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Gebrauch lächer­li­cher, anstö­ßi­ger, oft unan­stän­di­ger Wor­te und Redens­ar­ten (7)

Beglei­tend zu mei­ner Kolum­ne über den Trend zum Schnit­zer in der öffent­li­chen bzw, offi­zi­el­len Über­set­zung & der noch ner­vi­ge­ren Macke, der­lei Schnit­zer gleich als modi­sches Deutsch nach­zu­plap­pern, möch­te ich hier eine Fund­sa­che aus dem vor­letz­ten Jahr­hun­dert rein­stel­len. Ich den­ke, die Par­al­le­len & mei­ne Absicht dahin­ter, das alte »Werk­chen« hier zugäng­lich zu machen, wer­den als­bald auch ohne gro­ße Aus­füh­run­gen mei­ner­seits augen­fäl­lig. Ich brin­ge das Büchl in sei­ner vier­ten Auf­la­ge & stel­le hier die Vor­wor­te dazu vor­ne­weg. Die etwas umständ­li­che Schrei­be des Her­ren mag sie zurecht alt­mo­disch anmu­ten, aber genau das ist der zwei­te Zweck die­ser Übung. Womög­lich fällt dem einen oder ande­ren ja auf, dass wir nicht zuletzt auf­grund rade­bre­chen­der Hol­per­über­set­zun­gen auf dem bes­ten Weg zurück zu einem sol­chen Deutsch sind. Ich ver­wei­se auf die ner­vi­ge Renais­sance des umständ­li­chen Rela­tiv­pro­no­mens »wel­cher, wel­che, welches«.

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[Fort­set­zung von hier]

 

Nebst den Fami­li­en­na­men bie­ten eng­li­sche Lokal­na­men dem Frem­den oft gro­ße Schwie­rig­kei­ten und Ver­le­gen­hei­ten. Die­se Schwie­rig­kei­ten sind zwei­fa­cher Art. Ent­we­der ver­steht er die Namen nicht oder man ver­steht sie nicht aus sei­nem Mun­de. Zudem wer­den man­che Orts­na­men, wie obi­ge Fami­li­en­na­men zusam­men­ge­zo­gen, wie u. a. Bel­voir Cast­le, das Bee­ver, gera­de wie bea­ver, der Biber, aus­ge­spro­chen wird. Oft kommt es vor, daß er an einem Eisen­bahn­schal­ter ein Bil­let nach einem Ort ver­langt, des­sen Namen in sei­nem Mun­de dem Ver­käu­fer ein Rät­sel ist, oft weiß der Omni­bus-Kon­duk­teur nicht, wo er ihn abset­zen soll oder setzt ihn an einem fal­schen Ort ab, oft läßt man ihn an einer fal­schen Eisen­bahn­sta­ti­on abstei­gen oder läßt ihn Mei­len über sei­nen Bestim­mungs­ort hin­aus­fah­ren. Sehr schwie­rig für das Ver­ständ­nis des Orts­na­mens ist oft des­sen Accen­tua­ti­on. Die­se ist kei­ner Regel unter­wor­fen, selbst hie und da Ein­ge­bor­nen unbe­kannt, und der deut­schen Accen­tua­ti­on häu­fig ent­ge­gen­ge­setzt. Der Deut­sche ist geneigt, den Nach­druck auf die fal­sche Sil­be zu legen, und wird dadurch unver­ständ­lich. So haben z. B. fol­gen­de Lokal­na­men den Accent auf der ers­ten Sil­be: Lady­well, Lewis­ham, Green­wich, Wool­wich, Charl­ton, [Sei­te 24] Syden­ham Hol­born. Im letz­tern ist zudem das l stumm. Auf der andern Sei­te haben fol­gen­de Namen den Accent auf dem zwei­ten Wor­te: Cha­ring-Cross, Forest-hill, Not­ting-hill, New-Cross. Die Schwie­rig­keit des Ver­ständ­nis­ses der Lokal­na­men wird noch ver­mehrt durch den Umstand, daß der Eng­län­der, beson­ders die Eisen­bahn­die­ner, die accen­tu­ier­te Sil­be sehr stark beto­nen, und die and­re oder andern Sil­ben so rasch aus­spre­chen oder fast ver­schlu­cken, daß man nur die beton­te Sil­be hört. Infol­ge­des­sen sind die Namen der aus­ge­ru­fe­nen Sta­tio­nen sehr oft für Eng­län­der selbst unver­ständ­lich, die Sta­ti­ons­die­ner spre­chen oft nur einen Teil des Lokal­na­mens aus Mund­faul­heit aus, ja sie rufen selbst hie und da die sonst nicht accen­tu­ier­te Sil­be aus, oder zie­hen das Wort so zusam­men, daß es schlech­ter­dings unver­ständ­lich wird. — Einem Eng­län­der, also noch mehr einem Frem­den, sind fol­gen­de, oft gehör­te Sta­ti­ons­na­men der North Kent Line ganz unver­ständ­lich: Otl­uh (Water­loo), Buitch (Lon­don bridge), Spo­ro, (Spa­ro­ard), Cwoss, (New-Cross), Sham (Lewis­ham), Eath (Black-Heath), Cholln (Char1ton), Gwitch oder Gritch (Green­wich) Vlitch (Wool­wich). Zuwei­len erlau­ben sich die sog. Por­ters selbst Späs­se mit den Namen. Ein­mal rief einer, als die alte Sta­ti­on Black-Fri­ars noch exis­tier­te, “Black-Cross, Cha­ring Fri­ars,” d.h. von Black-Fri­ars nach Cha­ring-Cross! [Sei­te 25] Ein ande­rer rief wie­der­holt in Lewis­ham: “Lui-shame, Shame-Lui.” Es war dies zur Zeit des berühm­ten Titch­bou­re-Pro­zes­ses‑, bei dem der berüch­tig­te Jean Lui als mein­ei­di­ger Zeu­ge zu Guns­ten des Prä­ten­den­ten aus­trat. Auch die Aus-rufe der Omni­bus-Kon­duk­teurs sind oft schwer zu ver­ste­hen, und ver­le­gen fragt sich der Frem­de: »Was ist Roy­al-Hog, Made-her-ill, Hair-Arms?«

