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Trump-Wör­ter­buch #6 The Strong­man Dream – Dic­ta­tor for a Day

Der »star­ke Mann« im Staat ist in der Poli­tik ein altes Kon­zept und in die­sem ach so moder­nen 21. Jahr­hun­dert wie­der beängs­ti­gend aktu­ell. Und man muss ent­we­der mit Blind­heit geschla­gen sein oder im Geschichts­un­ter­richt gepennt haben, um sich ein­bil­den zu kön­nen, dass die­se Mensch­heit eine Art Höhe­punkt errei­chen haben soll­te, an deren Mensch­lich­keit nur noch hier und da mit etwas lin­gu­is­ti­schem Botox in die häss­li­che Fres­se der Rea­li­tät gefeilt wer­den müss­te. Wäh­rend wir uns also mit poli­tisch kor­rek­tem Gefa­sel wie »Ira­ner und Ira­ne­rin­nen« in eine Schein­welt gen­dern, geht rund um uns wie­der ein­mal die Saat der ewi­gen Vor­stel­lung von der star­ken Hand im Staat – sprich die Saat des Bösen1 – auf. 

Als Putin im Früh­jahr 2014 die Krim annek­tier­te, for­der­te »Bun­des­kanz­le­rin Ange­la Mer­kel … Russ­land … zum Ein­len­ken in der Krim-Kri­se auf … Eine Anglie­de­rung der Krim an Russ­land bedeu­te einen kla­ren Bruch des Völ­ker­rechts und sei nicht akzep­ta­bel.« Russ­land, so Mer­kel scha­de sich damit auch mas­siv selbst: ›Und zwar öko­no­misch wie poli­tisch.‹«2 Nach Putins Aus­sa­gen seit sei­ner end­gül­ti­gen Macht­über­nah­me 1999, nach den mehr als ein­deu­ti­gen Erklä­run­gen sei­nes Phi­lo­so­phen­spe­zis Alex­an­der Dugin, nach Geor­gi­en, nach unver­hoh­le­nen Dro­hun­gen mit Atom­schlä­gen gegen west­eu­ro­päi­sche Metro­po­len – nach all dem aggres­siv-bom­bas­ti­schen Schwa­dro­nie­ren. Was hat­te es noch gebraucht, um zu sehen, was der Mann will? Den Über­fall auf die Ukrai­ne. Erst dann geht den Leu­ten lang­sam ein Licht­lein auf. 

Gleich neben­an haben wir »Onkel Xi«, der sich 2018 prak­tisch zum Staats­chef auf Lebens­zeit küren lässt. Irgend­wo dar­un­ter haben wir den klei­nen Knubbli­gen, der mit Lang­stre­cken­ra­ke­ten spielt. In Indi­en regiert, noch eher unbe­merkt, mit eiser­ner Hand Naren­dra Modi. In Ungarn haben wir Vik­tór Orbán. In Ita­li­en haben wir die star­ke Frau und seit neu­es­tem in Hol­land Geert Wil­ders. Egal wie weit die­se Leu­te nun im Ein­zel­nen bereits sind, sie alle besee­len letzt­lich die­sel­ben kor­rup­ten Macht­phan­ta­sien. Aber kei­ner von die­sen Leu­ten möch­te sich bis­lang als Dik­ta­tor bezeich­net sehen.

Dazu braucht es schon einen Psy­cho­pa­then beson­de­ren Kali­bers, einen der tat­säch­lich dumm und selbst­ver­liebt genug ist, kein Hehl aus sei­nen Ambi­tio­nen und Vor­bil­dern zu machen – womög­lich aber auch einen, der genau weiß, was sei­nen gehirn­am­pu­tier­ten Wäh­lern vorschwebt. 

»Sie ver­spre­chen Ame­ri­ka heu­te Abend, Sie wür­den Macht nie­mals zur Ver­gel­tung gegen jeman­den miss­brau­chen.« – »Außer am ers­ten Tag.« 

Der Fox-Mode­ra­tor gibt sei­nem Hel­den hier expli­zit die Mög­lich­keit, etwas zurück­zu­ru­dern, etwas von sei­ner Aus­sa­ge abzu­rü­cken, um sich kei­ne Wäh­ler zu ver­prel­len. Trump denkt noch nicht mal dar­an. Im Gegen­teil, er setzt noch eins drauf: 

»Ich habe gesagt, dass ich für einen Tag Dik­ta­tor sein möch­te … Und war­um habe ich das gesagt? Weil ich eine Mau­er will und boh­ren, boh­ren, bohren.« 

Dass es bei die­sem einen Tag nie und nim­mer blei­ben wür­de, brau­chen wir gar nicht zu dis­ku­tie­ren. Der Mann wird immer so weit gehen, wie man ihn lässt. Wer sei­ne Vor­bil­der sind, hat er oft genug gesagt. Und das bereits 1990 in einem Play­boy-Inter­view.

