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Trump-Wör­ter­buch #10: Loya­li­tät (Hate me, get fired! )

Beschäf­ti­gen wir uns heu­te mit zwei der zahl­lo­sen Begrif­fe, die für die ticken­de Oran­ge jen­seits des gro­ßen Teichs Fremd­wör­ter sind: Loya­li­tät und Loya­li­tät. Genau­er gesagt, Loya­li­tät gegen­über ande­ren und Loya­li­tät ihr selbst gegen­über. Ein sich zeit­le­bens durch alle sei­ne Bezie­hun­gen zie­hen­des Para­dig­ma sieht fol­gen­der­ma­ßen aus: Solan­ge jemand ihm nütz­lich ist und in den Arsch kriecht, solan­ge ist er gedul­det; ist er nicht mehr nütz­lich oder lässt auch nur einen Hauch von Zwei­fel an sei­ner oran­gen Hoheit erken­nen, bekommt er still­schwei­gend den Lauf­pass, sieht er sich abge­schos­sen, in die Wüs­te geschickt. Wenn er Glück hat. Heu­te fin­det das näm­lich mit gro­ßem Brim­bo­ri­um öffent­lich unter einem Schwall mehr oder weni­ger kin­di­scher Belei­di­gun­gen statt. 

Die Zahl derer, die Trump in sei­nem Leben den Wöl­fen zum Fraß vor­ge­wor­fen hat, wenn sie nicht mehr spur­ten oder ihm ein­fach nicht mehr von Nut­zen waren, ist Legi­on. Neh­men wir, sozu­sa­gen als Appe­tit­hap­pen, nur ein beson­ders typi­sches Bei­spiel aus grau­er Vorzeit. 

Wie satt­sam bekannt, bekam Trump von sei­nem Vater ein statt­li­ches Start­ka­pi­tal mit auf den Weg, wahr­schein­lich auch das Sam­mel­su­ri­um an Macken, die sei­nen Cha­rak­ter kon­sti­tu­ie­ren. Den eigent­li­chen Schliff jedoch bekam er von sei­nem Men­tor, einem Mann, den gleich drei sei­ner Bekann­ten spä­ter unab­hän­gig von­ein­an­der als »das Böse« bezeich­ne­ten: dem berühmt-berüch­tig­ten New Yor­ker Anwalt Roy Cohn. Die­ser hat­te sich unter ande­rem schon als Sena­tor McCar­thys Chef­ju­rist bei der Kom­mu­nis­ten­hatz einen Namen gemacht, bevor er Anwalt sowohl der Mafia als auch der Erz­diö­ze­se New York wur­de. Donald und Roy lern­ten sich ken­nen, als die Trumps einen Anwalt brauch­ten, der sie vor Gericht ver­trat, nach­dem sie sich gewei­gert hat­ten, in ihrem Immo­bi­li­en­im­pe­ri­um in Brook­lyn und Queens an Schwar­ze zu ver­mie­ten. Die bei­den waren sofort dicke Freun­de und stürz­ten sich gemein­sam ins deka­den­te New Yor­ker Nachtleben. 

Laut einem Arti­kel der New York Dai­ly News brach­te Roy Cohn Trump unter ande­rem bei, »das Rechts­sys­tem zum rou­ti­ne­mä­ßi­gen Betrug zu miss­brau­chen, mit­tels so ori­gi­nel­ler wie dyna­mi­scher Metho­den Steu­ern zu umge­hen und sei­ne Zie­le durch die Ver­brei­tung von Unwahr­hei­ten und Anspie­lun­gen zu erreichen«. 

Herr­gott­noch­mal: Trump hat­te ein Foto von Cohn auf dem Nacht­tisch­chen ste­hen! Als er jedoch erfuhr, dass sein schwu­ler (wenn auch vehe­ment homo­pho­ber) Busen­freund an AIDS erkrankt war, ließ er ihn prompt fal­len.1

Und der Mann war sein »bes­ter Freund« und hat­te ihm noch ein­mal was getan … 

Aber neh­men wir eini­ge der für den Augen­blick rele­van­te­ren Bei­spie­le für Trumps Ver­ständ­nis­lo­sig­keit für das Kon­zept der Loya­li­tät an sich. So schreibt Ste­ven Hassan, in sei­nem Buch Cult of Trump, der dama­li­ge Prä­si­dent habe »seit sei­nem Amts­an­tritt Hun­der­te beschämt, schi­ka­niert und her­ab­ge­setzt, ins­be­son­de­re sei­nen eins­ti­gen Getreu­en … Jeff Ses­si­ons, den er als ›geis­tig zurück­ge­blie­ben‹ und als ›tum­ben Süd­staat­ler‹ bezeich­ne­te«.2

