Falls Sie sich, aus welchem Grund auch immer, mit dem Gedanken tragen sollten, Übersetzer zu werden, fragen Sie sich vermutlich, wie Sie das angehen sollen. Einfach bei Verlagen bewerben? Übersetzer- und Dolmetscherinstitut? Studium der Übersetzungswissenschaften? Studium der Sprach- und Literaturwissenschaften in der von Ihnen gewählten Sprache? Ich kann Ihnen bei Ihrer Entscheidung helfen – Sie werden sich vermutlich nur nicht daran halten.
Auf meiner Website ist die letzten Jahre die eine oder andere E‑Mail von Studenten der Übersetzungswissenschaften eingetrudelt oder von Leuten, die mit dem Gedanken an ein solches Studium spielten. Ich gestehe, dass ich sie unhöflich ignoriert habe, will aber gern die Gründe für meine Unmanierlichkeit nennen:
Erstens bin ich der Letzte, der Lebensratschläge geben sollte (ich bin Übersetzer, Hergottnochmal! Sagt das nicht alles?) & zweitens gibt es immer wieder Leute, die sich einfach an einen ranzuschmieren versuchen, um dann irgendwann um eine Empfehlung bei einem Verlag zu bitten. Nein, im Ernst, einer hat mir mal, nachdem ich ihm bereitwillig allerhand Tipps gegeben hatte, irgendwann einen Fuffziger ins Kuvert getan. Ich habe den natürlich wieder zurückgeschickt & dem Ganzen ein Ende gemacht. Ob da nun blanke Verzweiflung oder nur eine gewisse (mir persönlich unangenehme) Manövrierfähigkeit durchscheint, keine Ahnung. Oder war das in der DDR die übliche Prozedur? So oder so, ich darf dem Betreffenden ein Vierteljahrhundert später nochmal versichern: Bei meiner Beliebtheit bei Verlagen käme jede Empfehlung ohnehin einem Todesurteil in der Branche gleich.
Warum & weshalb ich nach all den Jahrzehnten immer noch ein Hungerleider bin, während Amateure Bestseller übersetzen dürfen, werden Sie im Lauf der hier angedachten Serie vermutlich selbst bald sehen.
Ja, hätte ich fast vergessen: Das hier soll eine Blogserie werden, die angehenden Übersetzern ein Bissel was über diesen »Beruf« sagen soll. Ich weiß nicht, ob’s jemandem hilft, aber es kommt von Herzen.
Wenn Sie sich einstimmen wollen, empfehle ich Ihnen diese beiden älteren Artikel von mir. Den einen (click!) auf meiner Übersetzer-Website, aus dem Sie ersehen möchten, was ich unter Übersetzen bzw. dem Erlernen der dazu nötigen Voraussetzungen verstehe. Und den (Click!) hier im Blog, der Ihnen etwas von dem vermitteln wird, was Sie hier lesen werden. An Erkenntnissen wird nicht wirklich was dazukommen.
Und für die, die’s ganz bequem haben wollen,1 hier das (mutmaßliche) Fazit schon mal ganz trocken vorab: Lassen Sie’s bleiben. Warum? Nun, zum einen werden Sie kaum davon leben können, selbst wenn Sie wie ich 360 12-Stundentage im Jahre schieben. Wenn Sie literaturbegeistert sind & das mit Herzblut angzugehen gedenken, vergessen Sie es auch besser mal, weil das keine alte Sau in der Branche interessiert.2 Und dann sind die Übersetzungsmaschinen unaufhaltsam auf dem Vormarsch & längst besser als vieles von dem, was mir das Lektorat an Verbesserungen unterzujubeln versucht.
Sie glauben das nicht? Nun, schon der unerbittlichen Logik willen wird Ihnen keine Maschine Klöpse wie die folgenden reinschreiben, um aus der Verlagsversion meiner jüngsten Arbeit zu zitieren: ‽»interesierte« – ‽»ihren Wasserbecher anzureichen« – ‽»sondern auch und die Signale ihres Körpers« – ‽»unser geleibtes Kind« ‽»ich zog weiterer Kreise« – ‽»den ich besorgte hatte« – ‽»in beide Richtung gehen« – ‽»die Kinder hatte große Freude« ‽»Was es zu viel des Guten gewesen?« ‽»schob sie die Hänge nach oben« etc. Das geht so weiter und bedeutet unter dem Strich, dass Sie für 1970er-Jahre-Honorar schuften & nichts zu sagen haben, was man dann von Ihrer mühseligen Arbeit tatsächlich drucken wird & dass man Sie bestenfalls noch als Putze braucht, um das Blut dieser Robbenschläger aufzuwischen – will sagen deren Rechtschreibfehler korrigieren.
Und die drucken das unter Ihrem Namen, sollten Sie das aus irgendeinem Grund nicht nochmal selbst durchkorrigieren können. Wenn ich’s Ihnen sage. Ganz ungeniert. Da könnte ich Ihnen einer meiner zuletzt erschienen Titel nennen, für den Geld zu verlangen schlicht eine Frechheit ist…
Okay, falls Sie diese erste kleine Einführung noch nicht völlig abgeschreckt haben sollte, mein erster Tipp: Arbeiten Sie von vorneherein mit einem Pseudonym. Sie brauchten dann nicht gleich jedem Analphabeten ins Gesicht zu springen & die Beziehung zum Verlag aufs Spiel zu setzen. So viele gibt es davon nicht mehr.
Fortsetzung folgt…