Schopenhauer: Chinesisch für Kaufleute
Arthur Schopenhauer’s sämmtliche Werke
Parerga und Paralipomena
Kleine philosophische Schriften
Vereinzelte, jedoch systematisch geordnete Gedanken über vielerlei Gegenstände
Kap. XXV.
Ueber Sprache und Worte
§ 311 von Schopenhauers Betrachtungen über Sprache und Worte befasst sich mit den Vor- und Nachteilen der chinesischen Wortschrift als direkte »Zeichensprache« im Gegensatz zu unserer Buchstabenschrift als bloße »Zeichen des Zeichens«. Interessanterweise hätte die chinesische Schrift seiner Ansicht nach Vorteile für den internationalen Handel: man brauche die Sprache nämlich nicht zu beherrschen, die Kenntnis der Schriftzeichen genüge. Nur als Hinweis auf all die jungen Leute, die jetzt anfangen, Wirtschaft und Sinologie zu studieren…
§. 311.
Wir verachten die Wortschrift der Chinesen. Aber, da die Aufgabe aller Schrift ist, in der Vernunft des Andern, durch sichtbare Zeichen, Begriffe zu erwecken; so ist es offenbar ein großer Umweg, dem Auge zunächst nur ein Zeichen des hörbaren Zeichens derselben vorzulegen und allererst dieses zum Träger des Begriffes selbst zu machen: wodurch unsere Buchstabenschrift nur ein Zeichen des Zeichens ist. Es frägt sich demnach, welchen Vorzug denn das hörbare Zeichen vor dem sichtbaren habe, um uns zu vermögen, den geraden Weg vom Auge zur Vernunft liegen zu lassen und einen so großen Umweg einzuschlagen, wie der ist, das sichtbare Zeichen erst durch Vermittlung des hörbaren zum fremden Geiste reden zu lassen; während es offenbar einfacher wäre, nach Weise der Chinesen, das sichtbare Zeichen unmittelbar zum Träger des Begriffes zu machen und nicht zum bloßen Zeichen des Lautes; um so mehr, als der Sinn des Gesichts für noch mehrere und feinere Modifikationen empfänglich ist, als der des Gehörs, und auch ein Nebeneinander der Eindrücke gestattet, dessen hingegen die Affektionen1 des Gehörs, als ausschließlich in der Zeit gegeben, nicht fähig sind. —
1) Wir greifen, von Natur zuerst zum hörbaren Zeichen, und zwar zunächst um unsre Affekte, danach aber auch, um unsre Gedanken auszudrücken: hiedurch nun gelangen wir zu einer Sprache für das Ohr, (mehr …)
- Affektion (lat.), das passive Verhalten einer Sache oder Person von außen kommender Einwirkung gegenüber; … . Meyers Großes Konversationslexikon; Affektion: a) Disposition für etw so wie das Durchsichtige für die Farbe eine gemeinschaftliche A. [πάθος = affectio] des Wassers und der Luft ist; so gibt es eine andre gemeinschaftliche A. in beiden, dem Wasser und der Luft, für das Riechende N3,17,8u10 FlH I Aristot. Goethe-Wörterbuch [↩]