Der Übung in Sinnlosigkeit zweite Folge, in der ich das Problem – okay, okay, von mir aus, wenn Sie darauf bestehen – mein Problem mit heutigen Trends beim Übersetzen näher umreißen möchte. Was auch immer das heißen wird. Schließlich weiß ich noch nicht so recht, wo diese Kolumne hinführen soll. Ich folge ja nur einem vagen Gefühl des Ungenügens. Ich möchte auf keinen Fall durch vorschnelle Folgerungen aus dem Bauch heraus einen Weg vorgeben, der sich dann als Sackgasse erweist. Lassen Sie mich also erst eine Erklärung in eigener Sache vorausschicken und dann die nächsten Wochen über einige Fundsachen zusammentragen, aus denen sich vielleicht im Lauf des Unterfangens – im Augenblick erst eher mal vage geahnte – Regelmäßigkeiten ableiten lassen.
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Die Idee zu dieser Kolumne ist weder neu, noch originell oder intellektuell anspruchsvoll. Sie ist aus dem Ärger des Übersetzers geboren, der ein Leben lang gedacht hat, er müsste etwas lernen auf seinem Gebiet, sich weiterbilden, um einen fremdsprachigen – in meinem Falle englischen – Satz auf halbwegs entsprechendem Niveau ins Deutsche zu übertragen. Ohne irgendwelche verquasten Theorien im Hinterkopf, einfach mit der Maßgabe, das Ergebnis sollte sich so lesen, dass es ebenfalls ein gestandener Autor geschrieben haben könnte, nur eben ein deutscher. Anders gesagt, wenn im Englischen1 einer schreibt, der – auf welchem Niveau auch immer – seiner Muttersprache mächtig ist, dann sollte sich das im Deutschen eben auch so anhören und nicht so, als hätte da ein Sonderschüler seinen Ferienaufsatz abgeliefert.
Nun ist aber das, was mir da jeden Tag, vor allem aus dem Web, an »Übersetzungen« entgegenquillt, mit der eben umrissenen Vorstellung vom Übersetzen nicht zu vereinbaren. Und das ist im Lauf der letzten Jahrzehnte nur schlimmer geworden. Wohlgemerkt trotz all der einschlägigen Hilfsmittel, die das Web dem Willigen bietet. Die Kluft zwischen dem, was ich unter Übersetzen verstehe, und dem, was man heute immer öfter sieht, wird von Tag zu Tag breiter. Und lausige Übersetzungen immer normaler. Wo bleibe ich da mit meiner Leitschnur, meiner simplen Faustregel vom anständigen deutschen Satz, der auch tatsächlich wiedergibt, was da im Englischen steht? Eben, auf der Strecke.
Darum soll’s hier gehen, um nichts weiter. Und wenn sich aus meinen ganz persönlichen Problemen irgendwann doch etwas allgemeiner Gültiges ableiten lassen sollte, so wäre mir das auch wieder eine ganz persönliche Genugtuung. Zur Veranschaulichung bietet sich eine ganz aktuelle Fundsache an – siehe links. Und es geht mir hier ausnahmsweise nicht um eine grenzwertige Übersetzung (obwohl »Mehr von Nachrichten« nun sicher darunter fallen würde), sondern um Inhalte.
Ich wollte als Übersetzer immer meinem Amt sowohl gerecht werden, als auch damit wachsen. Und eben nicht die Übersetzung und damit das Übersetzen auf meine bescheidenen Fähigkeiten und mein noch bescheideneres Wissen zurechtstutzen. Aus irgendeinem Grund drängt sich mir gerade das Bild einer Schrumpffolie auf, die sich über das Gesicht einer Übersetzung – oder besser, des Übersetzens an sich – legt und dem Metier nach und nach die Luft zum Atmen nimmt. Vielleicht zu viele Krimis geguckt, okay, aber das Bild trifft leider zu. Ein Mangel an Fertigkeiten, Wissen, Lernwillen, Sitzfleisch und überhaupt Interesse an der Materie wirken wie besagte Schrumpffolie. Sie können hier im Blog bereits so einiges darüber lesen. Die Trends, um die es in dieser Kolumne gehen soll, geben den Leuten, die das Amt des Übersetzers auf ihre ungenügenden Fähigkeiten zusammenschrumpfen lassen, vielleicht nicht Recht, aber sie arbeiten ihnen in die Hand…
Es kann also durchaus sein, dass ich mich hier zuweilen in zornigen Rundumschlägen verliere. Wen wollte es wundern, wähne ich mich doch beruflich am Ersticken? Zu geschwollen? Nein, im Ernst, ich werde mir alle Mühe geben, mich auf die Materialsammlung zu beschränken, um daraus nach Möglichkeit einen hieb- und stichfesten Fall zu konstruieren. Dass es dabei an Leidenschaft nicht fehlen wird, liegt an meiner Leidenschaft für mein Mandat.
- Wir werden darauf zu sprechen kommen müssen, warum das Problem die Übersetzung aus dem Englischen ist. [↩]