Sie erin­nern sich viel­leicht noch: Jeff Ses­si­ons hat­te sich als frisch­ge­ba­cke­ner Jus­tiz­mi­nis­ter in Trumps hand­ver­le­se­nem Kabi­nett gewei­gert, die Unter­su­chung, sei­nes Son­der­er­mitt­lers Robert Muel­ler bei der Unter­su­chung von Russ­lands Ein­mi­schung bei den ame­ri­ka­ni­schen Wah­len 2016 zu »beauf­sich­ti­gen«, und sei­nen Rück­tritt erklärt. Grund dafür war ein Inter­es­sen­kon­flikt dar­aus ent­stan­den, dass er sei­ne Begeg­nun­gen mit dem rus­si­schen Bot­schaf­ter Ser­gei Kisljak nicht gemel­det hat­te. Anwäl­ten des Jus­tiz­mi­nis­te­ri­ums hat­ten ihm dazu gera­ten: die Demo­kra­ten könn­ten Trump womög­lich einen Strick dar­aus dre­hen. Auch wenn Trump sei­nen Rück­tritt zunächst nicht akzep­tier­te, mach­te Ses­si­ons sich mit wei­te­ren »Befehls­ver­wei­ge­run­gen« so unbe­liebt, dass der oran­ge­ne Prä­si­dent im Novem­ber 2018 schließ­lich sei­nen Rück­tritt ver­lang­te.3 Seit­her drischt Trump auf ihn – wie auf jeden ande­ren »Ver­rä­ter« – gna­den­los ein. 

Im Mai 2020 ver­tei­dig­te Ses­si­ons zum wie­der­hol­ten Mal sei­ne dama­li­ge Ent­schei­dung und beteu­er­te, er habe Prä­si­dent Donald Trump damit hel­fen wol­len: »Wie all­seits bekannt, war der Prä­si­dent mit mei­ner Ent­schei­dung nicht ein­ver­stan­den, aber ich habe getan, was das Gesetz von mir ver­langt. Ich war eine zen­tra­le Figur in der Kam­pa­gne und selbst Gegen­stand und Zeu­ge der Ermitt­lun­gen, konn­te also selbst­ver­ständ­lich nicht recht­lich an Ermitt­lun­gen gegen mich selbst betei­ligt sein … Hät­te ich das Gesetz igno­riert und dage­gen ver­sto­ßen, hät­ten die Demo­kra­ten dem Prä­si­den­ten damit schwe­ren Scha­den zufü­gen kön­nen.«4

Aber ein Trump ver­gisst nie. Als Jeff Ses­si­ons 2019/20 wie­der für den Senat kan­dier­te, ver­wei­ger­te Trump ihm nicht nur jede Unter­stüt­zung, er twit­ter­te auch hef­tig gegen ihn, und das obwohl engs­te Mit­ar­bei­ter dem Prä­si­den­ten Ses­si­ons, den ers­ten amtie­ren­den Sena­tor, der Trump als Prä­si­dent­schafts­kan­di­da­ten unter­stützt hat­te, als Getreu­en für den US-Senats wärms­tens empfahlen. 

Über­ge­hen wir mal Leu­te die end­lo­se Rei­he ande­rer geschass­ter Unge­treu­er, den­ken Sie an Rein­ce Prie­bus und sei­nen Rechts­be­ra­ter Rudy Giu­lia­ni. Ers­te­ren hat­te er nach sei­ner Wahl noch als »Star« bezeich­net und zum Stabs­chef gemacht, dann jedoch, als sei­ne Beliebt­heit sank, sei­ne Agen­da ins Sto­cken geriet und sei­ne Bera­ter sich gegen­sei­tig bekrieg­ten, für sei­ne Pro­ble­me ver­ant­wort­lich gemacht und öffent­lich gede­mü­tigt.5 Giu­lia­ni, der im Novem­ber 2020 eine zen­tra­le Rol­le bei Trumps Ver­su­chen, den Aus­gang der Wahl zu kip­pen spiel­te, erhob dabei viel­fach wider­leg­te Vor­wür­fe des Wahl­be­trugs und wur­de danach viel­fach juris­tisch belangt. Was Letz­te­ren anbe­langt, genü­ge hier ein Zitat aus dem Guar­di­an: »Donald Trump hat sich mit sei­nem per­sön­li­chen Anwalt Rudy Giu­lia­ni zer­strit­ten und wei­gert sich, [sei­ne] Anwalts­rech­nun­gen zu bezah­len.«6

