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Gen­an­te Liebhaber?

Nicht sel­ten beim Über­set­zen stöhnt man auf ob des ver­meint­li­chen Unge­nü­gens unse­rer deut­schen Mut­ter­spra­che ange­sichts frem­der Sprach­fül­le. Und natür­lich ist das unge­recht. Wir haben alle Wör­ter, die wir brau­chen. Erst wenn uns aus ande­ren Kul­tu­ren neue Kon­zep­te ange­tra­gen wer­den, ver­sagt unse­re Spra­che. Muss sie ver­sa­gen. Wenn das Benann­te für uns etwas Neu­es ist. Aus dem einen oder ande­ren Grund kennt unse­re Kul­tur das Phä­no­men eben nicht. Ande­rer­seits kom­men uns ande­re bei der Prä­gung eines grif­fi­gen Namens für etwas aber auch nicht sel­ten ganz ein­fach zuvor.

So auch beim Phä­no­men des bodi­ce-rip­per. Unmög­lich, so habe ich mir gedacht, dass es dafür kei­ne deut­sche Ent­spre­chung geben soll­te. Und begann im 19. Jahr­hun­dert zu suchen. Ich beging damit frei­lich den Kar­di­nal­feh­ler, nicht erst ein­mal nach­zu­se­hen, wor­um genau es sich dabei eigent­lich han­delt und wann denn das Eng­li­sche auf die­sen Begriff gekom­men ist. Ich mei­ne ihn seit einer Ewig­keit zu ken­nen. Als ich end­lich nach­schlug, war ich eini­ger­ma­ßen erstaunt: Das Oxford Eng­lish Dic­tion­a­ry nennt einen Erst­be­leg für das Jahr 1980:

1980 N.Y. Times (Nexis) 28 Dec. Women too have their por­no­gra­phy: Har­le­quin roman­ces, novels of ‘sweet sava­gery,’ bodice-rippers.

1981 J. Sut­her­land Best­sel­lers vii. 85 The most dra­ma­tic inno­va­ti­on in the field of popu­lar women’s fic­tion was the suc­cess of ‘hot ones’, ‘bodi­ce rip­pers’, or ‘sweet and sava­ges’ as they were called.

etc.

Kein Wun­der, dass mei­ne Suche nichts gebracht hat. Ver­mut­lich hat mich das »Mie­der« auf die fal­sche Fähr­te geführt.  Was ich für alt gehal­ten hat­te, ist es gar nicht und spielt sich laut OED ledig­lich in einem »his­to­ri­schen Rah­men« ab.

Trotz­dem, beim welt­wei­ten Erfolg des Gen­res möch­te man doch mei­nen, wir hät­ten hier­zu­lan­de genü­gend Zeit gehabt, eine Ent­spre­chung zu prä­gen. Pfei­fen­de­ckel! Die Wör­ter­bü­cher ver­sa­gen bis auf das Groß­wör­ter­buch von Oxford-Duden, das immer­hin mit sei­ner »Ver­füh­rungs­schnul­ze« eine Ein­deut­schung ver­sucht. Nur dass es nie­mand zu benut­zen scheint. Auch drückt sich der Begriff um den durch das »Mie­der« impli­zier­ten his­to­ri­schen Rah­men her­um. Ein »Schmacht­fet­zen« weicht sowohl der his­to­ri­schen Kom­po­nen­te als auch dem »expli­zit sexu­el­len« Ele­ment aus, den das OED bei sei­ner Defi­ni­ti­on gleich vor­ne­weg nennt. Der wört­li­che »Mie­der­rei­ßer«, auf den ich mich all die Jah­re erst gar nicht ein­las­sen woll­te, eben sei­ner Wört­lich­keit wegen, ist so seicht jedoch gar nicht, bedenkt man, dass ein »Rei­ßer« bei uns auch etwas »Span­nen­des« bezeich­net und oben­drein noch »gut ver­käuf­li­che Ware«. Küp­per, dem die­se Defi­ni­ti­on ent­nom­men ist, nennt auch den »Kri­mi­nal­rei­ßer«, »Kriegs­rei­ßer«, »Aben­teu­er­rei­ßer«, »Gesin­nungs­rei­ßer« und – in die­sem Kon­text beson­ders inter­es­sant – »Bet­ten­rei­ßer« (»publi­kums­wirk­sa­mer Film mit Intimszenen«).

Am schöns­ten wäre natür­lich, wenn end­lich der in die­sem Fall recht schweig­sa­me Volks­mund, dem so gut wie immer die bes­ten Prä­gun­gen gelin­gen, das Maul auf­ma­chen wür­de. Aber ver­mut­lich hat die­ser, wie mei­ne Wenig­keit, noch nicht ein­mal eine Ahnung von der Exis­tenz des Gen­res. Und die, die dar­in ver­siert sind, haben zu wenig Abstand, um sich ihre heiß­ge­lieb­te Lek­tü­re durch ein womög­lich abwer­ten­des Epi­the­ton madig zu machen.

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