt biedere deutsche »Traute«. Das gilt doppelt, wenn das Deutsche ganz offensichtlich Lücken aufweist, die irgendwie gefüllt werden wollen. Aber wenn einem Morgen für Morgen bei der »Presseschau« im Web die Eindeutschungen radebrechender Amateure entgegenquellen, dann nervt das eben, weil Zeitungen & Magazine – gedruckt oder nicht – eben einen gewissen Anspruch haben. Den sie ja auch vollmundig erheben. Und dasselbe gilt auch fürs Buch. Und um das noch mal zu sagen: Es nervt doppelt, wenn man als professioneller Übersetzer sich nach Leuten richten soll, deren Sprachgefühl unter dem Einfluss all dieser fragwürdigen Lösungen derart gelitten hat, dass sie einem die Manuskripte dahingehend »korrigieren«.
Aufgefallen ist mir das an mir selbst, als ich hier um die Ecke1 eine Portion Übersetzungsfehler reingestellt habe. Sie stammen aus den Übersetzungen aus dem Deutschen von Sir Walter Scott. Ein gewisser O’Clarus Hiebslac zitierte sie 1884 im Rahmen eines Vortrags vor einer Gesellschaft von Gelehrten oder Gebildeten in London. Den guten Leuten dürfte das Gesicht eingeschlafen sein. Interessant wird das erst, wenn man sich damit »beschäftigt«, »befasst«, den einzelnen Stellen nachgeht und feststellt, wie sehr Scott von Goethe und den deutschen Dichtern beeinflusst war. Und nicht nur er, auch Byron, Coleridge oder ein weiterer Schotte, Thomas Carlyle. Erst 1914 setzt der Begeisterung fürs Deutsche ein jähes Ende. Und sie hat sich seither nie wieder erholt. Wie auch immer, das meine ich mit »Beschäftigen«, statt Soundbites zu konsumieren. Und auf diesem Level – »Niveau« möchte ich mir gar nicht anmaßen – der »Beschäftigung« möchte man automatisch nicht mehr mit dem Pseudodeutsch amateurhafter Übersetzungen operieren. Oder mit dem Fakedeutsch von Chum-Boxen, wenn Sie so wollen.
Aber da es nun mal hier um diese gehen soll, muss ich auch immer wieder mal Beispiele dafür bringen. In Maßen. Und da ich hier ohnehin wieder mal ins Tausendste gekommen bin, nur eines aus jüngster Zeit:
¹Haft|fä|hig|keit, die (Rechtsspr.): körperlicher u. geistiger Zustand eines Gefangenen, der die Durchführung der Haft gestattet2
oder
Zustand: geistiger Zustand m state of mind3
Und Sie würden nicht glauben, wie oft ich das am Tag im Verlauf meiner übersetzerischen Arbeit mache: immer & immer wieder nachschlagen, ad nauseam, bis zum Abwinken, bis der Arzt kommt…
Aber »dringende Schritte zu unternehmen, um sein Benehmen zu kontrollieren«? Das wollen wir uns demnächst genauer ansehen…
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