Geht’s auch auf Deutsch?

Worum’s hier geht? Ums Über­set­zen. Ins­be­son­de­re aus dem Eng­li­schen. Und um das erstaun­li­che Phä­no­men, dass die Über­set­zung – ins­be­son­de­re die Über­set­zung aus dem Eng­li­schen – bei all der Mög­lich­kei­ten, die das Web heu­te zum & Nach­schla­gen Ler­nen bie­tet – auf dem abstei­gen­den Ast zu sein scheint. Und dar­um, dass die­se ama­teur­haf­ten Ein­deut­schun­gen das Sprach­ge­fühl der Nati­on offen­sicht­lich der­art ero­die­ren, dass sich kei­ner mehr an all dem Mist stößt, Par­don, Anstoß an all dem Quatsch nimmt…
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»Ent­schul­di­gung, aber ich kann auch nicht Ita­lie­nisch spre­chen«, pariert die blon­de Britt Ekland die mehr­spra­chi­gen Avan­cen Yul Brun­ners in dem bereits etwas ange­staub­ten Agen­ten­thril­ler The Dou­ble Man. Und auch wenn ich jetzt lie­ber zu einem film­his­to­ri­schen – oder phi­lo­so­phi­schen – Ver­gleich der Export­schwe­din mit Elke Som­mer aus­ho­len wür­de, der sich gera­de­zu auf­drängt, ich blei­be mal lie­ber bei mei­nen Leis­ten, sprich mei­nem Genör­gel über heu­ti­ge Übersetzungstrends.

Jeder deut­sche Mut­ter­sprach­ler sieht auf den ers­ten Blick, dass der oben zitier­te Satz nicht Deutsch ist. Sicher, es sind deut­sche Wör­ter, aber kein Deut­scher wür­de sie so in den Mund neh­men. Nur ganz neben­bei, im Kon­text der Film­sze­ne, müss­te der Satz schon mal mit »Tut mir leid« begin­nen, und dann sagen wir ent­we­der »ich kann auch kein Ita­lie­nisch« oder »Ita­lie­nisch spre­che ich auch nicht«, um nur zwei Mög­lich­kei­ten zu nennen.

Nur waren das nun mal Hol­ly­wood-Ame­ri­ka­ner, die 1967 für die­sen Wort­sa­lat ver­ant­wort­lich waren. Heu­te zeich­nen deut­sche Mut­ter­sprach­ler rei­hen­wei­se ver­ant­wort­lich für der­lei Mist.

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Womit wir auch schon mit­ten­drin wären…

Wit­zi­ger­wei­se befragt Pro­to­plat­te Yul Brun­ner in die­sem Film kurz dar­auf im Tief­schnee der Tiro­ler Alpen einen ver­meint­li­chen Ein­hei­mi­schen (Anton Diff­ring) zur Beschaf­fen­heit der Abfahrt vor ihm: »Is the­re a cliff?« Wor­auf Diff­ring, der in Wirk­lich­keit ein DDR-Agent ist, ihm ant­wor­tet: »Near the top.« Und selbst der übels­te Ama­teur unter allen so genann­ten Über­set­zern wür­de hier nicht mit »Klip­pe« ope­rie­ren. Oder? Hof­fent­lich, weil es in den Ber­gen gott­ver­dammt noch mal auch für Analpha­be­ten (noch) kei­ne Klip­pen gibt. Um den Gip­fel rum nicht und auch sonst nir­gend­wo. Nicht seit Mil­lio­nen und Aber­mil­lio­nen von Jahren.

Ich habe die deut­sche Fas­sung des Films nicht; ich habe mir die Zita­te im Rah­men der sprach­li­chen Sich­tung mei­ner eng­lisch­spra­chi­gen VHS-Schät­ze (eine Open-End-Auf­ga­be) notiert, aber ich möch­te drauf wet­ten, 1967 schlug man beim Über­set­zen noch im Wör­ter­buch nach.

Heu­te dage­gen… Nun, ich möch­te nicht wie­der auf der dep­per­te »Finanz­klip­pe« rum­rei­ten, aber letz­te Wochen fuhr laut deut­schen Nach­rich­ten­agen­tu­ren in Kali­for­ni­en schon wie­der einer über eine »Klip­pe«. Schau­en Sie nach… 

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War­um, so muss man sich fra­gen, soll­te das Deutsch von Über­set­zun­gen sich in irgend­ei­ner Wei­se von dem Deutsch unter­schei­den, wie wir es tag­täg­lich spre­chen, hören oder lesen?1

Nun, bei Über­set­zun­gen pro­fes­sio­nel­ler Über­set­zer ist dem auch nicht so. Die Mas­se schlech­ter Über­set­zun­gen, die einem heu­te aus den Medi­en, Film, Funk und Fern­se­hen ent­ge­gen­quel­len, dürf­te also wohl von Ama­teu­ren bzw. blu­ti­gen Anfän­gern stammen.

