Im Mosaik meiner Bemühungen, ein Bild dessen zu vermitteln, was wir – heute und historisch – als »Slang« bezeichnen, möchte ich hier eine der ersten Sammlungen vorstellen, die – nach englischem Vorbild – unter diesem Begriff für die deutsche Sprache zusammengetragen wurden. Die Einleitung dieser Sammlung ist ebenso interessant wie aufschlussreich. Sie ist außerdem einer der ersten Belege für die Anerkenntnis einer gesamtdeutschen Umgangssprache, an die wir im Augenblick, dank des Internets, in rasendem Tempo letzte Hand anzulegen scheinen. Ich persönlich nehme das Folgende als erstes Kapitel meiner Mission, mehr Umgangssprache aus allen deutschen Gegenden bei der Übersetzung aus Fremdsprachen zu verwenden.
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Das Vorwort zu Arnold Genthes, Deutsches Slang habe ich bereits hier vorgestellt. Ich möchte im Laufe der nächsten Zeit die Sammlung selbst vorstellen. Interessant dabei ist, dass Genthe 1892 kaum ein Wort bzw. eine Wendung bringt, die wir nicht auch heute noch als solides Umgangsdeutsch bezeichnen würden. Um der Sammlung etwas mehr Gewicht zu geben, werde ich den einen oder anderen Eintrag durch einen Blick in andere Wörterbücher oder ins Internet ausführen bzw. kommentieren. Das kann durchaus dauern, schließlich ich muß das in Fraktur gehaltene Bändchen abtippen, lässt sich allerdings beschleunigen, wenn die einschlägigen Seiten öfter aufgerufen werden…
Arnold Genthe, Deutsches Slang
Eine Sammlung familiärer Ausdrücke und Redensarten
Straßburg: Verlag von Karl J. Trübner, 1892.
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einspinnen, v. tr., jem. verhaften.
einspinnen:
1. sich e., von Raupen, Spinnen Allg. —
2. trans. jem. e., ins Gefängnis setzen Kobl-Bendorf und sonst1einspinnen st.: ‘ins Gefängnis stecken’, vgl. PfWB einsperren 1 a. Sie han ene ingespunn (xxx). In Kaislt wurde 1619 ein Bürger eingesponnen, weil er in betrunkenem Zustand gegen einen Ratsherrn ausfällig geworden war [Küchler 131]. Südhess. II 141; RhWB Rhein. VIII 354; Saarbr. 108. —2
einspinnen tr jn mit Arrest bestrafen; jn zu einer Freiheitsstrafe verurteilen. Die Spinne spinnt ihre Beute ein; … . 19. Jh.
((Wörterbuch: einspinnen, S. 1. Digitale Bibliothek Band 36: Wörterbuch der deutschen Umgangssprache, S. 7349 (vgl. Küpper-WddU, S. 202) © Marianne Küpper))
einstippen, v. tr., eintauchen, eintunken, gew. von Brödchen etc., das man in den Kaffee etc. taucht.
Eisenbahn, f., Red.: es ist höchste Eisenbahn = höchste Zeit.
Eltern, pl., Red.: nicht von schlechten Eltern sein, d.i. gut, vortrefflich sein (von sachen; z. B.: der Wein ist nicht von schlechten Eltern.
Ende, n., auch dim.; Endchen, Stück, ein Ende Bindfanden; kommen Sie noch ein Endchen mit. Red.; da ist das Ende von weg = das ist zu stark.
entfernt, a., Red.; das macht sich von Weitem ganz entfernt, bei Betrachten von Bildern, Kleidern etc., über die man ein bestimmtes Urteil nicht aussprechen will.
ergattern, a., Red.: mit List und Mühe etwas erlangen, bekommen, erfassen.
Esel, m., Red.: einem Esel zu Grabe läuten = mit den Beinen baumeln.
Essig, m., Red.: zu Essig werden; mißlingen, mißglücken; damit ist es Essig daraus wird nichts.
etepetete, Red.; in etwas etepetete sein = eigen, sonderbar.
Exbummel, m., Ausflug.
“Bei einigen Verbindungen, z.B. des Wingolfsbundes, ist es üblich, zu Stiftungsfesten einen gemeinsamen Ausflug zu unternehmen, dieser wird Exbummel genannt.“3
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Fall, m., Red.; das ist ganz mein Fall! d.h. da halte ich mit, da bin ich dabei.
Falle, f., Bett; Red.; in die Falle gehen = zu Bett gehen.
falsch, a., ärgerlich, aufgebracht, zornig; falsch auf jem. sein.
famos, a., schön, vorzüglich, vortrefflich; z. B.: sich famos amüsiren; famoser Kerl = netter, angenehmer Mensch; famoses Wetter; famose Aussicht etc.
faseln, v. int., Unsinn reden; s. Faselhans, m.
