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Euphe­mis­men – Deck­män­tel­chen für aller­hand Schweinereien

„Euphe­mis­mus“, das ist neben „Angli­zis­mus“ das zwei­te Fremd­wort aus der Sprach­wis­sen­schaft, mit dem Lai­en heu­te nur zu gern han­tie­ren. Was wohl gera­de die­se bei­de Wör­ter so fas­zi­nie­rend für Han­ni & Nan­ni und damit zu modi­schen Ver­satz­stü­cken jeder Unter­hal­tung gemacht hat? Ver­mut­lich weil es auf unse­rer Welt mehr Häss­li­ches denn je zu bedeck­man­teln gibt & mehr eng­li­sche Bro­cken durch die Gegend gewor­fen wer­den denn je. Soll hier aber nicht das The­ma sein.

Die­se Deck­män­tel­chen für das Häss­li­che sind näm­lich an sich viel inter­es­san­ter als der Umstand, dass Hinz & Kunz das Fremd­wort dafür in jede zwei­te Kon­ver­sa­ti­on ein­zu­flech­ten ver­su­chen. Und sie wer­den umso Inter­es­san­ter, je mehr man sich mit ihnen befasst.

„Schö­ne Wör­ter für häss­li­che Din­ge fin­den sich allent­hal­ben nur all­zu oft“, schrieb Richard Che­ve­nix Trench, sei­nes Zei­chens immer­hin Erz­bi­schof, 1888 in sei­nem Buch On the Stu­dy of Words. „Der Mensch“, so zitiert er in einer inter­es­san­ten Aus­füh­rung über eine – von ihm mal ange­nom­me­ne – Moral der Wör­ter als einen der Grün­de dafür eine alte Weis­heit, „schämt sich weni­ger sei­ner nied­ri­gen Taten als der nied­ri­gen Namen, die man die­sen gege­ben hat.“ Und er belegt dies mit eini­gen schö­nen Bei­spie­len, des­sen letz­tes Anlass zu die­sem Arti­kel­chen war. 

Bei einem Mord­pro­zess in Dub­lin fünf Jah­re zuvor, schreibt er, sei bei der Pla­nung der Tat nicht etwa von „Mord“ die Rede gewe­sen, son­dern von der „Besei­ti­gung“ der Betrof­fe­nen. (Die Täter hät­ten in Sachen Bemän­teln eini­ges von den Ame­ri­ka­nern ler­nen kön­nen, ins­be­son­de­re von der CIA und ihren Spieß­ge­nos­sen beim Militär.)

In Sus­sex, so führt er an, sei man nie und nim­mer betrun­ken, son­dern „prall“, „auf­ge­dreht“, „ange­hei­tert“ oder „am Geis­ti­gen inter­es­siert“, gera­de dass man noch zuge­be, jemand habe „mehr intus, als gut für ihn“ sei.

In Ita­li­en – zur Zeit, in der das Ver­gif­tet­wer­den Volks­krank­heit war – habe man nie von „ver­gif­ten“ gespro­chen“, son­dern davon, den Ver­bli­che­nen hin­über „gehol­fen“ zu haben. („Aiuta­ta“ zitiert er die Ita­lie­ner, was sich wohl auf “mor­te aiuta­ta” bezieht; “Ster­be­hil­fe” nen­nen wir das wohl heu­te.) Und die Fran­zo­sen, weil der Erz­bi­schof gera­de beim Ver­gif­ten ist, spra­chen in Fäl­len von Ster­be­hil­fe bei zu beer­ben­den Ver­wand­ten von einem „poud­re de suc­ces­si­on“, einem “Erb­schafts­pul­ver”  (gemeint ist „wei­ßes Arse­nik“), als pro­ba­tem Mit­tel dazu.

Und dann, so schließt der Mann Got­tes kurz, möch­te man den Euphe­mis­mus eigent­lich für eine Erschei­nung fort­ge­schrit­te­ner Kul­tu­ren mit einem hohen Grad an künst­li­cher Kul­ti­viert­heit hal­ten. Dass dem mit­nich­ten so sei, beweist für ihn ein Cap­tain Erski­ne, der auf den Fidschi­in­seln Zeu­ge kan­ni­ba­li­scher Prak­ti­ken gewor­den war. Und die Fids­chia­ner, so der Cap­tain, unter­schie­den in ihrer Küche zwi­schen „kur­zen“ und „lan­gen“ Schwei­nen“ – wobei mit ers­te­rem ein Schwein tie­ri­scher Pro­ve­ni­enz gemeint war, mit dem zwei­ten ein zum Ver­zehr zube­rei­te­ter Mensch. 

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