Mit der fünften Lieferung von Arnold Genthes deutscher Slangsammlung aus dem Jahre 1892 festigt sich zunehmend die Erkenntnis, dass unsere deutsche Alltagssprache zum größten Teil herzlich altbacken ist. Auf der anderen Seite sind doch eine ganze Reihe der Wörter und Wendungen, die Genthe da so zusammengetragen hat, so nicht mehr in Gebrauch, auch wenn man sie durchaus verstehen würde.
»Bocksdämlich« etwa ist klar, hat sich aber nicht gehalten; die einzigen mit »bock« als Bestimmungswort gebildeten Adjektive, die ich im Duden finde, sind »bocksteif« und »bockstill«; »bockbeinig« wiederum hat Genthe bereits. »Bocks-« als verstärkendes bestimmungswort, sollte es das in diesem Fall gewesen sein, hätte man sich durchaus vorstellen können: »bocksteuer«. Analog zu »sau-« oder »schweine-«? Na wie auch immer, hier sind die nächsten beiden Seiten:
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Bock, m., Red.: ihn hat der Bock gestoßen, von kleinen Kindern, wenn sie unartig sind.
»vom Bock gestoßen« definiert Küpper mit »halsstarrig sein. Der Bock ist stößig«1. Eine Websuche dieser Wendung bringt gerade 200 Fundstellen, größtenteils identisch und nicht in dieser Bedeutung, was den Schluss nahelegt, dass die Wendung nicht mehr im Schwange ist. Und »einen Bock haben« in der Bedeutung »widersetzlich sein« scheint unter der Wendung »Bock haben« untergegangen zu sein.
bockig, a., unartig.
bocksch, a., unartig.
bockbeinig, a., halsstarrig, widerspenstig.
bocksdämlich, a., sehr dumm.
Bohne, f., Red.; nicht die Bohne! = ›nicht das Geringste!‹ z. B.. weist [sic] du davon etwas? – Nicht die Bohne!
Bohnenstroh, n., Red.; dumm wie Bohnenstroh!
böllern, v. int., durch Schlagen gegen etwas dröhnenden Lärm verursachen.
bolzen, v. int., roh, wüst drauflosschlagen.
Bomben, wird zur Verstärkung einiger Adjektive und Substantive gebraucht. Bes. bombenfest; bombensicher; bombenstark etc. = sehr fest etc.
Bombengelder, pl., sehr viel Geld.
Bombenhitze, f., sehr große Hitze.
Bombenkerl, m., großer, kräftig gebauter Mensch.
Bombenunsinn, m., großer Unsinn etc.
bombenmäßig, a., riesig, ungeheuer groß, viel.
borstig, a., (gewöhnlich borschtig). 1. grob, z. B. er wurde ganz borstig; 2. viel, riesig, gewaltig etc., z. B. borstig viel Gelder.
Bosheit, f., Red.; mit konstanter Bosheit, scherzhaft für: ohne Unterbrechung, fortwährend.
Bratenrock, m., langer, schwarzer Gesellschaftsrock.
brenstlich, a., brandig, faul, verdächtig; z. B.: die Sache kommt mir brenstlich vor.
brënzlig [prantslik Rchw. Mütt.; prantsli Z.; præntsli Str.; prêntsli Geud.] Adv. brandig. Iⁿ dëm Zimmer schmeckt s ganz b. Mütt.2
bringen, v. tr., 1. jem. begleiten; 2. Red.; ich werde dich bringen, d.h. den Standpunkt klar machen.
Brotzel, m., kleiner Brotzel, kleiner Mensch.
brotzel, f. ganz wie das vorige kröte auf ein junges mädchen bezogen: ein dicke protzel stark und jung. Waldis 4, 19.3
brotzeln, v. int., bezeichnet das Geräusch, das langsam in Butter Gebratenes verursacht.
brotzeln -ozz- intr: zischend kochen, übertr auf Zustand psych Erregung [Faust üb Gretchen:] Mag ihr Geschick auf mich zusammenstürzen | Und sie mit mir zu Grunde gehn! [Meph:] Wie’s wieder brozzelt [siedet Faust I 3366 = Fragm 2037]! wieder glüht! | Geh ein und tröste sie Urfaust 1432 Syn kochen sieden 1) vgl zu Lautstand u Bed Frankf Wb s v brutzeln4
brutzeln Rhfrk ‑u-; NHunsr, Mosfrk [Trier, Bernk, Zell, Koch, Kobl] ‑o-; ausserhalb noch ‑o- Gummb-Forst; ‑ø- Rees-Elten Brünen Rees; prø- Mörs-Pelden Wallach, Emmerich; auch Rip brø- Monsch-Hargart, Rheinb-GrBüllesh, Malm-Amel (-o-); –e- Neuw, Westerw schw.:
1.
