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Wiki­Leaks – Das Impe­ri­um schlägt zurück

Juli­an Assan­ge. Selbst als ein­ge­fleisch­ter Fan von Ver­schwö­rungs­thril­lern von Three Days of the Con­dor über Mara­thon Man und Con­spi­ra­cy Theo­ry bis hin zu Eagle Eye möch­te man sei­nen Augen und Ohren nicht trau­en. Ein Mann, der die maß­geb­li­chen Regie­run­gen der Welt der Lüge nicht nur bezich­tigt, son­dern zig­tau­send­fach Bewei­se für sei­ne Behaup­tun­gen gelie­fert hat, sieht sich plötz­lich auf der Flucht. Höchs­te Stel­len ste­cken die Köp­fe zusam­men. Man heckt einen Plan aus, den Mann rein­zu­hän­gen,1 ein inter­na­tio­na­ler Haft­be­fehl wird aus­ge­stellt. Der Mann muss unter­tau­chen.2 Das welt­wei­te Impe­ri­um des Gesin­dels, das uns regiert, schlägt zurück.


Im Kampf gegen Raub­ko­pie­rer und Kin­der­por­no­gra­phen scheint man ja noch nicht weit gekom­men zu sein, ver­mut­lich weil das alles letzt­lich kein Aas inter­es­siert; Wiki­Leaks war dage­gen rela­tiv schnell der Gar­aus gemacht.3 Jetzt braucht nur noch der Ver­ant­wort­li­che zu verschwinden.

Wo nun schon Zel­lu­loid­phan­ta­sien Wirk­lich­keit wer­den, möch­te man sich gar nicht vor­stel­len, wie vie­le Pro­fi­kil­ler bereits auf den Mann ange­setzt sind.

Man stel­le sich die Sze­ne vor, als Jel­zin sei­ner­zeit das Amt an Putin über­gab. Die Kor­rupt­heit des abtre­ten­den Minis­ter­prä­si­den­ten war von einem Aus­maß, dass er sich von sei­nem Nach­fol­ger die Immu­ni­tät schrift­lich garan­tie­ren ließ.4 Ich kann da nicht mit­re­den, aber zwin­ker­te der eine Gau­ner sei­nem Nach­fol­ger nicht viel­leicht dabei zu? »Ich habe mei­ne Schäf­chen im Tro­cke­nen, jetzt bist du dran. Man konn­te sich des Ver­dachts jeden­falls nicht erweh­ren. Und jetzt lie­fert da einer Bele­ge dafür, dass Putin tat­säch­lich vom sel­ben Kali­ber ist.5 Und das gleich über das mäch­tigs­te Medi­um unse­rer Zeit, das Inter­net, wo die­se Bele­ge auf der Stel­le von Mil­lio­nen ein­zu­se­hen sind.

Und nicht nur das, der Mann nennt Putin gleich den Chef eines Mafia-Staats!6

Damit dürf­te doch bereits wenigs­tens die ers­te Hun­dert­schaft Spe­zia­lis­ten für Nass­ar­beit der Spez­nas unter­wegs sein. Die­se Leu­te haben ihre eige­nen Satel­li­ten Herrgottnochmal!

Auf der ande­ren Sei­te haben wir Ame­ri­ka. Wenn selbst der Bera­ter des kana­di­schen Pre­miers öffent­lich prak­tisch zur Liqui­die­rung des Man­nes auf­ruft! Ein Staat, der sich immer ange­nehm von sei­nem eben­so gro­ßen wie zwie­lich­ti­gen Nach­barn abge­ho­ben hat.7 Ich mei­ne, wer kennt schon einen anstän­di­gen Ver­schwö­rungs­thril­ler, in dem die kana­di­sche Regie­rung der Schur­ke gewe­sen wäre? Über die Ame­ri­ka­ner weiß man ohne­hin Bescheid; Dut­zen­de von ein­schlä­gi­gen Autoren haben im Ver­ein mit Hol­ly­wood dafür gesorgt.

Apro­pos Hol­ly­wood: Ich könn­te mir vor­stel­len, dass auch Hol­ly­wood bereits Kopf steht. Dut­zen­de von kar­rie­re­gei­len Stu­di­o­rad­fah­rern schrei­en wohl seit eini­ger Zeit nach Dreh­bü­chern. Welt­stars begu­cken sich im Spie­gel, ob sie dem Mann auf der Flucht nicht viel­leicht ähn­lich genug sehen, um auf einen Platz in der enge­ren Aus­wahl für die Haupt­rol­le hof­fen zu können.

Aber zurück zum rich­ti­gen Leben: Wie wir aus all die­sen Thril­lern wis­sen, sind auch die­je­ni­gen, die sich aus wel­chen Grün­den auch immer, haben breit­schla­gen las­sen, den Hel­den rein­zu­hän­gen, alles ande­re als sicher. Wenn der nicht schon zu Beginn des Films neben einer Frau­en­lei­che auf­wacht, droht den Ver­leum­dern im Ver­laufs des Films der Garaus.

Jetzt wäre es nur schön, wenn die­ser Thril­ler inter­ak­tiv lie­fe, wenn wir alle mit­hel­fen könn­ten, die­sen Hel­den vor sei­nem Schick­sal zu bewah­ren. Das Schlimms­te, was es gibt, ist ein Thril­ler, bei dem die fins­te­ren Mäch­te den Sieg davon tragen.

  1. der Vor­wurf der Ver­ge­wal­ti­gung wur­de schon beim ers­ten Mal rasch wie­der fal­len gelas­sen []
  2. Laut dem Inde­pen­dent ist er in Eng­land und die Poli­zei hat sei­ne Num­mer. []
  3. Laut dem Inde­pen­dent hat Ama­zon den Ser­ver dicht gemacht, auf dem Wiki­Leaks gehos­tet war. []
  4. »Am 31. Dezem­ber 1999 erklär­te Jel­zin sei­nen Rück­tritt und über­gab die Regie­rungs­ge­schäf­te an den Minis­ter­prä­si­den­ten Wla­di­mir Putin. Die Amts­über­ga­be erfolg­te um 12:00 Uhr Mos­kau­er Zeit. Eine der ers­ten Amts­hand­lun­gen Putins garan­tier­te Jel­zin die Frei­heit vor Straf­ver­fol­gung.« Spie­gel []
  5. »Putin is accu­sed of amas­sing “illi­cit pro­ceeds” from his time in office, which various sources alle­ge are hid­den over­se­as.« The Guar­di­an []
  6. »Rus­sia is a cor­rupt, auto­cra­tic klep­to­cra­cy cent­red on the lea­der­ship of Vla­di­mir Putin, in which offi­ci­als, olig­archs and orga­nis­ed crime are bound tog­e­ther to crea­te a “vir­tu­al mafia sta­te”, accor­ding to lea­k­ed secret diplo­ma­tic cables that pro­vi­de a dam­ning Ame­ri­can assess­ment of its erst­while rival super­power.« The Guar­di­an []
  7. Har­per advi­sor calls for ass­as­si­na­ti­on of Wiki­leaks edi­tor. []

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