Es scheint ja nun tatsächlich die nachgerade irrsinnig anmutende Möglichkeit zu bestehen, dass Trump sich demnächst zum zweiten Mal zum Präsidenten küren lässt, selbst wenn er die Wahl Anfang November stimmentechnisch nicht für sich entscheiden sollte – oder jedenfalls scheinen das so einige Amerikaner nicht ganz ausschließen zu wollen, wenn man die Meldung des SPIEGELs nicht einfach als schlichte Hysterie abtun will.
Was das mit meiner kleinen Nörgelkolumne über den Verfall der deutschen Sprache infolge schlechter Übersetzungen zu tun hat?
Nun, ganz einfach: Agent Orange hat wie kein anderer den politischen Diskurs nicht nur auf 144 Zeichen, sondern auch auf Schlag- und Reizworte auf Schulhofniveau reduziert: »loser«, »dumb«, »dummy«, »bad«, »stupid«, »weak«, »dope«, »dopey«, »dishonest«, »lightweight«, »incompetent«, »incompetence«, »boring«, »fool«, »pathetic«, »haters and losers«, »moron«, »racist«, »clown«, »overrated«, »disgusting«, »goofy«, »no talent«, »lowlife«, »fake«, »money«, etc.
Und ich bitte, auf das »reduziert« zu achten – es ist darüber hinaus schlicht nichts an Argumenten zur jeweiligen Sache zu finden. Es sei denn Sie halten Behauptungen hinsichtlich seines überragenden IQ u. ä. Bramarbasieren für politische Argumente. Sie mögen einwenden, dass auch bei uns im Bundestag schon ge- und beschimpft wurde, womöglich sogar hand- und wortfeste Beiträge zur deutschen Schimpfgeschichte von Strauß & Wehner anführen, aber keiner von denen hat seinen Diskurs auf Schlagworte reduziert.
Es geht mir hier nicht um »Flegelhaftigkeit«, wie der eine sie dem anderen in der amüsanten Hörprobe oben vorwirft; ich will auch nicht so weit gehen wie seinerzeit im Falle von Kanzler Kohls Antrittsrede eines unserer hehren Blätter, das aufgrund eines nicht ganz dudengerechten Dativs oder Akkusativs (ich erinnere mich nicht mehr) in Kohls Regierungserklärung gleich um die Integrität des Mannes und um das Ansehen der Nation im Ausland bangen zu müssen meinte. Nein, es geht mir darum, dass bei Trump Beschimpfungen & Reizworte den Diskurs an sich ersetzen – etwas, was bei uns absurderweise eher Sache der politisch-korrekten Maulverbieter ist, die freilich auch wieder auf die Meinungsfreiheit der Politiker wirken muss …
Nein, es geht mir um nichts weiter, aber auch nichts Geringeres, als den differenzierten Ausdruck & darum dass dieser vor allem durch lausige Übersetzungen Schaden nimmt. Es geht darum, dass man sich gerade angesichts dieser grassierenden Reduzierung um etwas mehr Differenziertheit bemühen sollte, und sei es nur, um damit zu zeigen, dass man ernst genommen werden möchte, wenn man schon nicht befürchtet, die deutsche Sprache – und damit den Diskurs – auf hingeworfene fehlerhafte Brocken zu reduzieren …
Ich kam darauf dieser Tage, als ich im Rahmen der Recherche für eine Übersetzung zum Thema »Universum« und »kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung« auf Folgendes stieß:
»Gaumen Reiniger«, »ein neutrales aromatisierter Lebensmittel … das Lebensmittelrest von der Zunge entfernt, so dass man mehr genau abschätzen kann ein neues Aroma in Kulturen …« WTF? Und natürlich handelt es sich hier um eine automatische Übersetzung der Wikipedia, die nun wirklich auf einen derartigen Dreck verzichten sollte. Aber jetzt sehen Sie sich Folgendes an:
»Multiversum Theorien … die physikalische, aber auch nach philosophische Gedankengänge verfolgen«. Was zum Geier soll denn das heißen? Das ist aber jetzt keine Maschinenübersetzung, sondern von einer Website, die ernst genommen werden will & die mir bei meiner Suche durchaus hätte weiterhelfen können – hätte mich nicht die ganze Zeit über der Gedanke irritiert, ob die Site denn tatsächlich ernst gemeint ist und inwieweit ich mich auf die gefundenen Inhalte verlassen kann …
Das ist mein Problem mit dieser ganzen Geschichte …