a. tönend brodeln, schmoren, wallen, sprudeln; zischen, vom Feuer. —
b. das Essen lange warm halten für Späterkommende, zu lange kochen, wenn die Köchin sich etwas Besseres zurechtmacht. Se brotzelt ebbes fir sech allen. —
2. mit Lärm herabfallen, von kleinen Dingen Koch-Laub; knarren, von ausgetrockneten Schuhsohlen Westerw; s. britzeln. —
3.
a. dummes Zeug reden Monsch-Hargat (-ø-). —
b. an Kleinigkeiten herumarbeiten, handwerksmässige Arbeit im Hause verrichten, ohne das Handwerk erlernt zu haben Malm-Amel, Eusk (-o-); langsam, umständlich arbeiten Rheinb-GrBüllesh (-ø-). — Abl.: die Brutzel(er)ei, dat Gebrutzel(s). ver- brutzeln: verbrodeln; zu 3 b die Zeit, Material verschwenden.5
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Brüche, pl., in die Brüche gehen, entzwei gehen, verloren gehen.
brüderlich, a., Red.; meine brüderliche Liebe (konkret) = mein Bruder.
Brummbär, m., mürrischer Mensch.
brummeln, v. int., undeutlich sprechen, murmeln.
brummen, v. int., 1. Gefängnisstrafe absitzen; 2. ärgerlich sein.
brummen heiszt auch gefangen sitzen, einen brummen lassen, gefangen setzen: er musz brummen, gefangen liegen, … brummstall, m. carcer.
Brummer, m., große Fliege.
Brummschädel, m., benommener Kopf (s. Blechschädel).
Büchs, f., Hose.
buddeln, v. int., graben.
Bude, f., Zimmer, Wohnung. Red.; jem. auf die Bude steigen = 1. jem. besuchen; 2. zur Rede stellen; Leben in die Bude bringen = Leben in eine langweilige Gesellschaft bringen.
büffeln, v. int., angestrengt arbeiten, (bes. für ein Examen).
Bullerjahn, m., (Schimpfwort) Lärmer, Hitzkopf.
bumfiedeln, v., int., jem. schmeicheln; gebumfiedelt.
bumfideln fər- schw.: etwas verderben, auch Ottw-Landsw, Köln-Stdt, Gummb-Berghsn (-fīlən). — 2. verprügeln Barm.6
Bummel, m., gemütlicher Sparziergang (s. Exbummel).
bummeln, v. int., 1. schlendern, gemütlich gehen, z. B. eine Straße entlang bummeln; 2: langsam sein im Ausführen einer Sache; 3. müßig gehen, faul sein, liederlich leben. Zu 2 und 3 adj. bummelig (s. verbummeln, v. tr. und int.)
bums! interj., Fall eines Gegenstandes bezeichnend. Red.: Bums, da liegt er!
bumsen, v. int., durch Schlagen dumpfen Lärm hervorbringen, z. B. es wurde gegen das Thor gebumst.
C
Consorten, pl., Red.: X. und Consorten = x. und Genossen (in verächtlichem Sinn).
Couleur, f., Red.; das ist dieselbe Couleur in Grün, das ist dasselbe mit geringer Abweichung.
cujonieren, v. tr., jem. ärgern, quälen
Fortsetzung folgt …
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- Wörterbuch: Bock, S. 4. Digitale Bibliothek Band 36: Wörterbuch der deutschen Umgangssprache, S. 4342 (vgl. Küpper-WddU, S. 119) © Marianne Küpper [↩]
- Wörterbuch der elsässischen Mundarten. Bearb. von Ernst Martin und Hans Lienhart. 2 Bde. Straßburg 1899–1907. [↩]
- DWB = Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971. [↩]
- Goethe-Wörterbuch. Hg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften [bis Bd. 1, 6. Lfg.: Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin; bis Bd. 3, 4. Lfg.: Akademie der Wissenschaften der DDR], der Akademie der Wissenschaften in Göttingen und der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Stuttgart 1978-. [↩]
- Rheinisches Wörterbuch. Bearb. und hrsg. von Josef Müller, ab Bd. VII von Karl Meisen, Heinrich Dittmaier und Matthias Zender. 9 Bde. Bonn und Berlin 1928–1971. [↩]
- RhWB = Rheinisches Wörterbuch. Bearb. und hrsg. von Josef Müller, ab Bd. VII von Karl Meisen, Heinrich Dittmaier und Matthias Zender. 9 Bde. Bonn und Berlin 1928–1971. [↩]