Und war­um soll­te das Deutsch von Über­set­zun­gen einen Ein­fluss auf die Spra­che haben, die wir tag­täg­lich spre­chen, hören oder lesen?

Nun, weil die­se Ama­teu­re und blu­ti­gen Anfän­ger offen­sicht­lich zuneh­mend an Schlüs­sel­po­si­tio­nen bei ein­fluss­rei­chen Medi­en sit­zen und heu­te alles nach­äfft wird, was von »den Medi­en« kommt.
Und da wir hier in der Haupt­sa­che von der eng­li­schen Spra­che und deren Ein­fluss auf die unse­re spre­chen, mal pro­vo­ka­tiv fol­gen­de Vermutung:

Die Hirn­lo­sig­keit, mit der heu­te aus dem Eng­li­schen über­setzt wird, gleicht der Hirn­lo­sig­keit, mit der man alles über­nimmt, was aus Ame­ri­ka kommt, von der Unsit­te, das Bier – geruchs- und geschmack­los – aus der Fla­sche zu sau­fen bis hin zur Unsit­te, sich sei­nen Kof­fe­in­fix aus Plas­tik­schna­bel­ta­schen im Gehen zu ver­ab­rei­chen & dabei allein durch sei­nen Kaf­fee­kon­sum mehr Müll zu pro­du­zie­ren als alle Gene­ra­tio­nen zuvor zur Deckung ihres gesam­ten Kalorienbedarfs.

Dass man sich dabei nicht ent­blö­det, bestimm­te Bie­re zu bevor­zu­gen, obwohl es rein phy­sio­lo­gisch unmög­lich ist, zwi­schen Bier und Sei­che zu unter­schei­den, wenn die Nase beim Ver­ab­rei­chen außen vor bleibt, ist wohl genau­so doof, wie mit dem Star­bucks-Becher in der Hand über den Kli­ma­wan­del zu diskutieren.

All die­sen Schwach­sinn ver­steht man wohl unter Life­style. Was will da ein Ses­sel­pu­per wie ich schon groß mit­re­den können.…

Der Schluss, dass es auch zu die­sem Life­style gehört, dass Über­set­zun­gen so wört­lich und so ama­teur­haft wie nur mög­lich aus­zu­fal­len haben, wäre wohl etwas über­trie­ben. Es muss also eher damit zu tun haben, dass man wie bei Kaf­fee und Bier ein­fach nicht mehr zu unter­schei­den ver­mag, weil durch den Usus der Geschmacks­sinn abhan­den­ge­kom­men ist bzw. das Sprach­ge­fühl, was den Unter­schied zwi­schen guter und schlech­ter Über­set­zung scheiß­egal wer­den lässt.

Es sieht aus wie Bier und kommt aus der Fla­sche, wozu braucht es da Schaum­kro­ne mit Mai­sche­duft? Bei Kaf­fee to go gilt dito.

Man hat’s in ame­ri­ka­ni­schen Fil­men gese­hen, also wird’s ja wohl hip sein. Sie erin­nern sich noch all die Dep­pen, die vor eini­gen Jah­ren in der Stadt mit Was­ser­fla­schen rum­lie­fen? Aus Angst, Sie kön­nen beim Ein­kau­fen dehy­drie­ren? Mon­key see, mon­kee do, sagt man da im Eng­li­schen. Was macht der Affe nicht alles nach? 

Fast möch­te man hof­fen, dass sich der Trend zum ahnungs­lo­sen Über­set­zen eben­so wie­der ver­flüch­tigt wie der Trend, nicht ohne Was­ser­fla­sche aus dem Haus zu gehen. Sie erin­nern sich?

Und weil ich gra­de so schön in Fahrt bin, gleich noch was, was mich am heu­ti­gen Eng­lisch so kolos­sal irri­tiert: das Ver­schwin­den des Bin­de­strichs. Anders gesagt Wort­lü­cken dort, wo kei­ne sein soll­ten, was ganz ande­re Bezü­ge schafft & das Lesen bzw. das Ver­ste­hen zuwei­len erheb­lich erschwert. Nicht dass das bei der oben beschrie­be­nen Art von Über­set­zen noch nötig wäre. Net­ter­wei­se lie­fert der alte Thril­ler ein Bei­spiel für so ein Lücke aus dem Deut­schen. Womit ich nicht sagen will, dass es im Deut­schen »Küchen-Per­so­nal« hei­ßen soll­te. Aber was zum Gei­er will uns die Auf­schrift denn eigent­lich sagen?

The Dou­ble Man (1967)

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  1. Und ich gehe mal davon aus, dass »Über­st­zungs­theo­rien« im tag­täg­li­chen Umgang mit zwei Spra­chen nun wirk­lich kei­ne Rol­le spie­len. Dazu müss­te man sich erst mal mit ihnen befas­sen. Und da wür­de sich dann doch nun wirk­lich die Fra­ge stel­len, war­um man sich nicht erst mal kon­tras­tiv mit der eng­li­schen und der deut­schen Gram­ma­tik befasst. []
SlangGuy

Übersetzer & Wörterbuchmacher

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