Wir haben in den ersten beiden Teilen – hier & hier – der Miniserie über Jeremy Rifkins jüngsten Bestseller Die Dritte Industrielle Revolution erfahren, wieso der Autor so vollmundig von einer Dritten und Letzten Industriellen Revolution spricht und wie Rifkin und sein Team sich diese Dritten Industrielle Revolution vorstellen. Zum Abschluss möchte ich noch einige Konsequenzen und Perspektiven darstellen.
Wir haben gesehen, was nach Ansicht des Erfolgsautors und »Weltberaters« Jeremy Rifkin getan werden muss, um sowohl der Klimakatastrophe als – fürs erste – auch dem endgültigen Kollaps der Weltwirtschaft zu entgehen. Aber wo genau soll das denn seiner Ansicht nach alles hinführen? Nun, eben in eine vollkommen neue Ära, deren Wegbereiter die Dritte Industrielle Revolution sein soll. Aber was wird uns denn im Einzelnen auf dem Weg in diese neue Zeit passieren?
Nun, zum einen werden etwa alte Machtstrukturen in der Wirtschaft an Bedeutung verlieren. Wenn »Hunderte von Millionen Menschen ihre eigene grüne Energie produzieren und sie in einem ›Energieinternet‹ mit anderen teilen«, dann führt das zur Demokratisierung der Energie und diese wiederum zu einer fundamentalen Neuordnung zwischenmenschlicher Beziehungen: Diese »wird sich auf unsere Art, Geschäfte zu machen, ebenso auswirken wie auf die Erziehung unserer Kinder, unser Leben als Staatsbürger und unsere Art zu regieren«. Rifkin spricht hier von »lateraler Macht«, in der Gleiche das Sagen haben, im Gegensatz zur alten hierarchischen Macht, die von oben nach unten regiert.
Und so wie in der Wirtschaft wird auch die Macht in der Politik in die Breite gehen. Mit der EU als Beispiel sieht Rifkin statt autonomer Nationalstaaten eine Welt von Kontintalbündnissen. Die EU ist allen voran, aber die Ansätze dazu sind auch in Asien, Afrika und Südamerika längst gemacht.
Dazu wird es laut Rifkin so oder so kommen, wichtig ist nur unter welchen Vorzeichen. Das Zeitalter der Zusammenarbeit setze ein grundlegendes Umdenken voraus, dessen Fundament die Abkehr von der klassischen und neoklassischen Wirtschaftslehre ist. Sie, so Rifkin, sei nicht nur von grundlegend falschen Annahmen ausgegangen, was die Wirtschaft angeht, sie habe auch ein völlig falsches Menschenbild propagiert.
Die Wirtschaftslehre habe uns 200 Jahre eingetrichtert, wir seien von Natur aus alle gierige kleine Egoisten, die sich um des Fortkommens und des eigenen Profits willen gegenseitig im Konkurrenzkampf zerfleischen — und das sichere Fortbestehen und Wachsen der freien Marktwirtschaft. Rifkin räumt im Einklang mit neueren Erkenntnissen der Wissenschaft mit dieser Vorstellung auf, einen Gedanken, den er in seinem Buch Die Empathische Zivilisation gründlich ausgebreitet hat. Grundsätzlich wird in der neuen Ära »soziales Kapital« das Finanzkapital an Bedeutung in den Hintergrund drängen.
Da wird sich, so der Autor, einiges zwangsläufig ergeben, der Rest müsse uns systematisch anerzogen werden. So werde sich etwa sich nicht ganz von selbst herausentwickeln, was Rifkin das »Biosphärenbewusstsein« nennt und letztlich Dreh- und Angelpunkt der neuen Ära sein wird. Wir müssen lernen, »unsere Spezies in all ihrer Diversität als eine einzige Familie zu sehen und all die anderen Spezies auf der Erde als evolutionäre Großfamilie, mit der wir interdependent in einer gemeinsamen Biosphäre leben«. Hier ist die gute alte Schule gefordert, die dazu selbst wieder die Schulbank wird drücken müssen. Das Klassenzimmer, das Empathie und Biosphärenbewusstsein vermitteln soll, muss – wie Macht und Energie – dezentralisiert und kollaborativ werden.
Aber die Details sollte man, falls sie einen interessieren, besser selbst lesen. Lassen Sie mich zum Abschluss noch sagen, dass Rifikin seine Dritte Industrielle Revolution weder als Patentmedizin präsentiert, die schlagartig die Krankheiten unserer Gesellschaft heilen könne, noch als Utopie, die uns ins Gelobte Land führen wird. Für Sie ist sie jedoch ein »schlichter, pragmatischer ökonomischer Plan, der uns gerade noch rechtzeitig in eine nachhaltige, kohlenstofffreie Ära führen kann, um uns und die, die noch nicht so weit sind, zu retten. Falls es einen Plan B geben sollte, ich habe ihn noch nicht gehört«.