Trump schwärmt hier vom Tian’anmen-Massaker, von der »Stär­ke« der chi­ne­si­schen Regie­rung bei der Nie­der­schla­gung der Stu­den­ten­pro­tes­te im Juni 1989: »Die Stu­den­ten ström­ten auf den Platz des Himm­li­schen Frie­dens, die chi­ne­si­sche Regie­rung war bru­tal, sie war schreck­lich, aber sie hat Stär­ke gezeigt.« 

Das ist 30 Jah­re her, aber Sie den­ken, der Mann hät­te sei­ne men­schen­ver­ach­ten­de Denk­wei­se seit­her ein­ge­se­hen, von wegen. Wie das so sei­ne Art ist, setzt er noch einen drauf: 

»Kön­nen Sie sich vor­stel­len, Prä­si­dent Xi … Ich muss dazu sagen, dass die Pres­se sehr zor­nig wird, wenn ich ihn einen bril­lan­ten Men­schen nen­ne … Wenn ich sage, dass er bril­lant ist, schrei­ben die am nächs­ten Tag … Arti­kel: Er hat Prä­si­dent Xi einen bril­lan­ten Men­schen genannt! Ja, er kon­trol­liert 1,4 Mil­li­ar­den Men­schen mit eiser­ner Faust – die wol­len, dass ich sage, er ist nur durch­schnitt­lich intel­li­gent. Okay, aber der Anblick, die gan­ze Geschich­te: Er steht vor einer Mil­li­on Sol­da­ten, die mar­schie­ren vor­bei … und sie wol­len, dass ich was Schlech­tes über den Mann sage. Ich kann nichts Schlech­tes sagen …« 

»… mit eiser­ner Faust«! Das ist so offen­sicht­lich eine Ide­al­vor­stel­lung von dem Mann. Mit eiser­ner Faust zu reagie­ren und Legio­nen vor sich auf­mar­schie­ren zu sehen. Wenn man bedenkt, dass die­ser Mann die Hälf­te eines Vol­kes hin­ter sich hat, das Tag für Tag den Fah­nen­eid schwört und vor jedem sport­li­chen Ereig­nis die Natio­nal­hym­ne singt … Die­se Leu­te fei­ern nach 250 Jah­ren Tag für Tag den Sieg über die Bri­ten, die ihr Welt­reich, dar­un­ter die ame­ri­ka­ni­schen Kolo­nien, bru­tal und rück­sichts­los beherrsch­ten – mit eiser­ner Faust. Und jetzt jubeln sie einem Mann zu, der ihnen genau das ver­spricht: mit eiser­ner Faust regiert zu werden. 

»Was ist mit Kim Jong-un? Er hat mehr Atom­ra­ke­ten als … Ich sag zu ihm: »Kannst du nicht was ande­res machen? Gehen wir doch zu einem Base­ball­spiel oder so. Hast du jemals … und wir haben uns rich­tig ange­freun­det, und das mögen die nicht, wenn sie das sagen …«

Und ein beson­de­rer Lieb­ling von Trump ist bekann­ter­ma­ßen Vlad der Pfähler: 

“Ges­tern kam ich rein, und da hat­ten die einen Fern­seh­bild­schirm, und ich sag zu denen: Das ist geni­al. Putin erklärt einen gro­ßen Teil der Ukrai­ne – von Ukrai­ne, also, Putin erklärt den für unab­hän­gig. Oh, wun­der­bar! Putin sagt damit, dass ein gro­ßer Teil der Ukrai­ne unab­hän­gig ist. Ich sage: »Wie schlau ist das denn, geht da rein und macht den Frie­dens­wäch­ter. Das ist ein aus­ge­spro­chen cle­ve­rer Kerl, ich ken­ne ihn sehr gut, sehr gut …« 

Nicht nur drückt er damit sei­ne Bewun­de­rung für den rus­si­schen Poten­ta­ten aus, er schmiert sich auch gleich an ihn ran. Oh, er kennt den, er kennt den sehr gut. Was sehnt sich der Mann nach der Aner­ken­nung die­ser Leute! 

»Ich bin mit Putin gut aus­ge­kom­men, las­sen Sie mich das sagen, ich bin mit ihm wirk­lich gut aus­ge­kom­men. Und das ist ist gut so.« 

Aber ob Putin, Kim Jong-un, Xi, Orbàn oder Erdoğan – was all die­se ver­meint­lich dicken Freun­de von ihm tat­säch­lich hal­ten, schil­dert auf dras­ti­sche Wei­se Trumps alter Sicher­heits­be­ra­ter John Bol­ton in sei­nem Buch The Room Whe­re it all Hap­pen­ed:

»Im Grun­de genom­men sagen Sie also, er glaubt, die­se Bezie­hun­gen mit Putin oder mit Xi Jin­ping oder Kim Jong-un wür­den ihn ret­ten, wenn es um die eigent­li­che Poli­tik geht, in der Dyna­mik die­ser Bezie­hun­gen, und Sie behaup­ten, dass das nicht der Fall sei, dass das nichts bringt.« 

Nun, ich den­ke, die har­ten Män­ner der Geschich­te wie Wla­di­mir Putin und Jin­ping ver­ste­hen, wor­in ihre Auf­ga­be für ihr jewei­li­ges Land besteht. Ich glau­be nicht, dass Trump die Auf­ga­be des Prä­si­den­ten für unser Land ver­steht. Und ich sage Ihnen, nach­dem ich mit im Raum war, als er sich mit die­sen Leu­te getrof­fen hat und sei­ne Tele­fon­ge­sprä­che mit ihnen mit­ge­hört habe, glau­be ich nicht, dass sie Donald Trump gegen­über wirk­lich freund­lich gesinnt sind. 

Ich glau­be, sie hal­ten – Xi Jin­ping und Wla­di­mir Putin, Kim Jong-un und ande­re –, sie hal­ten ihn für einen Trot­tel, der lachend zu allem nickt, und sie sind bereit, ihn auszunutzen.

Trumps Selbst­ver­liebt­heit macht es ihm unmög­lich, das zu verstehen.«

Anmer­kun­gen

  1. Gucken Sie wie­der mal in eines von Han­nah Are­ndts Büchern dazu. ↩︎
  2. Deut­scher Bun­des­tag: Regie­rungs­er­klä­rung ↩︎

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