£250 Bußgeld muss die böse Cat Lady aus Coventry nun dafür berappen, dass sie im August gaudihalber eine Katze, die ihr auf der Straße untergekommen war, in die nächste Mülltonne geworfen hatte. Das Thema hatte die englische Presse wochenlang bewegt und zu einer Hasskampagne auf Facebook sowie zu Todesdrohungen gegen die Tierquälerin geführt.
Wie’s der Zufall so wollte, saß ich, als ich gestern die Nachricht im Radio hörte, gerade wieder mal über einem meiner Endlosprojekte, einer brauchbaren Dialektdatenbank, insbesondere der britischen Dialekte. Vor dem Hintergrund, dass besagte Dame unter Polizeischutz gestellt werden musste, bietet mein jüngster Neuzugang in Sachen Dialekt einen interessanten Einblick in den weiten Weg, den die englische Volksseele zum Thema Tierquälerei hinter sich hat.
Die Sammlung, die ich eben in der Mache habe, stammt aus dem Jahre 1883 und nennt sich A Glossary of the Dialect of Almondbury and Huddersfield. Zusammengetragen hat sie, wie übrigens viele der Dialekt-Wörterbücher, die ich so finde, ein Geistlicher: Reverend Alfred Easther, M.A, formerly Head Master of the Grammar School Of King James in Almondsbury. Herausgegeben hat diese Sammlung nach seinem Tod ein Reverend Thomas Lees. Huddersfield liegt in West Yorskhire. Yorkshire wiederum liegt ziemlich hoch im Norden Englands, auch wenn es nicht ganz an Schottland grenzt, und ist überdies die größte Grafschaft des Königreichs.
Wie auch immer, es gab dort einige Sitten und Gebräuche, die dem guten Reverend Lees eine ausführlichere Erwähnung im Vorwort wert schienen.
Bullentriezen (bull-baiting)
Einst hielten viele der Dorfbewohner Bulldoggen, und es war zuweilen entschieden gefährlich, durch die Straßen unseres Dorfes zu gehen. Der Bulle kam für gewöhnlich aus Flockton, wo man einen solchen zu dem ausdrücklichen Zwecke hielt, ihn anlässlich von Totenwachen, Festlichkeiten etc. zu triezen. Der Dorfanger von Almondbury ist ein dreieckiges Stück Grund (heute stehen hier Messrs. Taylors Spannrahmen), wo in den letzten Tagen dieses reizenden Kurzweils das Tier zur Freude anderer, nicht weniger grimmiger, wenn auch nicht intelligenterer Tiere gequält wurde. Der Bulle wurde mit Stricken von zirka zwanzig Yards Länge an einen Pflock gebunden; die Besitzer der Hunde standen in den vordersten Reihen, von wo aus sie ihre Haustiere der Reihe nach auf den Bullen zu schoben. Manchmal warf man sie dabei einige Yards in die Höhe; manchmal bekamen sie das arme Tier in den muskulösen Teilen seines Kopfes zu fassen, und wenn der Bulle außer sich geriet, schüttelte er sie in seiner Verzweiflung wild hin und her, und die Zuschauer schrien und tanzten vor Entzücken dabei. Bei einer Gelegenheit riss der Bulle sich von dem Pflocke los, worauf die Umstehenden in heillosem Durcheinander auseinander stoben. Ein andermal, sah sich ein alter Bekannter von mir (dem ich gewisse Reminiszenzen verdanke und der zu meiner Erleichterung unbeschadet davon kam) in die Luft geschleudert und ein gutes Stück weit geworfen; er fiel auf den Kopf und war lange Zeit ohne Besinnung. Schließlich und endlich machte die Stimme des Volkes dem barbarischen Brauch ein Ende. Das letzte Bullentriezen fand angeblich anlässlich der Rush-bearing-Zeremonie1 von 1824 statt, als man das Tier in Begleitung einer Musikkapelle in den Ort brachte.
Weitere Bräuche gefällig? Hier ist noch einer.
- Bei diesem alten Brauch wurden alljährlich Binsen geschnitten und mittels einer Prozession über einen bestimmten Weg zur Kirche gebracht, die mit diesen Binsen ausgestreut wurde. [↩]