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Par­ty on, dude! – Wort­ge­schicht­li­ches zum »raver«

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»Who wants a rewind?« In den 1990er-Jah­ren wuss­te hier­zu­lan­de plötz­lich jeder, was ein »Rave« war. Und jede unter peit­schen­den Bret­tern zucken­de Mas­se von Pil­len­freaks war bald ein Rave. Ein »Rave« war von Musik und Ecsta­sy nicht zu tren­nen. Und auf bei­des wur­de getanzt. Das ist jedoch eine rela­tiv spe­zi­el­le Defi­ni­ti­on. Die Ety­mo­lo­gie des Wor­tes geht näm­lich etwas wei­ter zurück.

Das ers­te Mal auf­ge­fal­len ist mir »rave« in Form des »ravers« Ende der 1960er-Jah­re in dem Small Faces-Hit »Lazy Sun­day After­noon«

Would­n’t it be nice to get on with me neigh­bours (da da da do)
But they make it very clear they’­ve got no room for ravers.

1968 war das. Ich hat­te damals längst begon­nen, jeden greif­ba­ren Song zu notie­ren. Was alles ande­re als ein­fach war: die Plat­ten konn­te man sich nicht leis­ten, mei­nen ers­ten Cas­set­ten­re­cor­der ver­dien­te ich mir erst ein, zwei Jah­re spä­ter mit einem Feri­en­job. In der Bra­vo gab’s dann mal Tex­te, aber die kos­te­te eine Mark. Die ich nicht hat­te. Inter­net? Pfei­fen­de­ckel! Man muss­te also zuse­hen, was man so im Radio mit­be­kam. Mal hier eine Zei­le, mal da. Und was ein »raver« ist, habe ich erst erfah­ren, als ich mit den Ame­ri­ka­nern abzu­hän­gen begann. »Einer, der gern abfei­ert«, wür­de man heu­te sagen. Aber es war kein ame­ri­ka­ni­sches Wort!

Aber der »raver« ist eher das letz­te Glied in der Ent­wick­lung. Denn am Anfang war, was die brei­te Öffent­lich­keit anbe­langt, der »rave«. Ich habe es erst ges­tern wie­der gehört, was mich ja zu dem klei­nen Ein­trag hier inspi­riert hat.

The old-time cave dwel­ler lived in a cave,
Here’s what he did when he wan­ted a rave:
He took a stick and he drew on the wall.

Sie müs­sen stein­alt sein, wenn Sie das ken­nen. Es stammt aus »Rock With The Cave­man« von Eng­lands ers­tem Jung­star, der sich halb­wegs dem Wür­ge­griff von Eng­lands Tin Pan Alley ent­zie­hen konn­te und wie ein rich­ti­ger Rock ’n’ Rol­ler klang: Tom­my Ste­e­le. »Rock With The Cave­man« war Eng­lands ers­te rich­ti­ge Rock-Sin­gle. 1956 war das.

Und im Jahr dar­auf hieß es in Tom­my Ste­e­les »Teenage Par­ty«

We’­re gon­na have a teenage party
We’­re gon­na have a teenage rave
We’­re gon­na make it high and hearty
Just think of all the sleep you save.

Was nicht wei­ter zu ver­wun­dern braucht, weil der Song vom sel­ben Team stammt: Lio­nel Bart, Mike Pratt & Tom­my Steele.

Und man könn­te kei­ne bes­se­re Defi­ni­ti­on fin­den: ein »teenage rave« ist eine »teenage par­ty«. Ergo ist ein »rave« eine »par­ty«. Und damals war die­se Bedeu­tung von »rave« für Leu­te außer­halb des Jazz­mi­lieus nietnagelneu.

Aber las­sen Sie mich erst mal kurz aus­ho­len. Nicht dass das groß Spaß macht bei einem Wort, des­sen Ety­mo­lo­gie nicht hun­dert­prot­zig geklärt ist. Aber ich spre­che vom Mit­tel­al­ter; wen inter­es­siert das noch? Tat­sa­che ist, dass »rave« mit dem fran­zö­si­schen »rêver« (träu­men bzw. damals eben auch deli­rie­ren ) ver­wandt ist.

Und das hieß »rave« denn auch zunächst auf der bri­ti­schen Insel: »wahn­sin­nig sein, Anzei­chen von Wahn­sinn an den Tag legen, deli­rie­ren«. Wir spre­chen von 1374 und Chau­cer. Aber das Wort nahm dar­über hin­aus im Lauf der Jahr­hun­der­te auch die Bedeu­tun­gen »irre bzw. lei­den­schaft­lich bzw. ver­zückt reden« und dann »laut reden, schrei­en, kra­kelen« an.

