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Trump-Wör­ter­buch #66: Donald, Hun­ter & Lev — Der rus­si­sche Faktor

Wäh­rend selbst einer der Mode­ra­to­ren Fox News ein­räumt, lang­sam ner­vös zu wer­den, was den Aus­gang der Wahl angeht, kommt es zu wei­te­ren Ent­hül­lun­gen über Donald Trump, die bei jedem auch nur halb­wegs ver­nünf­ti­gen US-Wäh­ler end­lich die Alarm­glo­cken aus­lö­sen müss­ten. Wohl nicht gleich beim har­ten Kern der in der Wol­le gefärb­ten MAGA-Ultras, die Trump schon als ihren Dik­ta­tor gese­hen haben, aber doch zumin­dest bei denen, die doch noch einen Zacken mehr Ame­ri­ka­ner als MAGA sind. Da wären sei­ne zuneh­mend schwach­sin­ni­gen Abson­de­run­gen, zu schwei­gen von der Unfä­hig­keit, auch nur eine ein­zi­ge kon­kre­te Fra­ge zu beant­wor­ten; da wären Mela­ni­as Äuße­run­gen der letz­ten Tage; da wäre das Erschei­nen eines Buches, das Trumps Image vom erfolg­rei­chen bis genia­len Geschäfts­mann end­gül­tig ent­mys­ti­fi­ziert; da wäre das Erschei­nen einer Doku über Trumps infa­men Krieg gegen Joe Biden mit­tels der Jagd auf sei­nen Sohn; und dann wäre da noch Trumps zuneh­mend öffent­li­cher Umgang mit beken­nen­den Nazis. Wer da noch immer zu dem Mann steht, geschwei­ge denn Rekla­me für ihn macht … Nun, da soll­te jeder hier­zu­lan­de jeder sei­ne eige­nen Schlüs­se zie­hen. Beschäf­ti­gen wir uns in die­sem Kapi­tel zunächst mit dem Russ­land-Fak­tor bzw. mit dem Ver­nich­tungs­krieg gegen Hun­ter Biden, Slee­py Joes Sohn.

Über Trumps Bezie­hun­gen zu und mut­maß­li­che Abhän­gig­keit von Russ­land wur­de nicht nur schon viel gemun­kelt, son­dern auch geschrie­ben, gan­ze Bücher sogar. So trägt etwas Craig Ungers Ame­ri­can Kom­pro­mat den viel­sa­gen­den Unter­ti­tel »Wie der KGB sich Donald Trump auf­bau­te und ande­re Geschich­ten über Sex, Gier, Macht und Ver­rat«.1 Auch der Ex-Geheim­dienst­ler Chris­to­pher Ste­e­le spricht in sei­nem Dos­sier über Donald Trump von »Kom­pro­mat«, sprich belas­ten­dem Mate­ri­al gegen Trump, das ihn erpress­bar mache.2 David Cay John­s­ton, der in sei­nem Ent­hül­lungs­buch The Big Cheat berich­tet, wie Donald Trump und sei­ne Misch­po­ke sich an Ame­ri­ka berei­chert haben, berich­tet von einem pri­va­ten Tref­fen zwi­schen Kreml-Agen­ten im Trump Tower mit Paul Manaf­ort, der Trumps Wahl­kampf­ma­na­ger 2016, Donald Trump Jr. und Jared Kush­ner. Und es gibt noch wei­te­re. »Der Unsinn mit den rus­si­schen Con­nec­tions«, so twit­ter­te Trump mal, sei »nur ein Ver­such, die vie­len Feh­ler zu ver­tu­schen, die man bei Hil­la­ry Clin­tons ver­lo­re­ner Kam­pa­gne gemacht hat.«

Jetzt jedoch hat man es aus ers­ter Hand. In der Doku From Rus­sia with Lev, pro­du­ziert von MSNBC-Mode­ra­to­rin Rachel Mad­dow, erzählt Lev Par­nas, ein rus­si­scher Gau­ner nicht nur von sei­nen Bezie­hun­gen zu sei­nem Gau­ner­kol­le­gen Donald Trump, son­dern auch von des­sen Auf­trag, Joe Biden über des­sen Sohn Hun­ter Biden fer­tig­zu­ma­chen, indem man sich kri­mi­nel­le Machen­schaf­ten Hun­ter Bidens mit und in der Ukrai­ne aus den Fin­gern sog.

Der Pro­du­zen­tin der Doku Rachel Mad­dow zufol­ge fing alles damit an, dass Trump 2019/20 auf kei­nen Fall gegen Joe Biden antre­ten woll­te. Und da hat­te er einen halb­sei­de­nen Typ in sei­nem Umfeld, einen ein­ge­bür­ger­ten Ukrai­ner mit Ver­bin­dun­gen zum orga­ni­sier­ten Ver­bre­chen. So hät­ten denn Trump und Giu­lia­ni Lev und sei­nen Spe­zi Igor Fru­man in die Ukrai­ne geschickt, um dort ein Kom­plott aus­zu­he­cken, dem­zu­fol­ge Joe und Hun­ter Biden in der Ukrai­ne mas­si­ve Pro­ble­me hät­ten. Das soll­te ver­hin­dern, dass die Demo­kra­ten Biden als Kan­di­da­ten nomi­nier­ten. Die Fir­ma, die Giu­lia­ni und sei­ne Kum­pa­ne dazu auf­zo­gen, nann­ten sie kes­ser­wei­se »Fraud Gua­ran­tee« (Betrugs­ga­ran­tie oder Betrug Garan­tiert). Man stel­le sich vor!