Fatzke, m., ein eingebildeter, geckenhafter, dummer Mensch (s. Moralfatzke, m. Patentfatzke, m. etc.)
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faul, a., 1. schlecht etc.; fauler Witz, faule Redensarten; 2. unangenehm, schwierig; faul Sache = etwas, das schwer auszuführen, in Ordnung zu bringen ist.
Faxen, pl., 1. alberne Ausflüchte, Umstände; z. B.: mach’ doch keine Faxen = sträube dich doch nicht, stell’ dich nicht an; 2. Faxen machen = Unsinn machen, Gesichter schneiden etc.
fein, a., gut, schon, vorzüglich. Red.: der ist fein raus = der ist gut dran.
feixen, v. int., grinsen, am unrechten Ort lachen.
fertig, a., modisch, fein, gewöhnlich am Aeußern eines Menschen, am Anzug. Fesches Mädel.
feste, a., sehr, tüchtig. Red.: feste drauf; jem. feste durchprügeln etc.
ff, (gesprochen effeff). Red.; etwas aus dem ff können = vorzüglich gut etwas verstehen; ein Schlag aus dem ff, starker, derber Hieb etc.
Eff-‘Eff aus dem Eff-Eff = gründlich, fachkundig. siehe. f.f. 1920 ff.
ff. 3. etw aus dem ff. kennen (können, verstehen) = etw gründlich kennen, ausgezeichnet beherrschen. Herkunft unsicher. Stammt entweder aus der kaufmannssprachlichen Abkürzung für »fein-fein« (17. Jh.) oder aus der musikalischen Abkürzung für »fortissimo«, oder es steht im Zusammenhang mit dem griechischen Buchstaben pi ℗, der bei Hinausgehen der senkrechten Striche über den Querstrich ein zweifaches f ergab und für die mittelalterlichen Glossatoren das Zitat aus den Pandekten (Sammlung altrömischen Privatrechts) bezeichnete. 18. Jh.4
feuern, v. int., werfen, stoßen, schlagen: das Pferd feuert hinten aus.
fidel, a., heiter, lustig (sehr gewöhnlich); verstärkt, kreuzfidel.
Finger, pl. Red.: jem. .auf die Finger sehen: sein Thun und Treiben genau beobachten, ihn in Schranken halten.
Fips, m., kleiner Kerl.
Firlefanz, m., dummes Zeug.
Fisematenten, pl., Ausflüchte, Umstände, unnütze Redensarten.
fix., a., schnell, tüchtig; fix und fertig = vollständig bereit, fertig; fixer Kerl = geschickter, gewandter Mensch.
Flaps, m., ungeschickter, ungeschliffener Mensch.
flaps, m. von flappen, wie klaps, laps, schnaps, taps von klappen, lappen, schnappen, tappen, kleks von klacken: flabbs, laffe (Danneil 51b); wer mich einen flegel schimpft, der ist selber ein flaps; der flaps wird schon sein fett kriegen; ich denke immer, der flaps könte noch seine nachbaren mit versorgen. Tiecks tischler 2, 305; der eitle flaps! Heinr. v. Kleist 2, 33; in beiden folgenden stellen verächtlich mit ‘dort’ verbunden:
das mädchen ringt die händ, und er der flaps dort,
der trotzt, wie toll, euch in des zimmers mitte. 2, 50;
flaps dort, schweig er jetzt! 2, 71.man spricht und schreibt auch flapsch. vgl. flips.5
Fleiß, m., Red.; mit Fleiß etwas thun = mit Absicht.
flezen, v. refl., sich flegelhaft hinsetzen, hinlegen: er flezt sich auf’s Sopha.
Fortsetzung folgt …
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- Rheinisches Wörterbuch. Bearb. und hrsg. von Josef Müller, ab Bd. VII von Karl Meisen, Heinrich Dittmaier und Matthias Zender. 9 Bde. Bonn und Berlin 1928–1971. [↩]
- Pfälzisches Wörterbuch. Begründet von Ernst Christmann. Fortgef. von Julius Krämer. Bearb. von Rudolf Post. Unter Mitarb. von Josef Schwing und Sigrid Bingenheimer. 6 Bde. und ein Beiheft. Stuttgart 1965–1998. [↩]
- http://de.wikipedia.org/wiki/Stiftungsfest [↩]
- Wörterbuch: ff., S. 1. Digitale Bibliothek Band 36: Wörterbuch der deutschen Umgangssprache, S. 7966 (vgl. Küpper-WddU, S. 218) © Marianne Küpper [↩]
- Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971. [↩]