Womit wir gar nicht mehr so weit ent­fernt sind von der Bedeu­tung »sich dem Ver­gnü­gen hin­ge­ben« bzw. »auf den Putz hau­en«, obwohl das Verb »to rave« für die Unein­ge­weih­ten erst nach dem Sub­stan­tiv kam. Aber bevor wir auf die­ses zurück­kom­men, soll­te man noch etwas klä­ren. Dazu einen Zitat aus einem Text, den wohl jeder kennt:

There’s a new gal in town.
Gals are jea­lous, there’s no doubt.
All the guys just rave about
Sweet, Sweet Geor­gia Brown.
Sweet Geor­gia Brown

Hier steht das Verb »to rave« natür­lich in einer sei­ner Stan­dard­be­deu­tun­gen »schwär­men«. Was übri­gens auch für Bud­dy Hol­lys Ver­wen­dung des Wor­tes gilt.

Oh well, the litt­le things you say and do
Make me want to be with you.
Rave on, it’s a cra­zy feelin’
And uh, I know it’s got me reelin’
When you say ‘I love you’, rave on.
Bud­dy Hol­ly — Rave On (1958)

Er ver­wen­det es also kei­nes­wegs im Sin­ne des »par­ty on, dude« von Mike Mey­ers beklopp­tem Vor­stadt­teen­ager Way­ne. Bud­dy Hol­ly bekommt wei­che Knie, wenn sei­ne Ange­be­te ihm sagt, sie lie­be ihn. Also bit­tet er sie: Schwärm wei­ter – Rave on! Um nicht zu sagen »spinn wei­ter«, hör mir bloß nicht zu »phan­ta­sie­ren« auf. Him­mel mich wei­ter an!

Aber zurück zum Sub­stan­tiv, das in der Par­ty-Bedeu­tung wie gesagt vor dem Verb unter die Leu­te gekom­men war, wenn auch in der Form »rave-up«. Das scheint es bereits in den 1940er-Jah­ren im Jazz­mi­lieu gege­ben zu haben, dar­auf kom­me ich gleich noch, und es war eben eine Par­ty. Kei­ne Ahnung, ob die nun lei­ser oder lau­ter war als der »rave« Ende der 50s. »Rave-up« ist auch nicht ver­schwun­den; es war immer wie­der mal zu hören. Der Eng­län­der bil­det gern Sub­stan­ti­ve mit ‑up als Suf­fix, man den­ke an »fry-up« und »kne­es-up«, »rave-up« klingt also nicht ver­kehrt. In den Six­ties gab es auch das »rave-in«, was auch nicht ver­wun­dert, weil -in – man den­ke an das »sit-in« – ein ange­sag­tes Suf­fix war.

Aber zurück zum Ursprung des Wor­tes unter den Ein­ge­weih­ten. Geor­ge Mel­ly, der gro­ße eng­li­sche Jazz- und Blues­sän­ger, meint in sei­ner Auto­bio­gra­phie,1 »rave« in der Bedeu­tung von »auf den Putz hau­en« sei eine Erfin­dung von Trom­pe­ter Mick Mul­ligan, in des­sen Orches­ter er sang, und ihrer bei­der Agent Jim God­bolt gewe­sen. Und er kann­te es Anfang der 1950er-Jah­re als Sub­stan­tiv wie als Verb und auch schon den »raver«. Auch habe er zusam­men mit Mul­ligan »raves« orga­ni­siert, die die gan­ze Nacht hin­durch gingen.

1964 star­te­te dann ein Teen­ma­ga­zin namens Rave, wobei nicht ganz klar scheint, ob sich das nicht eher wie­der auf das begeis­ter­te Schwär­men für die dar­in abge­bil­de­te Ido­le und damit auf die Stan­dard­be­deu­tung bezieht. Nicht auf »Par­ty machen«, will ich damit sagen. Von den Yard­birds gab es 1965 ein Album mit dem Titel Having a Rave Up. Und weil ich just die­se Woche auf BBC was über Syd Bar­rett gehört habe: des­sen Band Pink Floyd spiel­ten 1966 auf einem »All Night Rave« im Lon­do­ner Round­house, das man heu­te durch die Elec­tric Proms der BBC kennt.

In den 1970ern scheint »rave« für Par­ty an Bedeu­tung ver­lo­ren zu haben. Man müss­te sich mal eini­ge Song­tex­te anschau­en. Erst Ende der 80er-Jah­re ist es plötz­lich wie­der da, und das nicht zu knapp. Jetzt hat es aber die ein­gangs erwähn­te Bedeu­tung der Acid House-Par­ty, die dann auch zu uns auf den Kon­ti­nent kam.

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  1. Geor­ge Mel­ly, Owning Up []

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