Die »Ukrai­ne-Affä­re«. Es han­delt sich da eigent­lich um eine olle Kamel­le, über die sei­ner­zeit auch hier­zu­lan­de aus­führ­lich berich­tet wur­de.3 So wäre denn Lev Par­nas einer wie The Mooch Sca­ramuc­ci oder Micha­el Cohen, die jetzt groß abräu­men mit ihren Ent­hül­lun­gen und Ansich­ten über ihre Bezie­hung zu Trump. Ein wei­te­rer hoch­in­tel­li­gen­ter oder ein­fach nur gewief­ter Abstau­ber also? Der Clou ist aber nun nicht nur Lev Par­nas’ Aus­sa­ge selbst. Der Mann kann alles mit meh­re­ren Tera­byte Daten von sei­nem Tele­fon und sei­nem iCloud-Account bele­gen. Er hat schlicht alles auf­ge­zeich­net! Gemein mit Sca­ramuc­ci und Cohen hat er, dass ihm das angeb­lich jetzt alles furcht­bar leid tut. Was man sehen kann, wie man will. Tat­sa­che ist, dass er sich bei Hun­ter Biden per­sön­lich ent­schul­digt für den erstun­ke­nen und erlo­ge­nen Dreck, mit dem man prak­tisch sein Leben rui­niert hat­te, um sei­nem Vater zu scha­den. Trumps Fra­gen wäh­rend des dies­jäh­ri­gen Wahl­kampfs, wo denn Hun­ter Biden sei, selbst nach­dem Joe Biden längst Kama­la Har­ris Platz gemacht hat­te, bekom­men da einen ent­schie­den zyni­schen Unterton. 

Wie auch immer, Rachel Mad­dow hat­te Par­nas bereits Anfang 2020 auf MSNBC zu sei­ner Ver­wick­lung in den Trump-Ukrai­ne-Skan­dal inter­viewt. Ste­pha­nie Gris­ham, Pres­se­spre­che­rin des Wei­ßen Hau­ses, sowie der Pres­se­spre­cher von Mike Pence, Marc Short, und ein Spre­cher des Jus­tiz­mi­nis­te­ri­ums beton­ten, dass Par­nas unter Ankla­ge ste­he und man ihm daher nicht glau­ben sol­le. Trump selbst wie­der­hol­te sei­ne Behaup­tung, er ken­ne Par­nas nicht, und bestritt, von einem wich­ti­gen Brief Giu­lia­nis an den ukrai­ni­schen Prä­si­den­ten gewusst zu haben, in dem Giu­lia­ni behaup­te­te, er han­de­le ins einem Namen. 

Par­nas erzählt in der Doku aus einem Leben. Als Vier­jäh­ri­ger in die USA ein­ge­wan­dert, habe er auf der Stra­ße Geschäf­te gemacht, wäh­rend die ande­ren in der Schu­le waren. Über sei­ne Bezie­hung zu Trump selbst sagt er lachend, sie hät­ten sich vom Fleck weg ver­stan­den, zwei New Yor­ker Gau­ner. Trump sei kein Poli­ti­ker gewe­sen, son­dern ein New Yor­ker Gau­ner wie er. Bin­nen andert­halb Jah­ren, so erzählt er, habe er es, der von Poli­tik kei­ne Ahnung hat­te, in den inne­ren Kreis des Prä­si­den­ten gebracht. Er sei dem mäch­tigs­ten Mann der Welt so nahe gewe­sen, wie es nur ging. Er sah damals den Beginn einer gro­ßen Freund­schaft, sah sich aber schwer ent­täuscht. Aber es sei schon zum Brül­len gewe­sen, erin­nert er sich, Mafia­grö­ßen und Olig­ar­chen mit all den repu­bli­ka­ni­schen Kon­gress­ab­ge­ord­ne­ten und Sena­to­ren ver­keh­ren zu sehen. 

In der Ukrai­ne dann habe man sie ein­fach machen las­sen, kei­ne Leit­li­ni­en, kei­ne Auf­sicht, nichts. Wie in einem Spio­na­ge­thril­ler sei er sich vor­ge­kom­men. Haupt­sa­che, sie kamen mit was Kom­pro­mit­tie­ren­dem über Joe Biden zurück. Aber obwohl Par­nas Trump bes­tens kann­te und eine Schlüs­sel­fi­gur in dem Kom­plett war, behaup­te­te Trump, nach dem Mann gefragt, nie von ihm gehört zu haben. 

Die Begeg­nung zwi­schen Lev Par­nas und Hun­ter Biden so inter­es­sant wie aufschlussreich.

