Das Vorwort zu Arnold Genthes, Deutsches Slang habe ich bereits hier vorgestellt., und wir sind nun bald am Ende des Bändchens. Interessant ist, dass Genthe 1892 kaum etwas – sei es ein Wort, sei es eine Wendung – bringt, das wir nicht heute als solides Umgangsdeutsch bezeichnen würden, das es damals aus diversen Gründen noch nicht gab, Genthe aber letztlich zu beschreiben oder einzuführen versucht. Einige wenige seiner Einträge sind verschwunden oder womöglich in dem Dialekt verblieben, aus dem sie wohl kamen, und wiederum einige davon sollte es noch geben …
70 vertuschen — wanzen.
vertuschen, v. tr., eine Angelegenheit durch Schweigen vergessen zu machen suchen.
verulken, v. tr., jem. verhöhnen, durch Spöttereien lächerlich machen (s. Ulk).
verwichsen, v. tr., jem. durchprügeln (s. Wichse).
verzapfen, v. tr., gewähren, verabreichen (von allen möglichen Dingen) z. B.: Musik wird nicht mehr verzapft = es wird nichts mehr gespielt. Du willst Geld haben? — „wird nicht mehr verzapft“.
Das DWDS bestätigt meine Vermutung, dass heute weder Musik noch Geld, sondern nur noch Unsinn verzapft wird:
Visage, f., Gesicht (verächtlich).
Vogel, m., Red.: einen Vogel haben — verrückt, überspannt sein.
vollgepropft, part., mit Menschen überfüllt.
vollmachen, v. refl., sich verunreinigen, sich die Kleider beschmutzen, z. B. bei Regenwetter.
vollpfropfen, v. refl., sich voll essen.
Folgendes Verb war mir bislang nicht geläufig, gefällt mir aber recht gut:
vorbeigelingen, v. int., mißlingen, nicht gelingen.
Beispiele führen die Grimms keine an, dafür hat aber das DWDS eines: »Seit dem Dürer‑Jubiläum grassiert die schöne Unsitte der organisierten Künstler‑Hommage, die manchmal gelingt und häufig vorbeigelingt. [Die Zeit, 04.07.1975, Nr. 28]«
vorflunkern, v. tr., jem. etw., ihm etw. vorlügen.
vorkommen, v. int., Red.: bei einem mit vorkommen = ihn gelegentlich besuchen; ich werde nächstens mal bei Ihnen mit vorkommen.
vorkriegen / vornehmen, v. tr., jen. zur Rede stellen, ihm in’s Gewissen reden.
wabbelig, a., 1. von Speisen, flau, widerlich weich, ungewürzt; 2. von Fett zitternd (bei Erschütterung), schlodderig. weich, schlapp.
wabbeln, v. int., schlottern, zittern, von weichen, fetten Körpern.
wälzen, v. tr., Red.: es ist zum wälzen = zum krank lachen; sich vor Lachen wälzen = übermäßig lachen.
wanzen, v. int., als Überzähliger beim Kartenspiele sitzen; auch von anderen Gelegenheiten gebraucht, wo man als unthätiger, unbefugter Zuschauer fungiert.
Waschlappen — Wuppdich. 71
Waschlappen, m., energieloser Mensch.
Waschweib, n, schwatzhaftes Frauenzimmer.
Wastel, m., Schimpfwort, gewöhnlich in gutmütigem Sinn, wie: Kerl.
weg, adv., 1. etw. weg haben = etw. begriffen haben, etw. gründlich verstehen; 2. etw. weg bekommen haben = Schaden genommen haben, z. B.: sich eine Erkältung zugezogen haben; s. weg sein = hingeriſſen, entzückt sein: er war ganz weg, als er sie sah; 4. in einem weg = in einem fort, fortwährend.
weiß, a., Red.: jem. etw. weiß machen = ihm etw. vorlügen.
Weltgeschichte, f., Red.: da hört doch die Weltgeschichte auf Ausdruck des Erstaunens) = das iſt unglaublich!
Wichse, pl., Schläge, Hiebe, Prügel, ſ. verwichsen, v. tr.
Wickel, m., Red.: jem. beim Wickel kriegen (ihm am Genick fassen) zur Rede stellen.
Wimmerholz, n., Guitarre, Zither.
Windbeutel, m., I. Gebäck mit Schlagſahne; 2. leichtsinniger übermütiger Mensch.
windig, a., (von Menschen), unzuverlässig.
Wippchen, pl., Red.: jem. Wippchen vormachen = Vorspiegelungen, Ausflüchte, nichtssagende Ausreden machen.
Der Grimm weiß zu »Wippchen«:
wippchen, n., deminutivbildung zu wipf, m. ’sprung’; md. als wippchen, nd. als wippken geläufig, auch umgangssprachlich verbreitet; ursprünglich wohl der sprung, das kunststück des seiltänzers, vgl. wephare histrio Notker ps. 39, 6, dann allgemeiner als ‘possenhafte bewegung, gebärde, streich’, vgl. so wipjen Liesenberg Stieger ma. 220; besonders ‘gaukelei, falsche vorspiegelung, flause, finte, täuschung, ausflucht, leere ausrede’, vgl. Doornkaat-Koolman 3, 558, Mi mecklenb. 107b, Danneil altmärk. 251 (wuppken), Brendicke Berl. 193, Jecht Mansfeld. 125, Kehrein Nass. 447 u. s. w.; meist in verbindungen wie wippchen vormachen, vgl. Kleemann nordthür. 25, Hentrich Eichsf. 29, Albrecht Leipz. 237, Rother schles. spr. 393b; wippchen machen, vgl. Müller-Fraureuth 2, 670; wippchen schlagen Crecelius oberhess. 918; blasser auch ‘posse, scherz’, vgl. Frederking Hahlen 35, Block Eilsdorf 101, Woeste westf. 326, Schambach 300, Hertel Thür. 258, Rovenhagen Aach. 163; ‘zote, dummes zeug’ Frischbier preusz. wb. 2, 473; im kaufmänn. jargon für den ‘wechsel’ Elberf. ma. 176; literarisch selten: das alte männel da, das kleine, das sich beinah tot schleppt? macht mir keine wippchen vor! O. Ludwig ges. schr. 2, 485; ein forscher kerl läszt sich keine wippchen anmachen grenzbote (1846) 474.
wispern, v. int., flüstern.
Wohlgefallen, n., Red.: sich in Wohlgefallen auflösen, scherzhaft für: sich auflösen.
wohlhabend, a., (von Sachen), vornehm, nobel, z. B.: dein neuer Mantel macht einen sehr wohlhabenden Eindruck.
Wolkenschieber, m., 1. Mütze mit breitem Schirm; 2. Schnaps.
woso? Red., scherzhaft für: wieso?
Wuppdich, Red.: in einem Wuppdich – in einem Nu, (zur Bezeichnung der Schnelligkeit, mit der eine Bewegung ausgeführt wird).
Fortsetzung hier
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