Ich habe ich mich hier mal mehr oder weniger künstlich über Sprachlehrbücher für das Selbststudium der russischen Sprache echauffiert und sehe natürlich, dass das ein bisschen ungerecht war, ich bin halt langsamer als andere, aber was soll’s – Tatsache ist, ich habe über 200 Mücken für allerhand Schamott hingelegt und es kam weder Freude auf, noch kam ich damit auf den sprichwörtlichen grünen Zweig. Tatsache ist aber auch, dass ich nichtsdestotrotz damit angefangen habe und trotz der halben Stunde die Woche, die ich dafür aufwenden kann, immer noch dabei bin. Lassen Sie mich Ihnen erzählen, wie das kam – und nehmen’s Sie als heißen Tipp …
Ich sag’s mal vorab: Der Gedanke, in meinem Alter noch etwas – für mich – völlig Neues zu lernen, rührt daher, dass mein Gehirn einem abbröckelnden Eisberg gleicht – Sie kennen die gruseligen Bilder aus dem Fernsehen: ganze Steilwände brechen unter Donnergepolter ins Meer? Mein Job als Übersetzer ist da weniger betroffen, schließlich mache ich das jetzt ein Leben lang, da geht einem Vieles in Fleisch & Blut über, den Rest erledigen meine Datenbanken, die auf meine erste Karteikarte aus dem Jahre 1966 zurückgehen. Aber alles Neue?
Ich gebe grundsätzlich nicht auf. Also habe ich mich nach den Fiaskos mit den »offiziellen« einschlägigen Lehrbüchern im Web umgesehen. Und mein lieber Scholli, was bin ich fündig geworden! Ich will mich hier mal auf das Wesentliche beschränken, allen voran auf »meinen Kurs«.
Ich möchte vorab sagen, dass ich kein Geld oder sonst was bekomme für das, was ich hier schreibe – vermutlich noch nicht mal Klicks. Es will nur meine Zufriedenheit mit dem Gefundenen zum Ausdruck bringen. Und wie gesagt, wenn Sie Russisch auf DIY lernen wollen, probieren Sie’s mal mit dem hier …
Den Kurs, für den ich mich entschieden habe – probehalber erst mal, aber auf die popligen 25 Mücken kam’s auch nicht mehr an, fand ich auf russlandjournal.de, was mich an den Titel meiner eigenen mal durchaus ambitionierten Website – siehe oben – erinnert hat. Ich bekam dafür eine zip-Datei mit satten 100 Lektionen als 500 Seiten starkes pdf und – der Clou, wie ich finde – alle 100 Lektionen als mp3s. Das ist nicht nur satt was fürs Sauer-verdiente, auch die Methode war genau die richtige für mich.
Das Prinzip ist so simpel wie genial: Eine russische Muttersprachlerin namens Anastasia bringt ihrem deutschen Gatten – namens Chris – ihre Muttersprache bei. Nein, ehrlich, das ist genial, weil der gute Chris – pardon, крис – genau die selben Probleme hat wie unsereins: er kann nicht Russisch, möchte es aber lernen. Und wir sind live mit dabei!
Und um auf meine Tirade von damals zurückzukommen. Im Gegensatz zu Langenscheidt & Co. gibt es bei den beiden kein Blabla. Da geht’s von der ersten Sekunde an konkret zur Sache. Und man hat den Text vor sich und kann ihn mithören. Immer und immer wieder.
Und nur nebenbei. Wenn Sie zum Hören von Anfang die geniale Freeware mp3directcut benutzen – ich schneide mir damit seit Jahren aufgenommene Hörspiele oder die eine oder andere aufgenommene Idee auf der Gitarre zurecht (eignet sich prima zum Üben) –, dann können Sie sich auch einzelne Sätze markieren und nachplappern:
Markiert ist hier nur die Phrase »я разговариваю« – wie hier zu sehen:
Wenn Sie auf das »Unendlichzeichen« drücken, das ist das fünfte Icon von links in der untersten Reihe – die »faule 8« –, dann können Sie das wochenlang hören, ad nauseam, bis der Arzt kommt.
Und mal ganz ehrlich, das ist auch nötig bei einem Wort wie »разговаривать«. Großer Gott, all die Silben für ein simples Wörtchen wie »sprechen«! Armes Russland! Aber dafür ist eure Vergangenheit super simpel. Ein Traum! Wenn ich da an Französisch zurückdenke …
Aber zurück zu Анастасия und Крис … Es gibt zu dem ebenso genialen wie fast geschenkten Kurs auch eine perfekte Website nebst Forum und allen nur erdenklichen Goodies: Erklärungen in Videoform, die wichtigsten Verben zum Anhören durchkonjugiert, allerhand Landes- und Speisetipps. Ich erlaube mir hier mal, einen Link auf einen ihrer Podcasts zu setzen:
Und dazu gibt es natürlich noch für den Selbstlerner eine ganze Menge anderer Webseiten, auch die von Langenscheidt und Klett (Pons) mit prima Wörterbüchern etc. Vor allem angetan aber hat es mir zur Ergänzung des Kurses de.openrussian.org. Da finden Sie praktisch jedes Wort mit Satzbeispielen und Deklination bzw. Konjugation. Sagenhaft! Aber wie gesagt, zusätzlich zu Анастасия und Крис. Die beiden sind als roter Faden für unsere Bemühungen natürlich Pflicht.
Und wo wir schon dabei sind, ich habe neulich noch was entdeckt. Als ich noch Englisch-Nachhilfe gegeben habe – als Student, vor 100 Jahren –, da gab’s die famose Easy Reader-Reihe in diversen Schwierigkeitsstufen. Da hab ich fürs Russische lange gesucht und nichts gefunden. Bis ich vor kurzem auf die Lernkrimi-Reihe von Circon stieß. Ich habe Französisch an Hand eines Maigret-Krimis gelernt und dann studiert, und viel schlechter als das Gros der künftigen Lehrer war ich da letztlich auch nicht. Büchl gekauft und alles nachgeschlagen und durchkonjugiert bzw. durchdekliniert. Im Russischen gestaltet sich diese Methode als schwierig bis unmöglich. Warum? Weil man, selbst wenn man die Hieroglyphen mal drauf hat, nie weiß, wie ein Wort ausgesprochen wird. Wirklich, völlig unmöglich! Da es keine Betonungsregeln gibt, hat man keinen blassen Schimmer, welches von den fünf »Os« im Wort auch tatsächlich wie ein »o« gesprochen wird und nicht wie ein »A«. Furchtbar frustrierend. Bei der circon-Reihe gibt’s eine CD mit, wo die simple (sag ich jetzt mal) Geschichte vorzüglich vorgelesen wird. In Kombination mit dem oben genannten mp3directcut ist das die beste Fortsetzung Ihrer Bemühungen.
Wie gesagt, ich bin mit keinem der Genannten bekannt, verschwägert oder sonst wie verbandelt, ist einfach ein privater Erfahrungsbericht. Ob’s noch eine Erfolgsstory wird, kann ich bei meinem Gedächtnis nicht sagen …
Apropos: Ich sollte wohl der guten Nadja aus dem Supermarkt nebenan nochmal – zum wiederholten Mal – nahelegen, mir doch zu sagen, wenn ich ihr auf den Zeiger gehe mit meinen armseligen Fortschritten in ihrer Muttersprache. Bei ihr hört sich das so ganz anders an …
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