Kom­men wir lie­ber gleich zu sei­ner der­zei­ti­gen Lieb­lings­fein­din: Nik­ki Haley. Sie gehört zu den inter­es­san­ten Fäl­len, die Trump tat­säch­lich scharf kri­ti­sier­ten (im Wahl­kampf 2016), sich dann aber Trump anschloss, als die von ihr bevor­zug­ten Kan­di­da­ten ver­lo­ren. Nach­dem er sie in sei­ne Regie­rung geholt und zur UN-Bot­schaf­te­rin gemacht hat­te, unter­stütz­te sie Trump und auch bei sei­nem Wahl­kampf 2020.7 Erst nach dem Auf­stand vom 6. Janu­ar 2021 äußer­te Haley aber­mals Kri­tik an Trump, jeden­falls zunächst, dann nahm sie dies jedoch wie­der zurück und sag­te, die Par­tei brau­che ihn: »Die Repu­bli­ka­ner brau­chen ihn. Ich möch­te nicht, dass wir in die Zeit vor Trump zurück­keh­ren.«8

Seit Haley sich dann selbst zur Kan­di­da­tur ent­schloss, hat sich das Ver­hält­nis der bei­den ver­schlech­tert und der Ton ver­schärft. Nicht dass ihre Agen­da sich groß von der ihres Geg­ners unter­schei­den wür­de. Selbst als er sich auf die bei Men­tor Roy Cohn gelern­te Ver­leum­dungs­me­tho­de ver­leg­te und – wie schon bei Oba­ma — behaup­te­te, Nik­ki Haley kom­me für das Prä­si­den­ten­amt nicht Fra­ge, weil ihre Eltern bei ihrer Geburt kei­ne US-Bür­ger gewe­sen sei­en, ent­schul­dig­te sie das noch: »Er ist ein­deu­tig ver­un­si­chert. Wenn er die­se Aus­ras­ter hat, Mil­lio­nen für Fern­se­hen aus­gibt, dann zeigt das sei­ne Unsi­cher­heit. Er weiß, dass was nicht stimmt. Ich sit­ze nicht rum und mache mir Gedan­ken dar­über, ob das per­sön­lich gemeint ist oder was er über­haupt damit meint.«

Man konn­te sich des Ein­drucks nicht erweh­ren, sie wür­de jeder­zeit als Vize zur Ver­fü­gung ste­hen, wenn Trump sie rief. Inzwi­schen frei­lich ist sie für Trump nur­mehr Nik­ki »Spat­zen­hirn« Haley. Und nach­dem er sich über die Abwe­sen­heit ihres Gat­ten vom Wahl­kampf mokiert hat­te, der ein Jahr frei­wil­lig in Dschi­bu­ti dient, ist der Ofen aus: »Wenn Sie den Dienst eines Vete­ra­nen ver­höh­nen, ver­die­nen Sie nicht ein­mal einen Füh­rer­schein, geschwei­ge denn das Amt des Prä­si­den­ten der Ver­ei­nig­ten Staa­ten.«9

Über­trof­fen wird die Niveau­lo­sig­keit von Trumps Angrif­fen auf Haley nur noch von der Behaup­tung, sie sei, der Unter­stüt­zung ihrer demo­kra­ti­schen (!) Wahl­kampf­spen­der wegen, »so weit nach links gerutscht«, dass sie es auf die Repu­bli­ka­ni­sche Par­tei an sich abge­se­hen habe. Unter den Idio­ten, die über­haupt noch Repu­bli­ka­ner wäh­len, ist das ver­mut­lich der Nagel zu ihrem Sarg. 

Wer mich nicht mag, der nicht gewinnt … 

Anmer­kun­gen

  1. New York Dai­ly News ↩︎
  2. Ste­ven Hassan, Cult of Trump: A Lea­ding Cult Expert Explains How the Pre­si­dent Uses Mind Con­trol; sie­he auch Bob Wood­ward, Fear ↩︎
  3. Sarah N. Lynch, Demo­crats warn Trump after Att­or­ney Gene­ral Ses­si­ons forced out, Novem­ber 8, 2018, Reu­ters ↩︎
  4. Jamie Ehr­lich, CNN, Jeff Ses­si­ons says his recu­sal from Rus­sia pro­be was an attempt to help Trump. May 12, 2020. ↩︎
  5. Ezra Klein, Donald Trump’s sho­cking dis­loyal­ty, Jul 31, 2017 ↩︎
  6. Luke Har­ding, Trump ‘refu­sing to pay’ Rudy Giuliani’s legal fees after fal­ling out, The Guar­di­an. 14 Jan 2021. ↩︎
  7. MSNBC. ↩︎
  8. Ibid. ↩︎
  9. CNN. ↩︎

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