Ich möch­te daher dem Frem­den drin­gend raten, sich über die Aus­spra­che der ihm nöti­gen Lokal­na­men vor­erst genau beleh­ren zu las­sen. Nur so kann er gro­ße Stö­run­gen und Ver­le­gen­hei­ten ver­mei­den. Im schlimms­ten Fal­le schrei­be er die Adres­se vor­erst nie­der und zei­ge sie dem Bil­let­aus­ge­ber, Eisen­bahn­die­ner, Kon­duk­teur oder Kutscher.
Nebst Stö­run­gen und Ver­le­gen­hei­ten kommt es zuwei­len auch vor, aus­ge­lacht zu wer­den, wie es deut­schen Bekann­ten erging, wel­che nach Beggar-Street (Bak­er-Street), Marb­le-Arsh, (Arch), Fill­po-Lane (Phi1­pot-Lane E. C.), Lou­ser-Arca­de (Low­ther-Arca­de), Rat­bo­ne-pla­co (Rath­bo­ne) frag­ten, und von denen einer, wie er mir sag­te, in »Las­ter Squa­re« wohnte.

Über die zu har­te Aus­spra­che der Buch­sta­ben g, b, d, th, oder die zu wei­che von p fin­den wir zahl­rei­che Pro­ben in Le1and’s: »Hans Breit­mann,«1 [Sei­te 26] der Ihnen allen bekannt ist. Fol­gen­de weni­ge Bei­spie­le genü­gen daher: the hau­se is built of red pricks, my pig brot­her; I am dir­ty and my wfe is dir­ty too. Ein deut­scher Leh­rer, in einer Schu­le von Dr. S. in Bonn, rühm­te einst sein Volk in Gegen­wart eng­li­scher Schü­ler und sag­te, daß Byron eines sei­ner Wer­ke den Deut­schen gewid­met habe mit den Wor­ten: «To the gre­at nati­on of phi­lo­so­phers and tin­kers.” Dar­auf bra­chen die eng­li­schen Jun­gen in ein schal­len­des Geläch­ter aus. Ent­rüs­tet lief der Leh­rer zu Dr. S. und berich­te­te ihm das Vor­ge­fal­le­ne, der noch stär­ker dar­über lach­te, weil der Leh­rer statt thin­kers (Den­ker), tin­kers (Kes­sel­fli­cker) gesagt hatte.

[Fort­set­zung folgt]

  1. Hans Breitmann’s Bal­lads. Four series by Charles G. Leland. 8. Lon­don. Trüb­ner & Co. 1870. 4 sh. 6. []

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