Par­nas: Sie müs­sen ver­ste­hen, Hun­ter, dass ich damals, dass ich damals ernst­haft dar­an geglaubt habe, dass es einen Deep Sta­te gibt. Ich habe wirk­lich geglaubt, dass Sie da irgend­wel­chen Scheiß vor­hat­ten, aber es ist nie was Kri­mi­nel­les pas­siert oder was. Das ist alles. Es waren alles im Grun­de nur Anspie­lun­gen, Ver­schwö­rungs­theo­rien, aber kei­ne tat­säch­li­chen Fak­ten. Das Ver­rück­te ist, Hun­ter, das ist mir echt pein­lich, ich mei­ne, ich habe damals Ihre Bank­un­ter­la­gen gekriegt. 

Biden: Wie kam der an mei­ne Bank­un­ter­la­gen? Mei­ne Bank­un­ter­la­gen sind doch noch mal auf einem Computer.

Par­nas: Äh, ich bekam ein Email von John Solo­mon,4 in dem es hieß, sei­ne Freun­de beim FBI hät­ten sich Ihre Bank­un­ter­la­gen besorgt. Ich weiß nicht wo, wie, was …

Biden: Also, das FBI hat ins­ge­heim, unter der Trump-Regie­rung, mei­ne Bank­un­ter­la­gen ein­ge­for­dert und bekom­men und dann an John Solo­mon wei­ter­ge­ge­ben. Dann hat Rudy Giu­lia­ni sie … dem Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um zuge­spielt und so gegen mich eingesetzt. 

Par­nas: Abso­lut, John Solo­mon, er und Han­ni­ty und Fox, die hat­ten da ein gan­zes Sys­tem am Laufen. 

Man weiß ja nicht mehr irgend­je­mand begrün­den soll­te, nichts von Trumps Betrü­ge­rei­en wie sei­nen halb­sei­de­nen bis kri­mi­nel­len Machen­schaf­ten gewusst zu haben. Man weiß nicht, wie man die Psy­cho­pa­tho­lo­gie und den Cha­rak­ter des Man­nes nicht sehen kann. Inso­fern wird auch die Aus­strah­lung die­ser Doku kurz vor der Wahl ver­mut­lich nie­man­den groß umstim­men. Par­nas immer­hin kennt den Mann. Schon bei dem oben erwähn­ten Inter­view sag­te er auf Mad­dows Fra­ge, war­um er sich dazu ent­schie­den habe, mit sei­nem Wis­sen an die Öffent­lich­keit zu gehen.5 Um das Land vor Prä­si­dent Trump und sei­nen Ver­bün­de­ten zu schüt­zen, die alle Teil einer gro­ßen »Sek­te« sei­en.6

Par­nas tue die gan­ze Geschich­te leid, wie er in der Doku sagt. Er habe die Ukrai­ne ver­ra­ten, er habe Ame­ri­ka ver­ra­ten. Dass er und der sym­pa­thi­sche Hun­ter Biden sich bei ihrem Tref­fen gera­de­zu in die Arme fal­len, ist rüh­rend – oder ein­fach nur völ­lig ver­rückt.7

Anmer­kun­gen

  1. Craig Unger, Ame­ri­can Kom­pro­mat: How the KGB Cul­ti­va­ted Donald Trump, and Rela­ted Tales of Sex, Greed, Power, and Tre­a­chery. New York, New York: Dut­ton, 2021. ↩︎
  2. Aaron Pel­lish and Jere­my Herb, »Ex-intel offi­ci­al who crea­ted con­tro­ver­si­al Trump Rus­sia dos­sier speaks out«. CNN, Mon Octo­ber 18, 2021. ↩︎
  3. »Giu­lia­ni-Ver­trau­ter erhielt wohl eine Mil­li­on Dol­lar aus der Ukrai­ne«. Der Spie­gel, 17.12.2019. Tsp, dpa, Reu­ters, »Update Ukrai­ne-Affä­re: Zwei Män­ner mit Ver­bin­dun­gen zu Trumps Anwalt fest­ge­nom­men«. Tages­spie­gel, 11.10.2019. Mar­ko Lan­ger, »Impeach­ment: Rei­che Män­ner, lau­ter Lügen«. Deut­sche Wel­le, 16.01.2020. ↩︎
  4. John F. Solo­mon ist ein ame­ri­ka­ni­scher jour­na­list, der bis Ende 2020 für Fox News tätig war. ↩︎
  5. Es hat ihm dies immer­hin 20 Mona­te hin­ter Git­tern ein­ge­bracht. ↩︎
  6. Sie­he auf der Wiki­pe­dia-Sei­te für Lev Par­nas unter dem Abschnitt »MSNBC-Inter­view«. ↩︎
  7. Bil­ly Cor­ben, From Rus­sia with Lev, 2024. Doku über die Ver­wick­lung Lev Par­nas’ in Trumps Ukrai­ne-Skan­dal, der zu einem der Amts­ent­he­bungs­ver­fah­ren gegen Trump führ­te. Pro­du­ziert u.a. von Rachel Mad­dow. ↩︎

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